| # taz.de -- Neues Album von Patric Catani: Dämonen besiegen | |
| > Überraschend kohärent und doch voller unhöflicher Geräusche aus Plastik: | |
| > „Demons“ vom Berliner Elektronik-Tüftler Candie Hank. | |
| Bild: Patric Catani alias Candie Hank. | |
| Glücklich, wer seine Dämonen besiegt. Noch glücklicher, wer sie | |
| kontrolliert und in Kreativität umsetzen kann. Patric Catani alias Candie | |
| Hank, seit Anfang der Neunziger als bunter Hund und Wahl-Kreuzberger | |
| bekannt, hat sich seinen Dämo | |
| nen gestellt und auf Albumlänge einen Kampf mit ihnen ausgefochten. Da man | |
| als bunter Hund deutlich gewitztere Dämonen hat als der Maler Sigmar Polke, | |
| dem höhere Wesen bekanntlich befahlen, die rechte obere Ecke schwarz zu | |
| malen, ist „Demons“ ein sehr unterhaltsames Album geworden. Das | |
| Zauberrezept, mit dem Candie Hank den Dämonen begegnet, ist eine gute | |
| Portion Bass, Mut zum Eklektizismus und unhöfliche Geräusche aus reinem | |
| Plastik für die größere Abwehrkraft. | |
| Immer ein bisschen zu schnell unterwegs, hechtet Hank von Genre zu Genre, | |
| lockt mal einen Fuchs mit der Gitarre aus seinem Wüstenversteck („The | |
| Fox“), treibt den nächsten Dämon mit einer Acid-Bassline durchs Dorf, um | |
| ihm dann herrisch mit einem jamaikanischen Spoken Word-Sample zu befehlen, | |
| seinen Namen preiszugeben: „What is your name?“ | |
| Überhaupt Sprachsamples: Die geben den meisten Tracks das Thema vor, mit | |
| dem dann musikalisch gespielt werden darf. Dabei geht Hank sehr assoziativ | |
| zu Werke: Etwa bei den Titeln „Solaris and Shadowism“, „Babyshka Demona“ | |
| oder „Transylvanian Voodo“ – schalten Sie das Kopfkino an und stellen sich | |
| dann die passende Bassline dazu vor. | |
| So kämpft sich Hank Level um Level vor, um am Ende, bevor es heißt „Peace | |
| (with my Demons)“, auf den größten Dämon zu treffen: Im langsamsten Stück | |
| des Albums tritt Hank gegen die Stimme seiner Mutter an („Think About You | |
| Mama“). | |
| Die Geschichte der Dämonen zu erzählen ist deshalb wichtig, weil „Demons“ | |
| trotz des überbordenden Eklektizismus von Candie Hank überraschend kohärent | |
| ist. Irgendwo führt doch immer eine Spur von einem Track zum nächsten. Und | |
| das, obwohl man unterwegs auf japanischen Gesang, ätherische Frauenchöre, | |
| Westernsoundtracks, Surfgitarren, arabeske und jamaikanische Elemente | |
| trifft, die man sich auf den ersten Blick so gar nicht in einer Reihe | |
| vorstellen kann. | |
| ## Höhnisches Männerlachen | |
| Das gilt mitunter auch für einen einzelnen Track: „We’re in a magnetic | |
| forcefield“ sagt eine ernste Männerstimme zum Auftakt von „Magnetic | |
| Forcefield“. Ein Beat aus einer x-beliebigen Rhythmusbox wird von einem | |
| Schnipsel aus einem höhnischen Männerlachen begleitet. | |
| Dazu gleiten Dämonensounds wie von Theremin persönlich beschworen durch das | |
| Gerüst aus Bass und klapperndem Schlagzeug. Ein knarzender Synthesizer tut | |
| sein Übriges. Und obwohl jeder der einzelnen Elemente stets auszubrechen | |
| droht, hält Hank den Track zumindest für drei Minuten irgendwie zusammen. | |
| Auch das ist ein wiederkehrendes Kennzeichen in der Soundsignatur des | |
| Albums: Dass es trotz der vielen widerstrebenden Einflüsse, die sich schon | |
| in einem von ihnen finden, nicht auseinanderbricht und seine Kompaktheit | |
| behält. Anders gesagt: Keiner der vielen Sounds wirkt willkürlich gesetzt, | |
| sondern alles ist geschickt so platziert, dass das Klanggerüst gerade noch | |
| zusammenhält. | |
| ## Der Vielseitigkeitskünstler | |
| So stampft sich Hank – stilistisch gelegentlich an seinen Labelkollegen | |
| T.Raumschmiere erinnernd – mit seinem Bass durch die elf Tracks von | |
| „Demons“. Dennoch glaubt man gern, was im finalen Stück „Peace (with my | |
| Demons)“ behauptet wird: „Rollin’ on and rollin’ on“ – es geht immer | |
| weiter. Anders kann man es sich bei einem Vielseitigkeitskünstler wie | |
| Catani gar nicht vorstellen. | |
| Zu was wird er seine Dämonen als Nächstes treiben? Doch die rechte obere | |
| Ecke schwarz malen? Eher nicht. Die Leinwand zerreißen, sie bunt färben und | |
| eine Bassline drunterlegen? Ziemlich wahrscheinlich. | |
| 12 Jun 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Elias Kreuzmair | |
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