# taz.de -- EU-Reaktion auf Ausländer-Referendum: Kein Horizont für Schweizer… | |
> Die EU hat die Schweiz vom Studentenaustausch Erasmus und von | |
> Forschungsprogrammen ausgeschlossen. Die Folgen sind schwerwiegend. | |
Bild: Wenig subtil warb die Schweizer Volkspartei (SVP) für den fremdenfeindli… | |
„Das ist eine Katastrophe für uns.“ Antoinette Charon Wauters’ Antwort | |
kommt ohne Zögern. Sie leitet die Abteilung für Internationale Beziehungen | |
der Universität Lausanne, welche unter anderem die Auslandsaufenthalte der | |
Studierenden koordiniert. Die Universität pflegt einen regen Austausch mit | |
ihren europäischen Nachbarn und ist umgekehrt die beliebteste Schweizer Uni | |
bei deutschen Austauschstudenten. | |
Doch damit ist es ab Herbst zunächst vorbei. Die Europäische Union hat die | |
Schweiz Ende Februar vom europäischen Austauschprogramm Erasmus plus sowie | |
dem milliardenschweren EU-Forschungsprogramm Horizon 2020 bis auf Weiteres | |
ausgeschlossen. | |
Damit reagierte die EU auf den erfolgreichen Schweizer Volksentscheid zur | |
Masseneinwanderung am 9. Februar. Dieser verstoße gegen Prinzipien des | |
freien Personenverkehrs, das Erasmus-Programm baue aber unmittelbar auf | |
diesem Prinzip auf – nämlich dem freien Austausch von Forschern und | |
Studierenden. | |
Im Rahmen von Erasmus plus vergibt die EU jährlich Stipendien an über zwei | |
Millionen Studierende, 650.000 Auszubildende und 500.000 Jugendliche. „Der | |
Ausschluss der Schweiz ist auch für Deutschland sehr schmerzhaft“, sagt der | |
Verantwortliche für EU-Hochschulzusammenarbeit des Deutschen Akademischen | |
Austauschdienstes (DAAD), Siegbert Wuttig. „Die Schweiz ist unser | |
Partnerland Nummer eins.“ Dem DAAD zufolge kamen im Studienjahr 2011/12 | |
fast 600 Studierende aus der Schweiz nach Deutschland, doppelt so viele | |
Deutsche studierten in der Schweiz. | |
„Den Studierenden, die jetzt rausgehen, haben wir gesagt, füllt die | |
Bewerbungen aus wie sonst. Aber wir haben noch keinen Plan B“, sagt Charon | |
Wauters von der Universität Lausanne. Es geht nicht nur ums Geld. Rund | |
800.000 Euro müsste die Universität aufbringen, um die weggefallenen | |
Erasmus-Stipendien und die Betreuung der Austauschstudenten zu | |
kompensieren. Mit jeder einzelnen Partneruni müssen zudem bilaterale | |
Verträge geschlossen werden. | |
An der Universität Zürich arbeitet man bereits an dieser Alternative, sagt | |
der Beauftragten für internationale Angelegenheiten, Daniel Wylon. Bis zum | |
Herbst sollen 400 Verträge mit Partneruniversitäten abgeschlossen sein. Ein | |
zeitraubendes Unterfangen, welches die Schweizer allerdings schon kennen. | |
Von 1995 bis 2010 war das Land nicht am Erasmus-Programm beteiligt. | |
## EU-Forschungsstipendien fallen weg | |
Für die Studenten mögen sich Alternativen finden lassen – schmerzhafter ist | |
der Bruch mit der EU allerdings für die Wissenschaftler, die an Schweizer | |
Hochschulen forschen. Sie können sich nicht mehr um die renommierten | |
EU-Forschungsstipendien bewerben. Das betrifft nicht nur Schweizer – in den | |
Naturwissenschaften kommt über die Hälfte der Forscher an den Unis aus dem | |
Ausland. Wissenschaftler der Universitäten Bern und Basel haben deshalb im | |
Internet eine Petition gestartet, in der sie die Spitzenpolitiker der EU | |
und der Schweiz auffordern, das Abkommen zum Forschungsprogramm Horizon | |
doch noch zu unterzeichnen. | |
Auch die Hochschulrektorenkonferenz in Deutschland appellierte in der | |
vergangenen Woche an die EU, mit der Schweiz wieder über die Teilnahme am | |
Studenten- und Forschungsaustausch zu verhandeln. Ein Boykott würde der | |
engen wissenschaftlichen Zusammenarbeit in Europa unnötigen Schaden | |
zufügen, schreiben die RektorInnen. | |
Für Wissenschaftler und Studierende sei eine isolierte Schweiz nicht sehr | |
attraktiv, meint auch Charon Wauters. Dennoch könne sie verstehen, dass die | |
EU sauer sei: „Die Schweizer wollen immer nur die Rosinen, aber nicht den | |
Kuchen.“ | |
18 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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