| # taz.de -- Hass auf Conchita Wurst bei Facebook: „Die gehört in die Gaskamm… | |
| > Auf der Facebookseite von Rapper Sido tobt der homophobe Mob gegen | |
| > Conchita Wurst. Hasskommentare werden nicht gelöscht. | |
| Bild: Nach dem Sieg ist vor den Beleidigungen: ESC-Gewinnerin Conchita Wurst. | |
| BERLIN taz | Nicht nur russische Politiker wüten gegen den Sieg der Drag | |
| Queen Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest. Auch bei Facebook | |
| verbreiten User homophobe Hassbotschaften. Unter [1][einem Posting des | |
| Rappers Sido] toben sich seit Montag dutzende Kommentatoren aus. Weder der | |
| Rapper noch Facebook selbst unternehmen etwas dagegen. Sido war Teil der | |
| deutschen ESC-Jury und rechtfertigt sich auf seiner Facebook-Fanseite für | |
| seine schlechte Wertung von Conchita Wurst, die zusammen mit den ähnlichen | |
| Wertungen seiner Jurykollegen Kritik hervorgerufen hatte. | |
| Während er die Künstlerin despektierlich „Herr Wurst“ nennt, erklärt er, | |
| dass es um Musik, Komposition, Stimme und Performance ging und nichts | |
| anderes in seine Wertung eingeflossen sei. Dass er die Sängerin einst | |
| [2][in einem Interview heftig beleidigte], scheint er – wie auch der NDR – | |
| vergessen zu haben. | |
| Für viele seiner mehr als 1,3 Millionen Facebook-Fans ist der Post eine | |
| Steilvorlage. Einige nehmen ihn in Schutz, manche bekunden deutlich ihren | |
| Unmut über den Sieg von Conchita Wurst. Viele fragen, wie sie „sowas“ ihren | |
| Kindern erklären sollen. Soweit von der Meinungsfreiheit gedeckt. Doch es | |
| gibt unter den mittlerweile mehr als 1.500 Kommentaren auch viele, die | |
| diese Grenze deutlich überschreiten. | |
| „Diese wurst drecks perverser husoo gehört in die Gaskammer“, schreibt ein | |
| Brasko und ist nicht der einzige mit der Idee. „Scheiß auf diese ekelhafte | |
| transe alter direkt abfackeln“, kommentiert Ugur A. Melanie M. erklärt „Vor | |
| ein paar Jahren hätte man sowas erschossen“. Oliver H. wird deutlicher und | |
| fordert: „Erschießt sie mal einer bitte!“ Teils gefallen diese Posts mehr | |
| als 20 anderen Facebook-Usern. | |
| Ein Nutzer hat sich Montagabend durch alle Kommentare gequält und sechs | |
| davon an Facebook gemeldet. Er bezog sich dabei auf die [3][von Facebook | |
| aufgestellten „Gemeinschaftsstandards“]. Dort heißt es etwa, „Facebook | |
| erlaubt keine Hassbotschaften“, man gestatte es nicht „andere aufgrund | |
| ihrer Rasse, Volkszugehörigkeit, nationalen Herkunft, Religion, sexueller | |
| Orientierung, Behinderung, ihres Gesundheitszustands oder Geschlechts | |
| anzugreifen“. Allerdings unterscheide man zwischen ernsthaften und | |
| humorvollen Botschaften. | |
| Ein klarer Fall, könnte man meinen. Tags darauf reagierte Facebook. | |
| Lediglich ein Kommentar, in dem sich ein User „Adolf“ zurückwünschte, wur… | |
| gelöscht. Alle anderen verstießen nicht gegen die Gemeinschaftsstandards, | |
| erklärte Facebook. „Vielleicht bin ich ein bisschen naiv, solche Kommentare | |
| gibt es sicher tausendfach, aber irgendwie bin ich von den Kommentaren | |
| genauso geschockt wie jetzt von Facebook“, sagt der User. Es bleibe „dann | |
| wohl nur zu hoffen, dass deren Dummheit sich selbst demaskiert“. | |
| ## Strafrechtlich relevant | |
| Facebook selbst erklärte auf Anfrage, dass man den erwähnten Fällen noch | |
| einmal nachgehen werde. Zu den Einzelfällen wollte das Unternehmen aber | |
| keinen Kommentar abgeben. Aus Deutschland erhalte man keinen Einblick in | |
| die Arbeit des Safety Team in Dublin. Dort sitzen dutzende Mitabeiter, die | |
| auf Meldungen von Usern reagieren und selbst auffällige Seiten nach | |
| unerwünschtem Inhalt scannen. | |
| Sido selbst scheint seine Facebook-Fanseite nur als Sprachrohr nutzen zu | |
| wollen. Ein funktionierendes Community-Management hat er jedenfalls nicht. | |
| Auf eine Anfrage reagierte er bis Mittwochabend nicht. Rechtlich ist er | |
| nicht verpflichtet, die Kommentare auf seiner Seite zu moderieren oder zu | |
| kontrollieren. Erst, wenn er Kenntnis von einem rechtsverletzenden | |
| Kommentar auf seiner Seite hat, kann er im Sinne der Störerhaftung | |
| verantwortlich gemacht werden. Ebenso wie Facebook selbst. | |
| Sören Siebert, Anwalt für Internetrecht, sagt: „Die benannten Kommentare | |
| sind auf jeden Fall strafrechtlich relevant. Also müsste der Inhaber der | |
| Seiten handeln, wenn er davon weiß. Facebook – nach deutschem Recht – | |
| auch.“ Allerdings argumentiert das US-Unternehmen seit Jahren, dass es | |
| US-amerikanischem Recht unterliege, nicht deutschem. | |
| Es scheint, als müsse mindestens „Adolf“ oder „Hitler“ in einem Kommen… | |
| vorkommen, bevor Facebook die Communitystandards gefährdet sieht. | |
| „Gaskammern“ und „erschlagt sie“ reicht dafür nicht aus. Hätte ein Us… | |
| dagegen eine nackte weibliche Brust gepostet, der Beitrag wäre wohl | |
| innerhalb kurzer Zeit gelöscht worden. | |
| *** | |
| Einer der Kommentare, die die taz in der Anfrage an Facebook zitiert hatte, | |
| war am Mittwochabend nicht mehr online. Andere mit eindeutig rechtswidrigen | |
| Inhalten waren bis 18 Uhr noch zu finden. | |
| 14 May 2014 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.facebook.com/sidomusik?fref=ts | |
| [2] http://www.oe24.at/leute/oesterreich/Jurychef-Sido-Bleibe-in-Wien/43900119 | |
| [3] http://www.facebook.com/communitystandards | |
| ## AUTOREN | |
| Paul Wrusch | |
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