# taz.de -- Anti-Seilbahn-Initiative: „Es ist ein Konzernbegehren“ | |
> Die Befürworter der Seilbahn haben 14.744 gesammelte Unterschriften beim | |
> Bezirksamt Mitte eingereicht. Doch eine andere Initiative will das | |
> Vorhaben verhindern. | |
Bild: So soll sie aussehen, die "Musicalbahn". | |
taz: Frau Jakob, Sie wollen verhindern, dass die Seilbahn gebaut wird. | |
Warum? | |
Theresa Jakob: Wir sind eine Initiative von Anwohnern, wir sind in keiner | |
Weise partei- oder verbandsmäßig gebunden, im Gegensatz zu der | |
Pro-Seilbahn-Initiative. Diese Profitinitiative ist ein Konzernbegehren. | |
Das Stichwort ist „Astroturfing“. | |
Das bedeutet soviel wie eine künstliche Graswurzelbewegung. Was stört Sie | |
an der Idee, eine Seilbahn zu bauen? | |
Wir brauchen nicht nur keine Seilbahn, wir brauchen vor allem keine | |
Musicalbahn, also keinen Zubringer für die Stage Holding. Bei dem ganzen | |
Begehren handelt es sich um eines von Berufsbewegten: eine ehemalige | |
Senatorin, ein Tourismusverbandsmanager. Die haben, finanziert von der | |
Stage Holding, mit Profisammlern auf 400-Euro-Basis Unterschriften | |
gesammelt. | |
Dass da wirtschaftliche Interessen dahinterstecken, kritisiert auch die | |
SPD. Aber verboten ist es ja nicht. | |
Es geht nicht darum, ob das verboten ist. Das ist einer der wesentlichen | |
Kritikpunkte, die wir uns erlauben. Wir sind alle betroffene Anwohner und | |
nicht berufsbewegt. Dass Stage der Stadt angeblich kostenfrei eine Seilbahn | |
bescheren will und dass ein Tourismusmanager das gut findet, ist genauso | |
legal. Dass drei Menschen sich zusammenfinden und formal korrekt ein | |
Bürgerbegehren starten, geschenkt, aber das Instrument ist hier pervertiert | |
worden. Ich bezweifle, dass sie ohne die finanziellen Mittel von der Stage | |
ihre Unterschriften zusammenbekommen hätten. Wir haben aber auch Kritik an | |
dem Plan der Seilbahn selbst. Denn es sollen dafür geopfert werden: ein | |
historisches Hamburger Gebäude, bis zu 25 Parkbäume, ein historischer Park, | |
bedrohte Fledermausarten, ein Stadtbild und eine Sichtachse, diese grazile | |
Stütze von 80 Metern, ist nämlich gar nicht so grazil. | |
Wollen Sie ein Gegenbegehren machen? | |
Nach reiflicher Überlegung haben wir uns seinerzeit dagegen entschieden. | |
Wir hätten eine bestimmte Anzahl von Stimmen erreichen müssen, dann hätte | |
der Bezirk das zu seinem Begehren machen können. Aber auch dann wäre es zu | |
einem Bürgerentscheid gekommen. Aber wir wissen, wie die Politik dazu | |
steht. | |
Glauben Sie nicht, dass die Seilbahn kommen wird? | |
Das Schlimmste wäre, zu sagen, sie kommt eh nicht – und nichts zu tun. Die | |
Profit-Seilbahnbefürworter gehen bewusst von falschen Zahlen aus. Die | |
Initiative gibt an, dass Touristen üblicherweise nicht mit dem Auto kommen. | |
Aber es kommen ja bestimmt auch Leute extra wegen der Seilbahn. Außerdem | |
wusste die Stage auch schon, als sie 2011 angefangen hat, zu sagen: Wir | |
schenken euch eine Seilbahn, dass es ein zweites Musicaltheater geben wird | |
und sich somit auch die Belastung für den Stadtteil verdoppelt. | |
Warum glauben Sie, dass die Zahlen falsch sind? | |
In den Unterlagen von der Profitinitiative steht ganz klar drin, ein | |
Theater, obwohl damals schon klar war, dass es zwei gibt: „König der Löwen�… | |
und „Das Wunder von Bern“. Wir werfen denen vor, dass sie vorsätzlich mit | |
falschen Zahlen arbeiten. Auch die Umfragen, die sie veröffentlichen, | |
behaupten, dass die Leute aus dem Stadtteil für die Seilbahn wären. Wenn | |
man den Leuten bei der Unterschriftensammlung Freikarten verspricht, klar | |
unterschreiben sie dafür. | |
Woher wissen Sie das, wurde Ihnen eine angeboten? | |
Naja, wenn man 14.000 Stimmen sammelt, trifft man auch auf Leute, die die | |
Seilbahn nicht so toll finden. | |
Welche Chancen rechnen Sie sich aus? | |
Wir sind grundsätzlich zuversichtlich, sehr gut aufgestellt und vernetzt, | |
müssen uns aber am Prozess beteiligen. Es geht nämlich um wesentlich mehr | |
als um die Seilbahn. Zwei negative Beispiele: Ikea und das | |
Scheuerl-Prinzip. Schüler könnten schon längst sechs Jahre gemeinsam | |
lernen, wenn nicht so viel Geld in die gegenerische Initiative reingepumpt | |
worden wäre. Das macht die Stage jetzt auch. Außerdem ist die Seilbahn ein | |
weiterer Baustein der Gentrifizierung. Sie dient ausschließlich | |
touristischen Zwecken. | |
28 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
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