# taz.de -- Banker über Hoeneß-Prozess: „Da steht man staunend davor“ | |
> Der Investmentbanker Matthias Kröner über ungelöste Fragen im | |
> Steuerprozess gegen Uli Hoeneß. Und die fragwürdige Rolle des Zürcher | |
> Geldinstituts Vontobel. | |
Bild: Da staunte auch Hoeneß, beim Spiel der Bayern gegen Hoffenheim am Samstag | |
taz: Herr Kröner, schon kurz nach dem Prozess haben Sie in Ihrem Blog | |
festgestellt, der Hoeneß-Prozess werfe mehr Fragen auf, als dass er | |
Antworten gebe. Das Schweizer Magazin Bilanz hat neue Zweifel an der | |
Version von Hoeneß gesät. Fühlen Sie sich bestätigt? | |
Matthias Kröner: Der Fall Hoeneß ist unvergleichbar. Da steht man staunend | |
davor. Die jüngste Schweizer Veröffentlichung hat mich in vielen meiner | |
Fragen bestätigt. Wobei mich in meinem Blog die Frage der Moral weniger | |
interessiert. Mir geht es um die Rolle der Bank und die Kundenbetreuung. | |
Mich interessiert, was man als Kunde einer Bank aus diesem „Musterfall“ | |
lernen kann. | |
Das Guthaben, über das Hoeneß verfügt haben soll, so das Magazin Bilanz, | |
muss weit höher gewesen sein, als zugegeben. Der Whistleblower des Stern | |
spricht gar von zeitweise 400 Millionen Euro. | |
Nun, die Münchner Staatsanwaltschaft hat ja wenige Tage nach Prozessende | |
erklärt, dass die Herkunft des Geldes geklärt sei. Man hat also in einem | |
beeindruckenden Tempo die 70.000 Seiten analysiert, die erst wenige Tage | |
vor Prozessbeginn geliefert wurden, weil die Erstellung der Unterlagen | |
angeblich ein Jahr gedauert hat. Während der öffentliche Dienst streikt, | |
arbeiten die Münchner Beamten eben sehr effizient und mit vollem Einsatz. | |
Dass damit aber nicht alles geklärt ist, zeigen schon die vielen | |
Verschwörungstheorien im Netz. | |
Was sagen Sie dazu? | |
Alle Fragen, die eigentlich interessant sind, kann ich nicht beantworten. | |
Woher kommt das Geld? Wo ist es geblieben? Der Beitrag im Magazin Bilanz | |
war da auch noch einmal sehr beeindruckend. Auch der Whistleblower spricht | |
von anderen Nummernkonten. | |
Müsste man der Behauptung nicht nachgehen? | |
Ich finde es erstaunlich, dass relativ wenig auf den Artikel hin passiert | |
ist. Irgendwie ist das Thema medial weg, keiner kümmert sich mehr und die | |
Staatsanwaltschaft ist weiterhin mit allem zufrieden. | |
Es gibt weitere Merkwürdigkeiten. Die Vontobel-Bank soll über ein Jahr | |
gebraucht haben, um für das Gericht die Transaktionsgeschäfte von Hoeneß | |
zusammenzustellen. | |
Das kann eigentlich nicht sein. Das wirft rein bankentechnologisch extreme | |
Fragezeichen auf. Daraus resultiert aber eine andere Frage: Warum lässt | |
sich eine Bank wie Vontobel ein derartiges Image in der Öffentlichkeit | |
überhaupt aufzwingen? | |
Ja, warum? | |
Ich weiß es nicht. Vielleicht ist die Wahrheit noch dramatischer als der | |
öffentliche Kenntnisstand. Aber das ist mir alles zu spekulativ. Mich | |
interessiert viel mehr, wie die Bank Uli Hoeneß besser hätte schützen | |
können. | |
Wie denn? | |
Hoeneß hat ja in einer grundsätzlich falschen Struktur gearbeitet und die | |
Bank Vontobel hat ihm das nicht gesagt. Wenn er in der Schweiz, | |
Liechtenstein oder Luxemburg einen Spezialfonds aufgelegt hätte, wären die | |
Tradingerlöse in dem Spezialfonds steuerfrei gewesen. Er hätte nur im Falle | |
der Veräußerung des Spezialfondsanteils Steuern zahlen müssen. Letztlich | |
hätte er gar keine Probleme gehabt. | |
Die Bank hat für die etwa 50.000 Transaktionen von Hoeneß ja reichlich | |
Gebühren kassiert. | |
Klar! Genau deswegen schlagen zwei Herzen in der Brust: Stoppe ich den | |
Kunden, wenn es mal nicht so gut läuft, dann verzichte ich aber auch auf | |
Erlöse. Eigentlich hätte Vontobel einschreiten müssen, als es mit der | |
Talfahrt begann. Für einen Bankchef ist das ja auch ein Risiko. Am Ende | |
besteht die Gefahr, dass der Kunde die Bank für die Verluste verantwortlich | |
macht und sagt, ihr habt mich über das Risiko nicht richtig aufgeklärt. Vor | |
allen Dingen bei einer derart exponierten Persönlichkeit besteht ein | |
enormes reputatives Risiko – wie man ja sehen kann. Wir wissen aber nicht, | |
was da an Kommunikation zwischen Hoeneß und Vontobel gelaufen ist. Auch das | |
wäre jetzt spannend zu erfahren. | |
Was wüssten Sie noch gerne in diesem Fall? | |
Der Kunde Hoeneß hatte offensichtlich keine Strategie bei seinem | |
Wertpapiergeschäften. Er ist ein wahnwitziges Risiko eingegangen, ohne sich | |
selbst Grenzen und Regeln zu setzen. Auch hier stellt sich die Frage: Stand | |
die Bank ihm da nicht beratend zur Seite? | |
Vor Gericht hat Hoeneß behauptet, dass er seinem Berater voll vertraut hat. | |
Vontobel ist in einem Dilemma. Ein berühmter Kunde der Bank muss ins | |
Gefängnis. Sie können nicht noch auf diesen Kunden einprügeln, indem sie | |
die Wahrheit veröffentlichen. Lieber kassieren sie scheinbar die Prügel und | |
halten still. Eine Frage aber bleibt komplett offen: Wie konnte Hoeneß | |
verpfiffen werden? Da hat ja ein wirklicher Bank-Insider ausgepackt. Das | |
dürfte für die Bank das eigentliche Bedrohungsszenario sein. | |
31 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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