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# taz.de -- Parlamentswahl in Serbien: Der neue Heilsbringer
> Der Rechtspopulist Aleksandar Vucic wird voraussichtlich der neue starke
> Mann in Belgrad. Er verunglimpft seine politischen Gegner als „Mafia“.
Bild: Gibt sich als Saubermann und Reformator: Aleksandar Vucic.
BELGRAD taz | Am Sonntag finden in Serbien vorgezogene Parlamentswahlen
statt, und am Sieg der Serbischen Fortschrittspartei (SNS) gibt es keinen
Zweifel. Mit über 40 Prozent liegt die Partei in Meinungsumfragen weit vor
allen Konkurrenten. Die Neuwahlen hatte die SNS selbst betrieben, um ihre
Macht abzusichern. Offiziell hieß es allerdings, man suche die
„Unterstützung des Volkes für schmerzhafte Reformen“.
Die meisten anderen Parteien hüten sich davor, sich mit der SNS anzulegen
und bekämpfen sich stattdessen gegenseitig. Die kleinen Parteien hoffen auf
einen möglichen Koalitionsplatz in der künftigen Regierung. Unterwürfigkeit
ist in Serbien über Nacht politische Sitte geworden.
„So wie wir gegen Korruption gekämpft haben und kämpfen werden, so werden
wir auch Reformen vorantreiben“, donnert der SNS-Vorsitzende und kommende
Ministerpräsident Aleksandar Vucic. Was für Reformen, erklärt er nicht. Als
Hoffnung und Ausweg aus der wirtschaftlichen und sozialen Krise kündigt
Vucic etliche Milliarden Euro an, die befreundete Scheichs aus den
Vereinigten Arabischen Emiraten in Serbien investieren würden. Kritiker
reden vom „Märchen aus Tausendundeiner Nacht“.
Vucic’ Hauptbotschaft lautet: Serbien hat die Wahl zwischen korrumpierten
Politikern und ihm, dem Saubermann und Reformator. Jeder, der gegen Vucic
ist und ihn kritisiert, wird als Krimineller oder „Söldner der bösen
Tycoons“ gebrandmarkt, die das Land ausbeuten. Zumindest alle, die ihm
gefährlich werden könnten.
## Kampf gegen das organisierte Verbrechen
Seine enorme Popularität hat Vucic seinem „mutigen Kampf“ gegen das
organisierte Verbrechen zu verdanken. Er ließ einige Reiche und Mächtige
festnehmen. Das kam in der verarmten Bevölkerung gut an. Serbien bekam
einen neuen Messias. Und Vucic identifizierte auch die Verantwortlichen für
die Misere: die bis 2012 regierende Demokratische Partei (DS), die „Partei
der Tycoons“, wie die SNS behauptet, deren Funktionäre in „zwielichtige
Geschäfte mit der Unterwelt“ verwickelt seien. Ein neues Feindbild wurde
geschaffen.
Es ist ein erprobtes populistisches Muster. In den 1990er Jahren, unter
Slobodan Milosevic, spalteten Vucic & Co Serbien auf in Patrioten und
„Nato-Söldner“, heute sind es eben die „ehrlichen Bürger“ auf der ein…
die „Tycoons und ihre Schergen“ auf der anderen Seite. Vor nur sechs Jahren
trennten sich Vucic und der heutige Staatspräsident Tomislav Nikolic von
der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei und gründeten die
SNS. Der Wandel war so überraschend wie gründlich: Sie predigten fortan den
Beitritt zur Europäischen Union.
Vergeblich winselt die DS, dass die SNS-Zentrale über gesteuerte
Revolverblätter mit einer Millionenauflage und politisch beeinflussten
elektronischen Medien, „denen die Sicherheitsdienste Informationen
zuspielen“, systematisch Rufmorde an politischen Gegnern begehe. Die
Zielscheibe Nummer eins: DS-Chef Dragan Djilas, der seit Monaten als
„Mafiaboss“ angeprangert wird.
„Die DS akkumuliert die übrig gebliebene demokratische Kultur“, schreibt
die Soziologin Vesna Pesic, deshalb müsse man sie retten. Für die DS zu
stimmen heiße, gegen Vucic zu stimmen, also gegen „Konfusion, Repression
und Polizeistaat“.
15 Mar 2014
## AUTOREN
Andrej Ivanji
## TAGS
Serbien
Aleksandar Vucic
Rechtspopulismus
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