# taz.de -- Kurz-Besetzung in Kreuzberg: Flucht nach vorn | |
> Nach einer Demo gegen die mögliche Räumung der Gerhart-Hauptmann-Schule | |
> haben Flüchtlinge und ihre Unterstützer am Samstag kurzzeitig ein Gebäude | |
> in Kreuzberg besetzt. | |
Bild: Weiterhin auf der Suche: Flüchtlinge, hier auf dem Oranienplatz | |
Was als gemächliche Demonstration gegen eine mögliche Räumung der von | |
Flüchtlingen besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule begann, verwandelte sich | |
binnen Sekunden zu einer hektischen Jagd durch Kreuzberg: Rund 150 Menschen | |
brachen am Samstagabend gegen halb neun aus dem Demonstrationszug aus und | |
rannten in die Franz-Künstler-Straße. | |
Dort besetzten 30 Aktivisten – Refugees und Flüchtlingsunterstützer – ein | |
leer stehendes Haus: das ehemalige Jugendgästehaus der Schreberjugend, das | |
kurzzeitig als Unterkunft für die rund 80 Flüchtlinge im Gespräch war, die | |
im Winter in einem Caritas-Heim im Wedding untergebracht waren. Weitere | |
rund 50 Demonstrierende blockierten den Hauseingang. | |
## Zwei Festnahmen | |
Die Abgeordnete Canan Bayram (Grüne) und Grünen-Bezirksstadträtin Jana | |
Borkamp verhandelten mit den Besetzern. Um Mitternacht verließen Refugees | |
und Aktivisten das besetzte Gelände. Anschließend zogen etwa 300 Menschen | |
friedlich bis zum Kottbusser Tor. | |
Als die rund 150 Teilnehmer die Demoroute verließen, kam es indes zu | |
Handgreiflichkeiten zwischen Demonstranten und Polizei. Zwei Flüchtlinge | |
wurden festgenommen, kamen am Sonntagmorgen aber wieder frei. Augenzeugen | |
erstatteten zudem Anzeige gegen die Polizei – sie wollen einen gewaltsamen | |
Übergriff auf einen Demonstranten in einem Mannschaftswagen beobachtet | |
haben. Eine Polizeisprecherin bestätigte am Sonntag den Eingang der | |
Anzeige. | |
Das Bündnis United Neighbours hatte die Demonstration angemeldet, ein | |
Zusammenschluss aus den Gruppen Zwangsräumung verhindern und Refugee Strike | |
Berlin. „Die Besetzung ist ein Zeichen ihres gemeinsamen Kampfes“, sagte | |
ein Aktivist. Allerdings demonstrierten am Samstag zum ersten Mal beide | |
Gruppen gemeinsam. Laut den Aktivisten wollten sie mit der Besetzung die | |
Gründung eines gemeinsamen Hausprojekts von Geflüchteten und von denen, die | |
von Mietsteigerungen betroffen sind, erreichen. | |
Bezirk und Polizei stellten den Besetzern ein Ultimatum: Verlassen sie bis | |
Mitternacht des Gelände, blieben sie straffrei und bekämen freies Geleit. | |
Entschlössen sie sich zu bleiben, würde die Polizei Anzeige erstatten und | |
das Gelände räumen. | |
Ein Strafverfahren hätte allerdings vor allem die von SPD-Senatorin Dilek | |
Kolat in Aussicht gestellten individuellen Prüfungen der Asylanträge der | |
Refugees belastet – was auch den Flüchtlingen klar war. Wohl auch deshalb | |
löste sich die Besetzung gegen Mitternacht friedlich auf. | |
## Bezirk will reden | |
Bayram sprach noch in der Nacht von einer „für beide Seiten Gesicht | |
wahrenden Lösung“. Borkamp sagte, in dem besetzten Haus gebe es weder Strom | |
noch Wasser. „Außerdem erfüllt es die Brandschutzvorschriften nicht. Daher | |
hätten wir nicht für Leib und Leben der Besetzer garantieren können.“ Ein | |
Verbleib sei daher ausgeschlossen gewesen. | |
In den Verhandlungen machte der Bezirk Zugeständnisse an die Aktivisten. | |
Ein Ergebnis der Gespräche: Heute wollen sich eine Abordnung der Refugees | |
und Borkamp zum Gespräch treffen. Außerdem werde sich der Bezirk | |
unverzüglich um den Einbau der dort dringend benötigten Duschen für die | |
Refugees kümmern. | |
15 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Matthias Bolsinger | |
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