# taz.de -- Spezialeinsatz in der Ostukraine: Armee nimmt Flugplatz ein | |
> Bei Kämpfen mit prorussischen Separatisten in Kramatorsk soll es Tote | |
> gegeben haben. Der Kreml fordert von Ukraines Regierung, den | |
> Militäreinsatz sofort zu stoppen. | |
Bild: Ukrainischer Soldat mit Munitionskiste im Osten des Landes. | |
KIEW/MOSKAU dpa | Mit einem Sondereinsatz gegen prorussische Separatisten | |
im Osten des Landes hat die Ukraine zwei Tage vor internationalen | |
Krisengesprächen in Genf den Zorn Moskaus auf sich gezogen. Der russische | |
Außenminister Sergej Lawrow sprach bei einem Besuch in Peking von einer | |
„Verletzung ukrainischer Rechtsnormen und des Völkerrechts“. Zu | |
Schusswechseln zwischen ukrainischen Einheiten und moskautreuen Aktivisten | |
kam es in der Nähe der Städte Kramatorsk und Slawjansk im Verwaltungsgebiet | |
Donezk. | |
Nach schweren Gefechten hätten die Regierungseinheiten den Flugplatz von | |
Kramatorsk rund 80 Kilometer nördlich der Stadt Donezk unter ihre Kontrolle | |
gebracht, sagte Interimspräsident Alexander Turtschinow am Dienstag. Das | |
russische Staatsfernsehen berichtete von mindestens vier Toten. Die | |
moskautreuen Aktivisten sprachen von einem Verletzten in ihren Reihen. Eine | |
offizielle Bestätigung für die Opferzahlen gab es zunächst nicht. | |
Bereits am frühen Morgen hatten Regierungskräfte das Feuer auf | |
Straßensperren bei Slawjansk eröffnet. Dabei seien mehrere Menschen | |
verletzt worden, sagte ein Sprecher der prorussischen Separatisten. | |
Bewaffnete hätten die Stadt umstellt, die moskautreuen | |
„Selbstverteidigungskräfte“ bereiteten sich auf einen Angriff vor. | |
In mehreren Orten der Ostukraine halten moskautreue Separatisten seit Tagen | |
Verwaltungsgebäude besetzt. Sie fordern einen föderalen Staat mit | |
weitgehenden Autonomierechten für das russisch geprägte Gebiet. | |
## „Hoher Kampfgeist“ | |
Interimspräsident Turtschinow hatte den Beginn des Einsatzes am | |
Dienstagmorgen im Parlament in Kiew verkündet. Ziel des Vorrückens im | |
Norden des ostukrainischen Gebiets Donezk sei der „Schutz der Bürger vor | |
Terroristen, die das Land zerreißen wollen“. Ein Ultimatum des Präsidenten, | |
die Waffen niederzulegen und besetzte Gebäude zu verlassen, hatten die | |
Aufrührer am Montag verstreichen lassen. | |
„Die Soldaten haben hohen Kampfgeist und hohe Bereitschaft, die Ukraine an | |
der Front zu verteidigen“, sagte der Chef des ukrainischen Sicherheitsrats, | |
Andrej Parubij. | |
Moskau forderte von der ukrainischen Regierung einen sofortigen Stopp des | |
Einsatzes und warnte vor einem Scheitern der für Donnerstag geplanten | |
Gespräche in Genf. Dort wollen die Außenminister Russlands, der USA und der | |
Ukraine zusammen mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton über | |
Möglichkeiten einer diplomatischen Lösung der Krise beraten. | |
US-Präsident Barack Obama und Russlands Präsident Wladimir Putin erörterten | |
den Konflikt bereits in der Nacht zum Dienstag am Telefon. Nach Angaben des | |
Weißen Hauses äußerte sich Obama sehr besorgt darüber, dass Moskau die | |
prorussischen Separatisten in der Ostukraine unterstütze. Putin bestritt | |
dem Kreml zufolge eine Einmischung und forderte seinerseits Obama auf, | |
seinen Einfluss in der Ukraine geltend zu machen, um ein Blutvergießen und | |
den Einsatz von Gewalt zu verhindern. | |
Moskau sei daran interessiert, dass die Zusammenkunft in Genf zustande | |
komme, beteuerte Außenminister Lawrow. Die Teilnehmer hätten sich schon auf | |
ein vorläufiges Programm geeinigt – darunter Deeskalation, Entwaffnung | |
illegaler Einheiten, verfassungsmäßige Reformen und Wahlen in der Ukraine, | |
sagte Lawrow. | |
## Peking will unparteiisch sein | |
In Peking wurde der Russe nach einem Gespräch mit seinem Amtskollegen Wang | |
Yi auch von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen. Chinas | |
Führung bekräftigte ihre „unparteiische Position“ in dem Konflikt. Lawrow | |
dankte Peking für seine „vorurteilslose und ausgewogene Haltung“. | |
Die EU-Verteidigungsminister sicherten Polen, Rumänien und den drei | |
baltischen Staaten angesichts der Ukraine-Krise ihre Solidarität zu. „Wir | |
haben eine ausgesprochen fragile Situation, in der jetzt auch Besonnenheit | |
wichtig ist“, sagte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen | |
(CDU) nach Beratungen der Minister in Luxemburg. | |
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der als Gast über die Lage in | |
der Ukraine referierte, bekräftigte: „Wir diskutieren nicht über | |
militärische Optionen.“ Allerdings wolle die Nato in den östlichen | |
Bündnisländern auch militärisch stärker präsent sein als bisher. | |
## Jetzt 22 Namen auf Sanktionsliste | |
Die Europäische Union sperrte unterdessen die Konten des einstigen | |
kommissarischen Ministerpräsidenten der Ukraine, Sergej Arbusow. Der | |
Vertraute des früheren Präsidenten Viktor Janukowitsch ist einer von vier | |
Ukrainern, die neu auf die Sanktionsliste gesetzt wurden. Damit stieg die | |
Zahl der Personen, die wegen des Verdachts auf Veruntreuung staatlicher | |
ukrainischer Gelder keinen Zugriff mehr auf Konten in der EU haben, von | |
bisher 18 auf 22. | |
Eine Sprecherin der prorussischen Separatisten, Jekaterina Gubarewa, sagte, | |
die Aktivisten in der Ostukraine seien keine Terroristen. Es gebe weder | |
Plünderungen noch Vandalismus – viele Menschen in der Region seien „einfach | |
enttäuscht“ über die neue Regierung in Kiew. Interimspräsident Turtschinow | |
hatte sich am Vortag offen gezeigt für ein landesweites Referendum über die | |
künftige Struktur der Ukraine. | |
In Kiew griffen unterdessen Unbekannte zwei prorussische | |
Präsidentenkandidaten an. Der Politiker Oleg Zarjow wurde von einer Menge | |
mit Schlägen traktiert und ließ sich anschließend in einer Klinik | |
behandeln. Zarjows Mitarbeiter machten Rechtsextreme für die Attacke | |
verantwortlich. Der Kandidat Michail Dobkin wurde von einer Gruppe erst mit | |
Mehl und dann mit Farbe überschüttet. Die Präsidentenwahl in der | |
Ex-Sowjetrepublik soll am 25. Mai stattfinden. | |
15 Apr 2014 | |
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