# taz.de -- Verhaltensregeln für Fußballer: Akrobatik-Sex ist verboten | |
> Viele Nationaltrainer untersagen ihren Spielern bei der WM in Brasilien | |
> alle möglichen Dinge. Die Verbotslisten sind lang und teilweise skurril. | |
Bild: Luiz Felipe Scolari: Brasilien-Trainer und Akrobatiksex-Gegner. | |
BERLIN taz | Das Wunder von Bern hätte es wohl nach den heutigen Regeln der | |
Nationaltrainer nie gegeben. Helmut Rahn soll während des WM-Turniers 1954 | |
mit zwei weiteren DFB-Spielern das Mannschaftshotel im schweizerischen | |
Spiez unerlaubt verlassen haben, um ein paar Biere trinken zu gehen. | |
Trainer Sepp Herberger sah darüber hinweg und Rahn bedankte sich mit seinem | |
Siegtreffer im Endspiel und dem Gewinn des WM-Titels. Eine so laxe | |
Einstellung eines Nationaltrainers ist heutzutage undenkbar. Stattdessen | |
werden strikte Verbote verhängen. Die Vorschriften einiger Trainer gehen | |
dabei oft bis ins kleinste Detail. | |
Bei einigen steht Sex auf der Tabu-Liste ganz oben. Mexikos Nationaltrainer | |
Miguel Herrera kündigte an, er erwarte von seinen Spielern, generell darauf | |
zu verzichten. „Ich denke nicht darüber nach, Sex zu verbieten, ich denke | |
an Fußball, und ich hoffe, die Jungs denken auch an Fußball. An 40 Tagen | |
Enthaltsamkeit ist noch niemand gestorben.“ | |
Brasiliens Luiz Felipe Scolari verzichtet dagegen auf ein generelles | |
Verbot, macht aber deutliche Einschränkungen. Der Seleção-Trainer hat | |
seinen Spielern akrobatischen Sex untersagt, da das Risiko muskulärer | |
Verletzung zu hoch sei. | |
Während die Spieler von Bundestrainer Jogi Löw ihre Frauen und Freundinnen | |
bereits nach dem ersten Spiel gegen Portugal im Campo Bahia in Empfang | |
nehmen durften, gestattet Belgiens Marc Wilmots einen Besuch der | |
Partnerinnen seiner Spieler erst, wenn die Mannschaft das Halbfinale | |
erreicht hat. Ob es sich als Hemmnis oder Motivationsspritze erweist, wird | |
sich zeigen, aber bisher scheint es sich zumindest nicht negativ ausgewirkt | |
zu haben. Belgien konnte seine Auftaktpartie gegen Algerien nach | |
0:1-Rückstand erfolgreich drehen. | |
## Einmonatige Enthaltsamkeit | |
Doch nicht nur auf das Liebesleben versuchen die WM-Trainer Einfluss zu | |
nehmen. Nach Twitter-Eskapaden einiger Spieler und ausgeplauderten | |
Mannschaftsinterna in der jüngeren Vergangenheit beschäftigen sich die | |
Übungsleiter insbesondere mit der Benutzung von Handys und Internet. Die | |
Schützlinge von Costa Ricas Nationaltrainer Jorge Luis Pinto dürfen ihre | |
Mobiltelefone vor den Spielen nicht mehr benutzen. | |
Russlands Trainer Fabio Capello verbietet Facebook und Twitter gar | |
grundsätzlich. „Die Spieler müssen einen Monat enthaltsam sein. Wenn sie | |
wieder Heim kommen, können sie wieder durchdrehen“, erklärte der Italiener. | |
„Tweets können zu einem Ärgernis werden, wenn sie nicht in intelligenter | |
Weise geschrieben werden.“ | |
Auch Italiens Cesare Prandelli hatte seine Spieler nach der erfolgreichen | |
Qualifikation dazu aufgerufen, auf die Social-Media-Nutzung während der | |
Fußball-WM in Brasilien zu verzichten. Von dem allgemeinen Verbot ist der | |
Italiener dann doch abgerückt, verlangt aber eine zurückhaltende | |
Verwendung. Posts über Teamkollegen sind untersagt. | |
Ausgiebigen Gebrauch davon macht Stürmerstar Mario Balotelli, der seit dem | |
Abflug nach Brasilien vor knapp zwei Wochen mehr als 30 Tweets abgesetzt | |
hat. Außerdem nahm er das Verbot, etwas über Mitspieler zu veröffentlichen | |
wohl etwas zu ernst. Auf seiner Facebookseite postete er ein Foto seines | |
Panini-Sammelalbums, bei dem die gesamte italienische Mannschaft mit | |
Stickern von Balotelli selbst überklebt war. | |
## Private Telefone konfisziert | |
Wie der Twitter-Selfie von Lukas Podolski mit der Bundeskanzlerin nach dem | |
Auftakterfolg erkennen ließ, gibt es bei der deutschen Elf kein | |
Internetverbot. Es darf allerdings nicht über Aufstellungen, Verletzungen | |
oder die taktische Ausrichtung berichtet werden. Außerdem mussten alle | |
Spieler ihre privaten Telefone abgeben. Stattdessen stellte ihnen der DFB | |
Handys zur Verfügung. So ist auch gewährleistet, dass kein Journalist die | |
Spieler unerwünscht kontaktieren kann. | |
Zwei WM-Trainer haben sich auch der Ernährung der Spieler angenommen. | |
Algeriens Vahid Halihodzic verbietet seinen Spielern, auswärts essen zu | |
gehen. Und beim Weltmeisterbesieger Chile sind Softdrinks strengstens | |
untersagt. Ob sich Vidal und seinTeam, ähnlich wie Rahn 1954, aus dem | |
Teamhotel schleichen, um sich eine Fanta zu genehmigen, darf zwar stark | |
bezweifelt werden, aber falls es dann mit dem Titel klappen sollte, wird | |
Jorge Sampaoli bestimmt ein Auge zudrücken. | |
20 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Honekamp | |
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