# taz.de -- „Heartbleed“ und Open-Source-Software: Sicherheit kostet | |
> Nach dem Sicherheitsdesaster „Heartbleed“ stellt sich die | |
> Finanzierungsfrage bei Open-Source-Projekten. Doch Geld kann neue | |
> Probleme schaffen. | |
Bild: Passwörter ändern: „Heartbleed“ brachte viele Internet-Nutzer in Zu… | |
Nur 2.000 US-Dollar beträgt die Summe, die die Stiftung OpenSSL jährlich an | |
Spendeneinnahmen verzeichnet. Für eine Software, die jeder nutzen kann. Die | |
so weit verbreitet ist, dass infolge der Sicherheitslücke „Heartbleed“ | |
(Herzbluten) zwei Jahre lang ein großer Teil der verschlüsselten | |
Internetverbindungen gar nicht so sicher verschlüsselt war. Und deren | |
Macher sich nun dafür rechtfertigen müssen, dass niemand von ihnen den | |
Fehler gefunden hat, sondern es einen Mitarbeiter des Google Security Teams | |
dafür brauchte. | |
Dabei gilt Open-Source-Software – solche, bei der der Quellcode offenliegt | |
und von jedem bearbeitet und weiterverbreitet werden kann – als | |
verhältnismäßig gut geschützt gegen Angriffe. „Freie Software hat eine Art | |
Selbstheilungsmechanismus eingebaut, weil viel mehr Augen draufschauen als | |
bei nichtfreier Software“, sagt Erik Albers von der Free Software | |
Foundation Europe. Denn im Gegensatz zu Programmen etwa von Microsoft oder | |
Apple, deren Code unter Verschluss bleibt, kann bei freier Software jeder | |
in den Quellcode schauen. Jeder Kundige kann überprüfen, ob alles mit | |
rechten Dingen zugeht. Ob es zum Beispiel keine Hintertürchen gibt, die | |
Daten an Geheimdienste weiterleiten. | |
Immerhin: 9.000 US-Dollar nahm die Stiftung OpenSSL allein in der zweiten | |
Aprilwoche ein, nach dem Heartbleed-Desaster. Größtenteils Kleinspenden von | |
Privatpersonen, hier mal fünf Dollar, da mal zehn, aus der ganzen Welt. | |
Jetzt, auf einmal. Die Frage, die angesichts der Zahlen im Raum steht: | |
Braucht freie Software andere, bessere Arten der Finanzierung? | |
Ja, meint Steve Marquess von der OpenSSL-Stiftung. Er klagt in einem | |
Blogbeitrag über den Mangel an finanzieller Unterstützung und schreibt: | |
„Ihr wisst, wer gemeint ist.“ Gemeint sind etwa große Unternehmen, die | |
OpenSSL kostenlos nutzen und sich damit die Ausgaben für kostenpflichtige | |
Lösungen sparen. Aber trotzdem nicht spenden. | |
## Prekäre Finanzierung | |
Auch Johannes Stahl, Geschäftsführer von Werk21, sagt: „Die meisten | |
Open-Source-Projekte sind eher prekär finanziert.“ Stahl kennt den Markt – | |
sein Unternehmen verdient Geld damit, freie Software kommerziell zu | |
verwerten. Das funktioniert beispielsweise so: Ein Kunde wünscht sich zu | |
einem Open-Source-Programm eine neue Funktion. Werk21 programmiert die – | |
und stellt sie gleichzeitig wieder als freie Software zur Verfügung. So | |
kommt die neue Funktion nicht nur dem zahlenden Kunden zugute, sondern auch | |
allen anderen Nutzern. | |
Dieses Modell funktioniere allerdings nicht bei jeder Software, sagt Stahl. | |
Wo es eine starke Konkurrenz gebe, wo sehr spezialisierte Programmierer wie | |
Kryptografen gebraucht würden, wo sich kaum zusätzliche Funktionen zum | |
Programm verkaufen ließen – überall da müsse das Geld anderswoher kommen. | |
## Also doch Spenden? | |
Albers findet: „Wenn man freie Software verwendet, ist es ist nur fair, | |
auch etwas zurückzugeben.“ Trotzdem glaubt er nicht, dass mehr Geld freie | |
Software besser und Sicherheitslücken unwahrscheinlicher machen würde. | |
„Geld kann auch schaden, denn wer in Software Geld reinsteckt, will in der | |
Regel wieder Geld herauskriegen.“ Dadurch entstehe Druck und das erhöhe die | |
Fehleranfälligkeit. Das sieht Stahl anders. „Manchmal ist Druck gar nicht | |
schlecht.“ Schließlich sei es besser, manche Ergebnisse schon morgen zu | |
haben und nicht erst in fünf Jahren. Etwa ein Update, das eine | |
Sicherheitslücke schließt. | |
Dazu kommt: Auch eine gute Finanzierung, die Programmierern Freiräume lässt | |
und keinen Druck aufbaut, kann Probleme schaffen – ökonomische wie ideelle. | |
Mozilla zum Beispiel, bekannt für seinen Browser Firefox. Mozilla erhält | |
einen guten Teil seines Geldes von Google. Google mischt aber gerade mit | |
seinem eigenen Browser Chrome den Markt auf. In Nord- und Südamerika, in | |
weiten Teilen Asiens und Europas ist Chrome bereits die Nummer eins. Wird | |
Google Mozilla noch weiterfinanzieren, falls Firefox in die | |
Bedeutungslosigkeit abrutscht? Und was passiert mit Mozilla, wenn der | |
größte Geldgeber abspringt? | |
## Spenden und Abhängigkeiten | |
„Mozilla hat tatsächlich eine gewisse Abhängigkeit von Google aufgebaut“, | |
sagt Albers. Ein Dilemma zwischen prekärer Finanzierung durch Spenden und | |
Abhängigkeit von großen Geldgebern aus der Wirtschaft. Aus der Koalition | |
kommt da die Idee, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik | |
mit Prüfaufträgen zu betrauen. Stahl schlägt dagegen einen staatlichen Topf | |
vor, bei dem Open-Source-Projekte selbst Unterstützung beantragen können. | |
Es sei nur wichtig, sicherzustellen, dass kein Geld daraus an große | |
Konzerne gehe. Die könnten ihre Open-Source-Vorhaben schließlich auch | |
selbst finanzieren. | |
Peter Ganten, Vorstandsvorsitzender der Open Source Business Alliance, | |
findet, dass mehr Geld allein sowieso nicht reicht. Natürlich gebe es die | |
völlig unterfinanzierten Projekte, sagt er. Aber auch die seien nicht | |
anfälliger für Sicherheitslücken als nichtfreie Software. | |
Das Problem, sagt Ganten, sei ein Denkfehler. „Der Betreiber, der mit der | |
Software arbeitet, hat die Pflicht, für die Sicherheit zu sorgen.“ Also: | |
Nicht die kleine Softwareklitsche, die ihr Produkt unter freier Lizenz in | |
die Welt stellt, müsse allein die Verantwortung tragen, sondern die Bank, | |
die es auf ihre Server spielt und ihre Kunden damit Geschäfte abwickeln | |
lässt. Und hier komme wieder der Staat als Geldgeber ins Spiel: Der | |
profitiere ja auch von freier Software und sei daher in der Pflicht, sich | |
an der Überprüfung zu beteiligen. Anders als bei nichtfreier Software ist | |
das schließlich möglich. | |
18 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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