| # taz.de -- Kolumne Die eine Frage: Darf man die Bayern lieben? | |
| > Wer für grandiosen Fußball brennt, kommt an Josep Guardiolas FC Bayern | |
| > München nicht vorbei. Da hilft weder Nörgeln noch Mäkeln. | |
| Bild: Bei Josep Guardiola werden selbst Bayern-Hasser schwach. | |
| Es geht nicht darum, dass noch kein Bundesligateam zuvor bereits im März | |
| deutscher Meister geworden ist. Auch nicht um die anderen Superlative. Das | |
| alles ist nur eine Folge dessen, worum es geht: Die Bayern haben im erstem | |
| Jahr des Trainers Josep Guardiola vereint, was fast nicht zu vereinen ist: | |
| Ihr Fußball ist maximal effizient, maximal ästhetisch und maximal modern. | |
| Woraus sich die eine Frage ergibt: Darf man den FC Bayern München lieben? | |
| Wir sprechen hier nicht von den Traditionsanhängern der Bayern, für die | |
| sich die Frage nicht stellt. Wir sprechen nicht von der Mehrheit der | |
| Bayern-kritischen Interessierten, für die sich das Unterhaltungsniveau des | |
| Fußballs über den Spannungsfaktor definiert, also die Frage: Wird Bayern | |
| nicht Meister? Kann mein Verein die Bayern schlagen? Diese beiden Fragen | |
| haben sich in dieser Saison nicht gestellt, weshalb schnell ein Nörgeln | |
| einsetzte. Selbstverständlich gibt es auch eine Onlinepetition zur | |
| Abschaffung der Bayern. Begründung: „Da es sonst zu langweilig im Fußball | |
| wird.“ Daraus ergibt sich die Sorge der angeschlossenen Ökonomie: Die | |
| Geschäfte könnten leiden. | |
| Das ist das Außergewöhnliche am Kulturangebot Fußball: Die Spannungsbreite. | |
| Trash, Popkultur, Hochkultur, Wissenschaft – es liegt im Auge des | |
| Betrachters. Und damit zum Problem: Wer für die Entwicklung des modernen | |
| Fußballs brennt, der kommt auch als rechtmäßiger Bayern-Hasser an | |
| Guardiolas Work in Progress unmöglich vorbei. | |
| ## Berauschender Fußball | |
| Es ist der Witz des Jahrhunderts: Bayern, das auch in den erfolgreichsten | |
| Jahren immer eine Effizienzmaschine war und langweilig anzusehen; das nur | |
| ein einziges Mal Vorsprung durch Innovation hatte – den Libero Beckenbauer | |
| als Überzahlspieler in Ballnähe – dieses Bayern spielt nun einen dermaßen | |
| modernen und berauschenden Fußball, dass Borussia Dortmund und auch der FC | |
| Barcelona da stehen wie die Bundesgrünen: Eben noch vorn dran, jetzt erst | |
| mal abgehängt. | |
| Nun wird der aufrechte Moralist auf den zurückgetretenen Präsidenten Uli | |
| Hoeneß zu sprechen kommen, auf die Art, wie der Klub dessen massiven | |
| Rechtsbruch gutheißt. Auf die Nähe des Klubs zur Freistaatspartei, zu Audi, | |
| Adidas, Allianz und womöglich sogar zum Focus. Auf das asoziale | |
| Geschäftsgebahren, etwa der Konkurrenz die besten Leute wegzukaufen. So was | |
| lieben? Demnächst darf man dann auch die CDU wählen? | |
| Nun, wir wollen die Leute nicht heillos verunsichern. Nur so viel: Stimmt, | |
| die Bayern sind ein mit vielen Wassern gewaschener Fußballkonzern. So wie | |
| Dortmund und die anderen wettbewerbsfähigen Clubs auch. | |
| Und in diesem Moment spielen sie einen Fußball zum Niederknien. Unabhängig | |
| davon, ob Guardiola die maximale Titelausbeute seines Vorgängers Jupp | |
| Heynckes erreicht: Sein FC Bayern auf dem Rasen ist das größte Geschenk, | |
| das man dem Fußball und das man mittels Fußball machen kann. Wer das nicht | |
| sehen, wer das nicht fühlen kann, der verpasst wirklich was. | |
| 29 Mar 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Unfried | |
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