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# taz.de -- Libanon während des Syrienkriegs: Die Straßen in Beirut sind leer
> Im Nachbarland Syriens kommt es täglich zu Schießereien, Raketenbeschuss
> oder Attentaten. Milizionäre errichten immer mehr Kontrollposten.
Bild: Angst vor Autobomben: Jedes unbekannte Fahrzeug ist verdächtig
BEIRUT taz | Der Jesuitenpark ist ein grüner Flecken im Herzen von Jeitawi,
einem christlichen Viertel in Ostbeirut. Kinder spielen schreiend auf einem
Klettergerüst. Rentner sitzen auf den Parkbänken und genießen die
Wintersonne. Mohammed, ein syrischer Flüchtling, und einem europäischen
Freund schien es eine gute Idee zu sein, hier den Mittag zu verbringen. Ein
paar Falafel-Bällchen, etwas Hummus und zwei Ayran.
Bis vor Kurzem war das in der kosmopolitischen Stadt kein Problem. Doch
seit zahlreiche Menschen in Beirut bei Anschlägen starben, hat sich die
Stimmung verändert. Minuten nachdem Mohammed und sein Freund sich
hinsetzten, begannen Sicherheitsmänner sie zu umkreisen. Da die beiden im
Viertel nicht bekannt sind, werden sie nicht aus den Augen gelassen. Ihnen
bleibt nichts anderes übrig, als laut Englisch zu sprechen, um jeden
Verdacht zu vermeiden, ehe sie den Park verlassen.
In Beirut und dem Rest des Landes herrscht zunehmend Angst. Die Straßen
sind leerer, Gespräche drehen sich immer öfter um die gleichen Themen. Die
Fraktionen des syrischen Bürgerkriegs tragen ihren Kampf in den kleinen
Nachbarstaat. Täglich kommt es irgendwo zu Schießereien, Raketenangriffen,
Bombenattentaten. Im Libanon selbst herrschte zwischen 1975 und 1990 ein
Bürgerkrieg. Auch in den Folgejahren war es nie ganz ruhig – israelische
Invasionen, Autobomben, Scharmützel verfeindeter Gruppen. Die Gewalt wird
hier oft mit einem Schulterzucken abgetan.
Doch die Schmerzgrenze ist erreicht. Vor allem die Bombe, die im Dezember
den ehemaligen Minister Mohammed Chatah tötete, traf viele ins Mark.
Minuten vor der Explosion postete Mohammed Chaar, ein 16-Jähriger im roten
Kapuzenpullover, ein Bild von sich und drei lächelnden Freunden auf
Facebook. Im Hintergrund sah man das Anschlagsauto. Auf den ersten
Pressefotos vom Ort des Geschehens sah man den gleichen Kapuzenpullover.
Chaar war tot.
## Ständige Angst vor neuen Anschlägen
Nicht erst seitdem bricht in Büros Panik aus, wenn eine Autobombe hochgeht.
Eltern rufen stündlich ihre Kinder an, fordern sie auf, nach der Arbeit
gleich nach Hause zu kommen. Dahiyeh, ein vorwiegend schiitischer Vorort
von Beirut, war früher beliebtes Einkaufsziel für alle, die billig ihre
Wohnung einrichten wollten. Menschen, die aus dem Südlibanon nach Beirut
pendeln, fuhren allmorgendlich hier durch. Mittlerweile sind die Straßen
ruhig. Mehrere Autobomben dschihadistischer Gruppen verwüsteten ganze
Straßenzüge und töteten vorwiegend Zivilisten.
Seither errichteten Milizionäre der schiitischen Hisbollah Checkpoints und
durchsuchen jedes Auto. Ladenbesitzer bauen hinter ihren Schaufensterpuppen
Mauern aus Sandsäcken auf. In christlichen Vierteln durchsuchen
Bürgerwehren Taxis nach Syrern, „um die Straßen sicher zu halten“. Am Haf…
von Beirut liegt eine große Militärbasis. Wer an die Uferpromenade möchte,
kommt hier vorbei. Syrer werden angehalten. Sie dürfen sich nicht mehr hier
aufhalten.
Viele erwarten, dass sich eine der nächsten Bomben gegen die Christen
richtet. Sonntagmorgens sind viele Kirchen abgesperrt. Wer sein Auto parkt,
hinterlässt einen Zettel mit Telefonnummer. Oft kommt schon nach wenigen
Minuten ein Anruf, um zu prüfen, wem das Auto gehört.
Nach dem Bombenanschlag, der Chaar tötete, kam es zu einem öffentlichen
Aufschrei. Unter dem Slogan „Not a Martyr“ äußerten viele ihre Wut und
Verzweiflung. Die Menschen wollen ihr Land nicht verlassen. Sie wissen
aber, dass sie es vielleicht müssen, wenn sie einem Leben in Angst
entkommen wollen.
5 Mar 2014
## AUTOREN
Raphael Thelen
## TAGS
Autobombe
Schwerpunkt Syrien
Bürgerkrieg
Anschlag
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