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# taz.de -- Die Wahrheit: Blackpool statt Bahamas
> In Großbritannien will die Regierung bald mit recht meschugge
> erscheinenden Maßnahmen Geld für den Staat auftreiben.
Irgendwie muss die britische Regierung ja dafür sorgen, dass die
Staatskasse gefüllt ist. Flüchtlinge aus Syrien oder Asylbewerber aus
Exkolonien tragen dazu nichts bei – im Gegenteil: Sie liegen den
arbeitenden Einheimischen nur auf der Tasche, findet der Beraterstab für
Immigration im Innenministerium.
Deshalb kam man auf die geniale Idee, britische Visa unter ausländischen
Milliardären zu versteigern. Sie könnten entweder einen Betrag in die
Wirtschaft investieren oder Geld an Krankenhäuser und Universitäten
spenden. Sir David Metcalf, der Chef des Stabes, denkt an eine Summe von
zehn Millionen Pfund. Danach dürfen die Spender ihre Villen auf den Bahamas
aufgeben und mit ihren Familien nach Blackpool ziehen. Welcher Milliardär
träumt nicht davon?
Zwar haben Reiche bisher bereits die Möglichkeit, durch Investitionen ein
Niederlassungsrecht zu ergattern, aber das sei nicht effektiv, weil es zu
viele Schlupflöcher gebe, monieren die Immigrationsberater. So kann ein
russischer Oligarch zum Beispiel Regierungsanleihen kaufen oder seiner
eigenen Firma Kredite gewähren, was der britischen Wirtschaft nicht
wirklich zugute kommt. Besser ist es, ihn direkt abzukassieren.
Die Idee ist nicht schlecht. Aber sie geht nicht weit genug. Warum
versteigert man auf eBay nicht das Amt des Premierministers? Ein Startpreis
von einer Million Pfund für eine Woche Regieren scheint angemessen. Einen
Abgeordnetenposten für denselben Zeitraum könnte man schon für 100.000
Pfund anbieten.
Warum aber, so fragt sich die Regierung, sollen nur die Reichen den maroden
Staatshaushalt in Ordnung bringen? Das Ministerium für Arbeit und Renten
will auch die Armen schröpfen. Das geht aus einem Geheimpapier hervor, das
natürlich an den Guardian lanciert wurde. Demnach sollen Menschen, denen
die Sozialhilfe gestrichen worden ist, Gebühren zahlen, wenn sie gegen die
Entscheidung gerichtlich vorgehen.
Das Potenzial ist gewaltig: Im vorigen Jahr wurden 900.000 Menschen
sämtliche Zuschüsse gestrichen. Die erhoffte Ersparnis für den Staat wurde
allerdings dadurch dezimiert, dass 58 Prozent der Betroffenen mit Erfolg
gerichtlich dagegen vorgingen. Um solche Renitenz zu unterbinden, sollte
man saftige Gebühren für die Berufung einführen, meint der
Regierungsberater für Wohlfahrtsangelegenheiten.
Die Zahl der Aufmüpfigen würde drastisch sinken, müssten sie für die
Durchsetzung ihres Rechts blechen. Bei den Arbeitstribunalen hat es doch
auch geklappt. Nachdem die Regierung 2013 Gebühren von 250 Pfund für eine
Klage eingeführt hatte, sank deren Zahl um mehr als die Hälfte.
Wo käme man denn auch hin, wenn jeder Hanswurst kostenlos gegen eine
Fehlentscheidung einer Behörde vorgehen könnte? Das wären ja nun wirklich
Zustände wie in einer Demokratie! Wer kein Geld hat, um die
Berufungsgebühren zu zahlen, der kann seine Staatsbürgerschaft ja einfach
an einen Milliardär verkaufen und sich dann als Staatenloser ins
Niemandsland abschieben lassen. Oder nach Blackpool.
2 Mar 2014
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Großbritannien
Nordirland
Steuergelder
Schadensersatz
England
Manchester
Irland
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