| # taz.de -- Kolumne Fußball-Wissenschaft: Ist der Star zurück? | |
| > Das Kollektiv ist das Wichtigste, so der Trend im modernen | |
| > Spitzenfußball. Doch bei dieser WM hat sich der Einzelspieler | |
| > zurückgemeldet. | |
| Bild: Der Star im Kollektiv: Arjen Robben. | |
| Traditionell ist der Fußball das Leben der kleinen Jungs. Jeden Alters und | |
| Geschlechts. Der Fußball der kleinen Jungs ist selbstverständlich | |
| starorientiert, das sieht man an den eigenen Söhnen und auch in der | |
| entsprechenden Berichterstattung. Die Fantasie der kleinen Jungs wird von | |
| Messi, Cristiano Ronaldo und Neymar angeregt, sie fühlen und begreifen den | |
| Fußball über die (selbst)geschaffenen Helden. | |
| Heute gehört Fußball aber auch zum Leben der großen Jungs. Dieser Fußball | |
| ist teamorientiert, kulturalisiert, verwissenschaftlicht. Die Fantasie und | |
| Projektionsfläche der großen Jungs ist der Trainer. Objektiv betrachtet hat | |
| sich der Spitzenfußball von einem stargeprägten Spiel immer mehr zu einem | |
| Trainerspiel entwickelt. Je flacher die Hierarchie, desto mächtiger der | |
| Trainer. Das wird sich auch nicht mehr grundsätzlich ändern. | |
| Doch in diesem Moment sieht es aus, als könnte in Brasilien ein temporäres | |
| Fenster aufgegangen sein, durch das der Star zurück ins Spiel kommt. Zwar | |
| ist das Turnier noch jung und sind die Bilder, die bleiben, in der Regel | |
| die späten. Dennoch wird man ein Tor nicht mehr vergessen können: das Solo | |
| des niederländischen Halbstürmers Arjen Robben zum 5:1 gegen Weltmeister | |
| Spanien. | |
| Es entstand auf der Grundlage von Trainer van Gaals Masterplan und einer | |
| dysfunktionalen spanischen Defensive, klar. Aber es war auch purer und | |
| faszinierender Individualismus, eine atemberaubende Mischung aus Tempo, | |
| Technik und Mentalität. Es ist ein Statement, weil es den spanischen | |
| Kollektivismus zertrümmerte, der seit sechs Jahren das Nonplusultra des | |
| Weltfußballs darstellt. | |
| ## Robben! Messi! Neymar! | |
| Bis zu dieser Sekunde galt, dass Spanien/Barcelona ohne den Über-Star | |
| Lionel Messi Titel gewinnt, aber Messi nicht ohne das überlegene Kollektiv. | |
| Der Star hat sich zurückgemeldet. Das gilt auch für Messi selbst und sein | |
| Solo-Tor beim 2:1 über Bosnien. Das gilt für Neymar, der zwei Tore beim 3:1 | |
| Brasiliens über Kroatien erzielte. Auch sein erster Treffer war purer | |
| Individualismus. | |
| Die Frage ist, ob der Star das Turnier durchgehend dominieren kann. Ganz an | |
| der Spitze des internationalen Fußballs gibt es eigentlich nur noch wenige | |
| Partien, in denen das Ein-Mann-allein-kann-alles-Prinzip sich durchsetzt. | |
| Es könnte sein, dass der Star im Moment davon profitiert, dass der | |
| Teamfußball noch nicht perfekt funktioniert und nicht richtig an die | |
| Wetterbedingungen angepasst ist. | |
| Ralf Rangnick, einer der Väter des modernen Fußballs in Deutschland, | |
| mutmaßte in der FAZ, die Spanier hätten zu viel Respekt vor der Hitze | |
| gehabt. Energie sparen an der falschen Stelle, so Rangnick, führe zu | |
| schlechter Verteidigung. Heißt: Sobald die Teammaschine die richtige | |
| Temperatur(anpassung) hat, wird der Star wieder kleiner. | |
| 18 Jun 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Unfried | |
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