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# taz.de -- Kommentar Paralympics in Sotschi: Augen zu und durch
> Die Spiele kommen mit den Paralympics ein zweites Mal nach Sotschi. Die
> russische Besetzung der Krim Halbinsel wird die Sportler dabei nicht
> stören.
Bild: Solange den SportlerInnen in Sotschi keine Geschosse um die Ohren fliegen…
Nach der Show ist vor der Show. Auf die Olympischen Spiele folgen am
Freitag die Paralympics der behinderten Wintersportler. Zwischen beiden
Großereignissen in Sotschi hat Russland mal eben einen kriegerischen Akt
eingestreut und die Halbinsel Krim erobert. Eigentlich sehr rücksichtsvoll
von Wladimir Putin, nicht parallel zum Halfpipe-Wettbewerb den Marschbefehl
erteilt zu haben. Russlands Präsident wartete, bis das Olympische Feuer
erloschen ist.
Bald brennt es freilich wieder, und das Internationale Paralympische
Komitee wird zaghaft mit seinen Statuten wedeln, in denen steht, dass
während der Spiele olympischer Friede zu herrschen habe. Es gilt aber als
sehr unwahrscheinlich, dass sich der Konflikt zwischen der Ukraine und
Russland bis Freitag beruhigt hat. Oder gilt das Ausbleiben von
Feuergefechten bereits als Zeichen eines Zustands, der mit viel gutem
olympischen Willen als Frieden gedeutet werden kann?
Man könnte es auch anders sehen: Der Ausrichter der Spiele wäre in einer
Doppelrolle: hie Gastgeber, da Usurpator. Russland verstieße gegen das
Grundprinzip der Spiele und wäre vollends diskreditiert. Putin muss aber
bloß einen Blick in die Geschichtsbücher werfen, um zu sehen, dass er mit
seinem Krim-Schachzug nur ein Nachahmer ist in der langen olympischen
Geschichte. Pisa stand in den Jahren 748, 644 und 588 vor Christus der Sinn
nach Krieg. 365 v. Chr. verletzten die Arkadier den olympischen Frieden.
Und in der Neuzeit nahmen es die Olympia-Ausrichter von 1980 auch nicht so
genau mit der 5-Ringe-Charta.
Die Sowjetunion war in Afghanistan einmarschiert, was zu einer breiten
Boykottbewegung im Westen führte. Und jetzt? Die britische Regierung hat
angekündigt, nicht nach Sotschi zu den Paralympics zu reisen. Auch Prinz
Edward, jüngster Sohn von Queen Elizabeth II., hat seinen Besuch wegen der
Ukraine-Krise abgesagt.
Die Sportler aber wollen nach Sotschi fahren, auch die deutschen. Ja, sagt
deren Chef Friedhelm Julius Beucher, er sei „sehr besorgt“, auch habe das
Sportfest nun einen „schalen Beigeschmack“ bekommen, aber seine 13
deutschen Behindertensportler besteigen heute in froher Erwartung eine
Maschine nach Sotschi. Dass sie als Komparsen dienen könnten im zweiten
Teil von Wladimir Putins Sportshow – egal. Beucher will lediglich
sicherstellen, dass „keine Gefahr für Leib und Leben“ besteht. Solange
einem also im schönen Sotschi keine Schrapnelle um die Ohren fliegen, kann
man da auch Sledge-Eishockey spielen.
## Deutsche Paralympier bleiben neutral
So neutral der Sport zu sein hat, so neutral ist auch Beucher in Bezug auf
den russisch-ukrainischen Konflikt. Beide Konfliktparteien seien für die
Lage verantwortlich, sagt er. Die Reise des deutschen Teams ist allerdings
nicht so harmlos, wie sie aussieht. Die Paralympier ergreifen damit Partei.
Die implizite Botschaft: Alles nicht so schlimm, lasst uns ein wenig Sport
treiben. Putin dürfte sich freuen, zumal „die russische Mannschaft da voll
abräumen wird“, wie Ralf Rombach prognostiziert.
Rombach ist Bundestrainer für den nordischen Bereich. „So, wie die Lage
jetzt ist, könnte sie sich auch zum Positiven wenden“, hofft er. Auch er
fahre mit „einer gewissen Spannung“ nach Sotschi, ein Boykott komme für ihn
aber überhaupt nicht infrage. Er möchte den Dialog fördern, sich einen
eigenen Eindruck verschaffen, „um objektiv zu urteilen“.
Als ein Teil in Putins Planspielen fühlt er sich überhaupt nicht. „Die
Veranstaltung wird ja unabhängig von politischen Dingen Jahre zuvor
vergeben.“ So gesehen handelt es sich nur um einen kleineren, nicht
vorhersehbaren olympischen Betriebsunfall.
3 Mar 2014
## AUTOREN
Markus Völker
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