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# taz.de -- Joachim Lohse über Immobilien-Spekulation: „Die schärfsten Inst…
> Joachim Lohse will mit einer Senats-Arbeitsgruppe Immobilien-Spekulation
> bekämpfen. Im Interview erklärt er, warum er Unterstützung braucht.
Bild: Wird wohl komplett an Immobilien-Spekulanten verkauft: die Grohner Düne.
taz: Herr Lohse, Sie wollen Immobilien-Spekulation in Bremen bekämpfen,
jetzt, da wohl auch der Rest der Wohnungen in der Grohner Düne an einen
Immobilienfonds geht – und nicht an die Gewoba. Reichlich spät, oder nicht?
Joachim Lohse: Eigentlich hätte jeder vor 15 Jahren schon anfangen können,
denn so lange reicht das negative Image der Grohner Düne zurück. Die
Debatte ist in dieser Zuspitzung aber erst jetzt geführt worden.
Also ist die Gründung einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe Ihre Flucht
nach vorn?
Man kann es genau umgekehrt sagen: Bremen ist da weiter als andere Städte.
Man sieht das etwa beim Thema Flüchtlinge. Da haben wir festgestellt, dass
man manche Dinge nur gemeinsam bewältigen kann. Deswegen nun meine
Senatsinitiative für eine Arbeitsgruppe, um gemeinsam zu schauen, mit
welchen Mitteln welche Missstände behoben werden können. Bis zum Sommer ist
die auf die Beine gestellt. Um gegen Immobilienspekulation vorzugehen, gibt
es Möglichkeiten im Baugesetzbuch.
An was denken Sie?
Wir sprechen von einer Stadtumbau-Satzung oder davon, ein förmliches
Sanierungsgebiet festzulegen und der Stadt ein Vorkaufsrecht einzuräumen.
Das sind Eingriffe ins Eigentumsrecht, die schärfsten Rechtsinstrumente die
wir haben. Man muss deshalb genau begründen, was man machen will und warum:
So etwas geht nicht für ein einzelnes Gebäude, man muss das gesamte Umfeld
definieren. Wohnungseigentümer haben auch das Recht, dagegen vorzugehen. So
etwas schüttelt man nicht aus den Armen.
Warum hat die Gewoba für die Grohner Düne nicht mehr Geld geboten?
Ganz so einfach ist es eben nicht. Die Gewoba hat schon mehr gemacht als
jemals zuvor. Der Vorstand ist sogar über die geltende
Investitionsstrategie hinausgegangen. Spekulative Fonds, die auf maximale
Rendite aus sind, können anders auftreten. Sie haben mehr Spielraum, indem
sie weniger Rücksicht auf Mieter nehmen, als jemand, der wie die Gewoba als
guter und fairer Vermieter auftritt. Dabei ist die Gewoba als
Aktiengesellschaft auch an strikte Regeln gebunden, reine Zuschussgeschäfte
darf sie nicht machen. Wenn, dann müsste die Stadt selbst kaufen.
Aber?
Die Stadt Bremen hat sich bislang gescheut, wir sind ein
Haushaltsnotlageland. 2012 haben die Häuser das letzte Mal den Besitzer
gewechselt und da gab es keine öffentliche Diskussion. Wenn man damals
reagiert hätte, wäre man dieses Mal vorbereitet gewesen. Aber das kann das
Bauressort gar nicht allein machen.
Warum nicht?
Für ein Bauressort ist ein Eingreifen zwar auch nicht einfach, aber
möglich, wenn es bauliche Probleme betrifft: Bei Schrottimmobilien, denen
Türen und Fenster fehlen, mit Brandschutzproblemen oder maroden
Treppenhäusern. Die Grohner Düne ist aber baulich in einem vergleichsweise
guten Zustand. Sie ist keine Schrottimmobilie, die Situation dort ist
komplizierter. Die Missstände, die dort beklagt werden, haben vier
Senatsressorts gemeinsam vergeblich versucht anzugehen.
Sie meinen das Projekt „Pro Düne“?
Daran waren Inneres beteiligt, Justiz, Soziales und das Bildungsressort.
Das Projekt ging bis März diesen Jahres und wurde dann beerdigt. Am Ende
wurde gesagt, das Bauressort möge das mit den Mitteln aus „Soziale Stadt“
und „Wohnen in Nachbarschaft“ richten, wovon in den letzten 15 Jahren schon
über 2,5 Millionen Euro investiert wurden. In meinem Ressort liegt ein
Werkzeugkasten, aber wir müssen den Einsatz gemeinsam planen. Und auch
fragen: Wie viel können wir dafür investieren?
Wie viel Geld ist denn nötig?
Wenn man ein Vorkaufsrecht der Stadt wahrnimmt, dann muss man zu dem Preis
einsteigen, den der Höchstbietende geboten hat. Das würde Bremen einen
zweistelligen Millionenbetrag kosten. Nehmen wir an, die Gewoba dürfte über
ein Gebot von 15 Millionen nicht hinaus, aber der Meistbietende wollte 20
Millionen zahlen. Dann muss Bremen das aufbringen und würde das Objekt für
15 Millionen der Gewoba überlassen. Zu den 5 Millionen für die Differenz
käme dann noch Geld, das in Sanierungs- und Umbaumaßnahmen fließt. Der
Rückbau in Osterholz-Tenever hat 38 Millionen Euro gekostet.
Es gibt Forderungen nach einem Rückbau auch der Grohner Düne. Ist das eine
Option?
Der Teilrückbau hat in Osterholz-Tenever und in Lüssum richtig viel
gebracht. Aber man muss darüber genau nachdenken, denn in Osterholz-Tenever
hatten wir 70 Prozent Leerstand, bei der Grohner Düne herrscht
Vollvermietung. Man müsste Ersatzwohnungen beschaffen oder dafür sorgen,
dass keine Neuvermietungen mehr stattfinden. Das, was dieses Objekt so
attraktiv macht, ist, dass für viele Mieter das Sozialamt die Miete
garantiert. Diesen Teufelskreis müssen wir durchbrechen – und das geht
wiederum nur zusammen mit dem Sozialressort. Wie gesagt: Wir können das
nicht alleine lösen.
23 Apr 2014
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
## TAGS
Immobilienspekulation
Grüne Bremen
Bremen
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