# taz.de -- Wahlen in Indien: „Ausreden sind jetzt unmöglich“ | |
> Narendra Modi hat höher gewonnen, als ihm lieb sein kann, sagt sein | |
> Biograf Nilanjan Mukhopadhyay. Unklar ist, ob er die Wählererwartungen | |
> erfüllt. | |
Bild: „Modi sollte unbedingt ein Zeichen der Akzeptanz setzen“, sagt sein B… | |
taz: Herr Mukhopadhyay, hat Sie der deutliche Wahlsieg von Modi und der BJP | |
überrascht? | |
Nilanjan Mukhopadhyay: Es war klar, dass die Wahlallianz der BJP gewinnen | |
würde. Dass die BJP dann aber sogar alleine eine Mehrheit erreichte, hat | |
mich schon überrascht. Ich denke, auch Modi und seine Partei waren sich | |
ihres Sieges sicher und waren über dieses Ergebnis überrascht – auch wenn | |
sie es nie zugeben würden. | |
Was, glauben Sie, wird Modi mit diesem Ergebnis machen? | |
Das Ergebnis ist ein eindeutiges Mandat für Modi persönlich. Daraus spricht | |
die Hoffnung auf wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung, auf Entwicklung | |
und Arbeitsplätze. Es ist fraglich, ob Modi das wirklich liefern kann. In | |
gewisser Weise hat er mit diesem deutlichen Ergebnis ein Problem: Wäre es | |
schlechter ausgefallen, hätte er Misserfolge auf das Fehlen einer Mehrheit | |
oder auf die Koalitionspartner abwälzen können. Jetzt sind solche Ausreden | |
unmöglich. | |
Womit wird er anfangen? | |
Modis erste Herausforderung ist das Erstellen des kommenden Haushalts. | |
Dafür bleiben ihm wenige Monate. So wie man Modi kennt, hat er aber seine | |
Hausaufgaben gemacht und einen Entwurf schon in der Schublade. Er wird sich | |
bald um die steigende Inflation kümmern müssen, in Indien ist ein schlimmer | |
Monsun vorausgesagt worden. Das heißt, Lebensmittelpreise werden steigen | |
und Modi muss sie in den Griff kriegen, um seiner Beliebtheit gerecht zu | |
werden. | |
Muss man Angst vor antimuslimischen Pogromen haben? | |
Ich glaube nicht, dass die Straßen brennen werden. Aber Modi ist auf einer | |
offen hindunationalistischen Plattform angetreten, die in allen Handlungen | |
dieser Regierung spürbar sein wird. Ihre Politik wird latent aggressiv | |
sein, indischen Nationalismus mit Hinduismus gleichsetzen und | |
Diskriminierung gegen Muslime durch angebliche Meritokratie begründen. Es | |
würde mich nicht wundern, wenn im Kabinett kein einziger Muslim Platz | |
findet. | |
Sie klingen sehr besorgt. | |
Das Wahlergebnis hat Muslime verängstigt. Modi muss diese Angst nun | |
unbedingt ansprechen, ansonsten werden wir in den kommenden Jahren ständig | |
am Abgrund leben. In den Jahren als Ministerpräsident von Gujarat hat er | |
die muslimische Gemeinschaft immer bewusst ignoriert und auch im Wahlkampf | |
ist er einen bewusst antimuslimischen Kurs gefahren, um mehr Stimmen zu | |
bekommen. Jetzt braucht er keine Stimmen mehr, hat eine deutliche Mehrheit: | |
Er sollte unbedingt ein Zeichen der Akzeptanz setzen. | |
Wird Modi sich für eine Normalisierung der Beziehungen zu Pakistan | |
einsetzen? | |
Modis Außenpolitik wird sehr von der Innenpolitik abhängig sein, also wie | |
erfolgreich er mit seinen Projekten hier ist. Im Wahlkampf hat er viel | |
Zuspruch für eine aggressive Haltung Pakistan gegenüber bekommen, und er | |
wird sicher nicht mit offenen Armen auf den pakistanischen Premier Sharif | |
zugehen. Ich vermute, dass er sich in politischen Fragen Zeit lassen und | |
sich vor allem auf Handelsbeziehungen konzentrieren wird. | |
19 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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