# taz.de -- Kommentar Guerilla-Aktion für syrische Kinder: Darf man helfen? | |
> Die Fake-Initiative zur Rettung syrischer Kinder nimmt die potenziellen | |
> Helfer in die Verantwortung. Die allgemeine Gleichgültigkeit ist weit | |
> vorangeschritten. | |
Bild: Jedes syrische Flüchtlingskind kennt sie jetzt: Familienministerin Manue… | |
Deutschland will etwas tun angesichts des fortschreitenden Völkermords in | |
Syrien? Es will helfen, jetzt doch? Das ist wohl ein Scherz. | |
Nein, das ist es nicht. Es handelt sich um eine ernst gemeinte Aktion, die | |
jedoch nicht von der Bundesregierung ausgeht. Stattdessen melden sich im | |
Syrienkrieg erstmals prominente Akteure aus dem kulturell-politischen Feld | |
zu Wort. Das „Zentrum für Politische Schönheit“ spielt durch, wie zuminde… | |
syrischen Kindern zu helfen wäre, und verändert damit die Perspektive. | |
Bislang war die allgemeine Erwartung folgende: Die vom Assad-Regime | |
mithilfe von Fassbomben, Hungerblockaden und gelegentlich auch | |
Giftgaseinsätzen bekämpfte Zivilbevölkerung sollte darlegen, dass sie | |
tatsächlich unschuldig in Not geraten ist. Beim Araber weiß man ja nie. | |
Trotz vieler Reportagen und Berichte ist sich die Mehrheit hierzulande | |
nicht ausreichend sicher, ob sich hinter der Flucht von etwa 9 Millionen | |
Menschen nicht doch ein bisschen Schmarotzertum oder gar Sympathie für den | |
Islam verbirgt – also ganz falsche Motive. Weshalb stets zwei Argumente | |
bemüht werden: „Wir sind nicht zuständig.“ Und: „Das ist alles so | |
kompliziert. Da können wir nichts machen.“ | |
## Ganz nah an kollektiven deutschen Befindlichkeiten | |
Nun, man kann auf Diktaturen und damit verbundene humanitäre Katastrophen | |
auch anders reagieren. Man kann etwa finden, dass Geschichte verpflichtet | |
und an die Kindertransporte von 1938/39 erinnern. Damals nahm | |
Nazideutschland die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in Angriff, die | |
Nachbarländer verschärften Einwanderungsvorschriften und -kontrollen | |
drastisch – und nahmen dann doch über 10.000 Kinder auf. | |
Mit seiner Aktion nimmt das Zentrum für Politische Schönheit auf diese | |
Aktion Bezug und holt Syrien ganz nah heran an kollektive deutsche | |
Befindlichkeiten. Natürlich ist das eine Provokation. Doch was ist falsch | |
daran, zu fragen: „Welche Moral erlaubt uns, nicht zu helfen, nicht einmal | |
Kindern?“ | |
Diese Frage nimmt nicht länger die Opfer, sondern die potenziellen Helfer | |
in die Verantwortung. Natürlich nur rhetorisch. Mehr kann eine Kunstaktion | |
nicht leisten. Doch angesichts von 150.000 Toten ist es ein Skandal, dass | |
wir noch immer nicht ernsthaft darüber diskutieren, was zu tun ist, auch | |
von hier aus. Die allgemeine, beinharte Gleichgültigkeit ist weit | |
vorangeschritten. Bleibt die gute Nachricht: Das lässt sich sofort ändern. | |
13 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Ines Kappert | |
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