| # taz.de -- Hoeneß' geheimes Tagebuch 1: Heimat im Darm schmecken | |
| > Der „Steuer-Strolch“ schreibt über seine letzten Tage in Freiheit und | |
| > kulinarische Optionen im Knast. Die taz hat Uli Hoeneß' geheimes Tagebuch | |
| > entdeckt. | |
| Bild: Uli Hoeneß: Roter Kopf vor rotem Hintergrund | |
| Mein liebes Tagebuch | |
| Mittwoch, 30. April 2014 | |
| Gestern noch mal schnell bei Aldi in der Hopfenpost am Rundfunkplatz | |
| vorbeigeschaut, ob die Würstel schön in der Auslage liegen. Sah gut aus. | |
| Alles okay mit HoWe, sag ich immer. Nur manchmal schlampen die Deppen und | |
| verstecken die guten Würstel hinter den Thüringern und dem Salmonellen-Hack | |
| von diesem Fleischfuzzi aus dem Ruhrpott. Da kann ich unangenehm werden. | |
| Kann man sich ja denken. Meine Würstel belegen nur die besten Plätze, quasi | |
| die VIP-Loge in der Kühltheke. | |
| Ich hoffe, dass der Aldi-Depp, der da Chef spielt, immer an meine Würstel | |
| denkt, wenn ich weg bin. Ob sie in Landsberg auch meine Würstel haben? | |
| Schön wär’s ja scho, so ein bissel Heimat im Darm schmecken zu können. Wenn | |
| nicht, muss mir die Susi halt welche mitbringen, wenn sie mich besuchen | |
| kommt. Und falls ich zum Arbeitsdienst in der Küche eingeteilt werde, kann | |
| ich die mir bestimmt mal schnell in die Pfanne hauen. Das wird für einen | |
| Hoeneß schon möglich sein. Im Knast soll man büßen, aber doch nicht darben! | |
| Donnerstag, 1. Mai 2014 | |
| Jetzt hat der Günter schon wieder angerufen, wann er mich besuchen könnte | |
| und diesen ganzen Schmarrn. Eine Sky-Box will er auch mitbringen bei seinem | |
| Besuch. Den Knast-Boss würde er schon davon überzeugen, die Bundesliga live | |
| in meine Zelle zu holen. Es gehe ja schließlich nicht um einen x-beliebigen | |
| Mörder aus Moosach, sondern um den Hoeneß, also um mich. Hab ich ihm | |
| gesagt, das ist ja alles schön und gut, Günter, aber jetzt hör mal auf, wie | |
| ein blonder Engel über mir zu kreisen, ich komm schon irgendwie klar. Und | |
| wenn du schon was mitbringen willst, dann einen Pager. Mmh, müsste man | |
| vielleicht in ein Brot einbacken, das Ding. | |
| Die lassen ja eh kaum Besucher zu in diesem Verließ am Lech, nur einmal im | |
| Monat oder so. Da ist natürlich erst mal die Susi dran. Und dann vielleicht | |
| der Kalle. Der Kalle will ja eh öfter vorbeikommen, um das Strategische zu | |
| besprechen. Ohne mich knirscht’s halt im Gebälk. Hat man ja gemerkt: Seit | |
| die mich verknackt haben, kriegt die Mannschaft kein Bein mehr auf den | |
| Rasen. Die Justiz ist im Grunde schuld, dass wir das Finale der Champions | |
| League verpasst haben. Da sind uns Millionen entgangen. Verklagen müsste | |
| man die wegen vereinsschädigendem Verhalten. Wenn die Stimmung nicht grad | |
| so schlecht wär, tät ich das prompt machen. Der Hanns Feigen hat mir aber | |
| abgeraten. Feige S…! | |
| Freitag, 2. Mai | |
| Was für ein schöner Tag. Ich fühle mich frei. Habe „Darm mit Charme“ | |
| angefangen. Hatte mir die Susi hingelegt. Die Verstopfung ist wie | |
| weggeblasen. Nix drückt mehr. Kann heut’ Vollgas geben. Meine Mitglieder | |
| warten auf mich. Sie sollen nicht enttäuscht werden. Meine Rede hat’s in | |
| sich. Da werden sich einige umschauen, all diese berufsmäßigen Kritiker, | |
| Neider und Frevler, die mich Arschloch und Schwein genannt haben, und die | |
| nichts wissen vor mir, gar nichts. | |
| Ich habe mit meiner ganzen Zockerei drei Millionen verloren. Drei | |
| Millionen. Zahlen tu ich jetzt aber über 30 Millionen an den Staat. 30 | |
| Millionen. Das nur mal so, um die Dimensionen zurechtzurücken. Ich bin | |
| nicht nur gestraft mit meinem Hammerverlust an der Börse, nein, die | |
| Neidrepublik Deutschland bestraft mich doppelt und schickt einen | |
| Leistungsträger hinter Gitter. Das soll einer verstehen! Meine Mitglieder | |
| verstehen das auch nicht. Sie halten zu mir wie ein Rauhaardackel zum | |
| Herrchen. Wie die Susi zu mir. | |
| Auf Kalle und Karl ist auch Verlass. Den anderen werde ich noch mal | |
| ordentlich heimleuchten, diesem Pressepack, diesen Schreiberlingen, die | |
| sich weiden am Leid der anderen. Ich habe in den letzten Wochen zum ersten | |
| Mal den Hass kennen gelernt. Den nackten, puren, gemeinen, fiesen Hass. Das | |
| hat wehgetan. Verdammt weh. Aber heute ist ein schöner Tag, da habe ich mir | |
| etwas ausgedacht. Diesen Wichten da draußen werde ich sagen: „Wenn ich | |
| zurück bin, werde ich mich nicht zur Ruhe setzen. Das war’s noch nicht.“ | |
| Wäre ja auch noch schöner gewesen: Ein Hoeneß, der klein beigibt. Ein | |
| Hoeneß hört nicht unten auf. Ein Hoeneß macht auf dem Gipfel Schluss. Sag | |
| ich immer. | |
| Sonntag, 4. Mai 2014 | |
| Ach, ich hab’ am Freitag so viel Kraft getankt, damit könnte ich glatt fünf | |
| Jahre in Landsberg überstehen. Wow, warum können nicht alle in Deutschland | |
| sein wie meine Mitglieder! Wahnsinn, wie die hinter mir stehen. Alle. Das | |
| ist der FC Bayern. Ein großer Verein, vielleicht der größte der Welt. Mein | |
| Verein. Von den Schreiberlingen hat es eigentlich nur einer kapiert, so ein | |
| Jungscher von der Welt: „Warum kann sich der Mensch am Scheitern, an | |
| Fehlern, am Leiden eines anderen dermaßen erfreuen?“ Das trifft ins | |
| Schwarze. Habe den Presseheini schon mal für ein Interview vormerken | |
| lassen– wenn der Albtraum vorbei ist. | |
| Montag, 5. Mai 2014 | |
| Hab ein paar Hiwis nach Landsberg geschickt. Sollen die BVB-Aufkleber in | |
| Knastnähe beseitigen. | |
| 5 May 2014 | |
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| Markus Völker | |
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