# taz.de -- Alternative Geschäftsideen Teil 3: Die irische Wasseruhr | |
> Wie man mit neuen, kreativen Geschäftsideen der Krise trotzt und dabei | |
> mitunter kräftig absahnt. Im dritten Teil unserer Serie: Abzocke beim | |
> Wasserverbrauch. | |
Bild: Und die Uhr tickt. | |
Als der Crash 2008 kam, war Irland über Nacht pleite. Die Bevölkerung muss | |
die Suppe seitdem auslöffeln. Während des Booms hatte man das Geld in | |
ambitionierte Bauprojekte gesteckt. Auf den Gedanken, das marode | |
Gesundheitssystem, das öffentliche Transportwesen oder die aus | |
viktorianischen Zeiten stammende Wasserversorgung auf den Stand des 21. | |
Jahrhunderts zu bringen, kam niemand. Dafür ist nun kein Geld mehr da. | |
Wie überall, so gibt es auch in Irland Krisengewinner. Auf Anweisung der | |
Troika hat die Dubliner Regierung neue Steuern und Gebühren eingeführt, | |
damit man den irischen und ausländischen Spekulanten das verzockte Geld | |
zurückzahlen kann. Dazu gehören auch Wassergebühren, die demnächst erhoben | |
werden – zu einem Zeitpunkt, an dem viele Menschen ohnehin finanziell nicht | |
mehr über die Runden kommen. | |
Aber es gibt ein paar Jobs. Das im Juli 2013 gegründete halbstaatliche | |
Unternehmen Irish Water will vorübergehend 4.000 Menschen einstellen – | |
darunter Handwerker, die Wasseruhren einbauen, Menschen im Callcenter, | |
Techniker, Hausanwälte, Analysten, Manager. | |
Zunächst hat man aber 20.000 Euro für die Entwicklung eines Logos | |
ausgegeben – ein blaues Schild, auf dem in weißer Schrift der Name in | |
beiden Landessprachen steht: „Uisce Éireann: Irish Water.“ Die meisten Jobs | |
werden vorübergehender Natur sein. Drei Firmen sollen in den kommenden drei | |
Jahren 1,2 Millionen Wasseruhren einbauen. | |
## Abruf per Funk | |
Die Handwerker haben dabei den miesesten Job: In allen Landesteilen haben | |
sich Bürgerinitiativen formiert, die den Einbau der Wasseruhren verhindern | |
wollen und die Arbeiter vertreiben. Damit hatte man zwar gerechnet und gar | |
nicht erst versucht, die Zähler in den Häusern anzubringen, sondern | |
außerhalb auf öffentlichem Land, aber es nützt nichts. | |
Bei den Wasseruhren hat man sich für die teure Variante entschieden, die | |
über Funk abgelesen wird, damit es nicht zu weiteren Zwischenfällen kommt. | |
Und man kann das Wasser auch per Computer-Knopfdruck abstellen, wenn die | |
Gebühren nicht bezahlt sind. Der Einbau der Wasseruhren kostet 500 Euro pro | |
Haushalt. Das Geld holt sich der Staat mit Zinsen von den Verbrauchern | |
zurück, die keine Wahl haben: Private Wasseruhren wie in anderen Ländern | |
sind nicht zugelassen. | |
Irish Water übernimmt die Wasserversorgung schrittweise von den | |
Bezirksverwaltungen. In fünf Jahren wird der Prozess abgeschlossen sein. | |
Danach, darauf kann man wetten, wird Irish Water privatisiert. Dann wird es | |
auch mit den meisten Jobs vorbei sein. Und die Reparatur der maroden Rohre, | |
durch die 40 Prozent des Trinkwassers im Boden versickert, wird auf den | |
Sankt-Nimmerleinstag verschoben. | |
20 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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