# taz.de -- Klimabericht der Uno: Kritik nur für Spezialisten | |
> Die Schwellenländer haben kritische Passagen im UN-Klimareport | |
> gestrichen. Das könnte Folgen für künftige Konferenzen haben. | |
Bild: „Diese Daten sind hochgradig relevant für die Politik“: Flächenbran… | |
BERLIN taz | Der jüngste UN-Klimareport ist in wichtigen Passagen gekürzt | |
und verwässert worden. Bei den Verhandlungen hinter verschlossenen Türen | |
vor gut einem Monat in Berlin entfernten Regierungsdelegationen aus | |
politischen Gründen umfangreiche Textteile und Grafiken aus dem wichtigsten | |
Teil der Studie, der „Zusammenfassung für Entscheidungsträger“ (SPM). Das | |
belegen Aussagen von Teilnehmern der Verhandlungen sowie Dokumente, die der | |
taz vorliegen. | |
Die Berichte des Weltklimarats der Vereinten Nationen (IPCC) werden von | |
Wissenschaftlern erstellt, in einer letzten Runde aber von den Regierungen | |
der UN-Staaten abgesegnet. Bei diesem Prozess rund um den Bericht der | |
Arbeitsgruppe III des IPCC zu Politik und Wirtschaft des Klimawandels | |
verschwanden Passagen, die sich mit Klimapolitik und der Entwicklung der | |
Emissionen beschäftigen. | |
Lange Textpassagen zum Stand der UN-Klimakonferenzen wurden ebenso wie | |
Grafiken mit Emissionstrends in den nur von Spezialisten goutierten | |
Haupttext mit über 1.000 Seiten verbannt. Der US-Ökonom Robert Stavins, | |
einer der Autoren, beklagt, der Prozess sei „außerordentlich frustrierend“ | |
gewesen, das Resultat „teilweise enttäuschend“. IPCC-Kollegen versuchten, | |
Stavins zu trösten: Die Eingriffe zeigten doch, „dass die Regierungen die | |
wissenschaftlichen Ansichten sehr ernst nehmen“, schrieben sie. | |
Im Einzelnen hatten die Forscher erwähnt, wie mangelhaft der Klimaschutz | |
trotz der Vorgaben des Kioto-Protokolls bislang vorangekommen ist, dass | |
Schwellenländer wie Indien, China und Brasilien nicht zum Klimaschutz | |
verpflichtet sind und dass sich alle Staaten geeinigt haben, ab 2020 ein | |
bindendes Abkommen zu schließen. Solche Selbstverständlichkeiten stießen | |
aber bei vielen Schwellen- und Entwicklungsländern auf Widerstand. Von | |
eineinhalb Seiten Text blieb in der Endfassung nur noch eine magere halbe | |
Seite übrig. | |
## Drei Grafiken zensiert | |
Ebenso zensiert wurden drei Grafiken, die den Zusammenhang zwischen höheren | |
Einkommen und steigenden Emissionen von Klimagasen zeigen. Vor allem | |
Staaten wie China, Indien oder Brasilien legen demnach rasant bei ihren | |
Emissionen zu. Auch hier intervenierte nach Informationen von Teilnehmern | |
in den vertraulichen Sitzungen eine große Gruppe um China, Indien, die | |
Philippinen, Katar und die Malediven und versteckte die Darstellungen in | |
der wenig gelesenen „Technischen Zusammenfassung“. | |
Für einen der führenden IPCC-Autoren aus der Arbeitsgruppe III ist es | |
„problematisch, dass die Regierungen beschlossen haben, diese Daten nicht | |
in der Kurzfassung zur Kenntnis zu nehmen“. Formal sei das Vorgehen der | |
Delegationen nicht zu beanstanden, die Daten seien alle in anderen | |
IPCC-Dokumenten einzusehen. Aber „von der Sache her ist das höchst | |
bedauerlich“. | |
Das Verhalten der Regierungen „unterminiert das Grundverständnis des IPCC“, | |
sagt auch Jochem Marotzke, Klimaforscher am Max-Planck-Institut für | |
Meteorologie in Hamburg und Leitautor des IPCC-Berichts der Arbeitsgruppe | |
I. „Diese Daten sind hochgradig relevant für die Politik, trotzdem haben | |
diese Staaten das verhindert.“ | |
## Schwellenländer ziehen schnell gleich | |
Hintergrund des massiven Eingriffs sind die UN-Klimaverhandlungen, die 2015 | |
zu einem allgemeinen Abkommen führen sollen. Länder wie China und Indien | |
fürchten, dass ihnen eine Klimaschutzverpflichtung auferlegt werden soll, | |
die ihr Wirtschaftswachstum drosselt. Bisher argumentieren die | |
Schwellenländer mit ihren geringen Pro-Kopf-Emissionen und den höheren | |
Verschmutzungen durch die Industrieländer in den vergangenen Jahrzehnten. | |
Doch die neuesten IPCC-Daten zeigen, dass die Schwellenländer sehr schnell | |
mit den reichen Ländern gleichziehen. Bereits gegen 2027, so heißt es, | |
würden auch die historischen Emissionen der Industriestaaten von den | |
Schwellenländern erreicht werden - alle Staaten wären damit gleichermaßen | |
zum Klimaschutz verpflichtet. | |
Die klaren Aussagen dazu in der IPCC-Kurzfassung könnten also in den | |
Klimaverhandlungen benutzt werden, um die Schwellenländer unter Druck zu | |
setzen - das ist die Angst dieser Länder. Denn Aussagen in der SPM sind in | |
den UN-Verhandlungen politisch bindend, weil sie Wort für Wort abgesegnet | |
werden. Oder eben auch nicht. | |
8 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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