# taz.de -- Gefangenenfreilassung in Israel: Familie Daka wartet auf Walid | |
> Der Palästinenser wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. | |
> Probleme bei den Friedensgesprächen verzögern seine Freilassung. | |
Bild: Palästinenser demonstrieren für die Freilassung von Angehörigen. | |
BAKA AL-RABIJEH taz | Keine Viertelstunde Autofahrt trennt Walid Daka von | |
seinem Heimatort Baka al-Rabijeh, und doch kann er seit 28 Jahren nicht | |
nach Hause. Für die Entführung und den Mord an einem Soldaten verurteilte | |
ihn ein israelisches Militärgericht zu lebenslanger Haft. | |
Vergangene Woche hätte er endlich freikommen sollen. Nun droht die vierte | |
und letzte Amnestie, zu der sich Israel im Vorfeld der | |
Friedensverhandlungen verpflichtete und für die Walid vorgesehen war, auf | |
unbestimmte Zeit ausgesetzt zu werden. | |
„Wir gehen davon aus, dass er vielleicht nicht morgen kommt, aber doch | |
irgendwann innerhalb der nächsten Wochen“, hofft sein Bruder Assad Daka, | |
der 200 Luftballons für die Begrüßungsfeier gekauft hat und 500 T-Shirts | |
mit dem Bild von Walid und seiner Mutter drucken ließ. | |
## Die Nachbarn bringen schon Geschenke | |
In Baka al-Rabijeh, das zur Hälfte in Israel liegt und zur anderen auf | |
palästinensischem Gebiet, sind die Leute für die Rückkehr ihres Helden | |
bereit. Walid gilt als der Anführer des vierköpfigen Kommandos, das für den | |
Tod des 19-jährigen Soldaten Mosche Tamam verantwortlich gemacht wird. | |
Dieser trampte von der Kaserne nach Hause und stieg ahnungslos zu seinen | |
Entführern ins Auto. Walid habe nur die Befehle gegeben, den Soldaten zu | |
kidnappen, um mit ihm palästinensische Häftlinge freizupressen, sagt Assad | |
Daka. Sein Bruder sei „gar nicht dabei gewesen“, als Tamam starb. | |
Walid Daka gehörte der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) an und | |
habe unter dem Einfluss „der Massaker in Sabra und Schattila“ gestanden, in | |
den palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon. „Es war eine politische | |
Aktion“, beteuert Assad, „keine Gewalt.“ Im Dorf werde Walid dafür hoch | |
angesehen. „Von allen Seiten kommen Geschenke für ihn“, sagt Assad. | |
Den neuen Kühlschrank, eine Mikrowelle, Fernsehapparat und vieles mehr | |
bewahrt er in der Wohnung Walids auf, die seit fast 20 Jahren für ihn | |
bereitsteht. Die ersten Wochen in Freiheit will Walid bei seiner Mutter | |
wohnen, „deshalb haben wir sein altes Zimmer gestrichen und ihm ein Bett | |
gekauft“, sagt sein Bruder. Farida Daka ist 82 Jahre alt und leidet an | |
Alzheimer. Der Vater ist schon lange tot. | |
## Im Gefängnis lernte Walid seine Frau kennen | |
Die Familie lebt auf der israelischen Seite Baka al-Rabijehs. Walid gehört | |
zu 14 für die Amnestie vorgesehenen Arabern, die eine israelische | |
Staatsbürgerschaft haben. Israel tut sich mit der Entlassung der eigenen | |
Bürger besonders schwer. Die aus der Haft entlassenen Palästinenser aus dem | |
Gazastreifen und dem Westjordanland werden hinter den Trennanlagen leben, | |
während sich die israelischen Araber überall frei bewegen können und so | |
potenziell eine größere Gefahr darstellen. Laut Statistiken nimmt rund ein | |
Fünftel der aus der Haft entlassenen politischen Gewalttäter, einmal in | |
Freiheit, den Kampf wieder auf. | |
„Im Gefängnis wird er behandelt wie ein Palästinenser“, schimpft Assad Da… | |
darüber, dass sein Bruder nicht längst begnadigt wurde. „Und jetzt, bei der | |
Amnestie, ist er plötzlich Israeli und darf nicht raus, weil er | |
Staatsbürger ist.“ | |
Die Familie Daka erlebt das Wechselbad der Gefühlt nicht zum ersten Mal. | |
Walid war ursprünglich schon für den Gefangenenaustausch vor knapp drei | |
Jahren im Gespräch, als die Hamas-Regierung im Gazastreifen für die | |
Entlassung des entführten Soldaten Gilad Schalit über eintausend | |
palästinensische Häftlinge forderte. Doch die 28 Jahre Gefängnis waren | |
keine ganz verlorene Zeit für den Häftling, der einen Masterabschluss in | |
Politischen Wissenschaften ablegte und sogar heiratete. Seiner Frau | |
begegnete er erst hinter Gittern. Sana wollte ihn aus Begeisterung über | |
seine Tat kennenlernen. | |
3 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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