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# taz.de -- NPD vor dem Verbotsverfahren: Ein letztes Aufbäumen
> Das Parteiverbotsverfahren soll eingestellt werden, fordert die NPD. Denn
> es gebe weiterhin V-Leute. Der Bundesrat sieht das anders.
Bild: Will nicht gehen: die NPD.
BERLIN taz | Es ist das letzte Aufbäumen der NPD vor dem drohenden Verbot.
Mit doppelter Parteiprominenz luden die Neonazis am Donnerstag in ihre
Berliner Parteizentrale: NPD-Chef Udo Pastörs und der gerade gewählte
Europaabgeordnete Udo Voigt. Ihre Forderung: Das angelaufene
Verbotsverfahren gehöre eingestellt, sofort.
Das Verfahren sei „ideologisch motiviert“, wettert Pastörs altbewährt in
einem kleinen, kargen Schulungsraum. Die NPD werde als „Blitzableiter“ für
all die Probleme im Land benutzt.
Der Bundesrat, der im Dezember beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
seinen Verbotsantrag einreichte, fand andere Gründe: Die NPD strebe eine
rein deutsche „Volksgemeinschaft“ an und ziele darauf, die Demokratie
abzuschaffen. 2003 war ein erster Verbotsversuch gescheitert, als V-Leute
in der Parteispitze bekannt wurden.
Auf diese Karte setzen die Neonazis nun erneut. Zwar hatten die
Innenminister der Länder in Testaten versichert, das Verbotsmaterial komme
nicht von staatlich bezahlten Spitzeln. NPD-Anwalt Peter Richter, ein
28-jähriger Saarländer, nennt diese aber „unglaubwürdig“. Die Testate
gelten nur für die Bundes- und Landesvorstände. „Was aber ist mit
Kreisvorständen? Den Landtagsfraktionen? Gilt das für die auch?“, fragt
Richter. Auch sei nicht auszuschließen, dass V-Leute aus dem Umfeld die
Parteiführung „anstachelten“.
Richter beantragte deshalb diese Woche in Karlsruhe, sämtliche V-Mann-Akten
zu beschlagnahmen und der NPD vorzulegen. „Passiert das nicht“, so der
Jurist, „dann Feierabend.“ „Dann findet kein faires Verfahren statt, dann
muss eingestellt werden.“
## Kein Öffnen der Akten
Eine Öffnung der Akten aber lehnen die Innenminister ab. Die Aufdeckung
würde die Arbeit des Verfassungsschutzes „unmöglich“ machen, heißt es
bereits in einer Stellungnahme des Bundesrats vom Mai an das
Bundesverfassungsgericht, die der taz vorliegt. Auch würde dies „Leib und
Leben der V-Leute gefährden“. Die Testate aber seien unstrittig: In
Beschlüssen sei klar fixiert, dass seit Dezember 2012 alle V-Männer aus der
Parteispitze abgeschaltet seien. Jeder Kontaktversuch einstiger Spitzel
werde zurückgewiesen. Die NPD indes, kontert der Bundesrat, lege „keinerlei
konkrete Hinweise vor, dass dieser Sachvortrag unzutreffend ist“.
Hier bleibt die NPD auch am Donnerstag im Vagen. Komme es zum Prozess,
kündigt Voigt an, werde es noch „Überraschungen“ geben. „Dann wird es
V-Leute geben, die gerne aussagen werden, ob und wann genau sie
abgeschaltet wurden.“ Auch Pastörs raunt davon, dass Sicherheitsbehörden in
Mecklenburg-Vorpommern noch zuletzt versucht hätten, Mitglieder der Partei
„anzusprechen“. Das alles werde gerade aufbereitet.
Es ist nun am Bundesverfassungsgericht, beide Seiten zu bewerten. Wann die
Verhandlung eröffnet wird, ist offen: Nach dem Antrag auf Ruhestand des
mitwirkenden Richters Michael Gerhardt muss dessen Posten erst nachbesetzt
werden.
Zuvor drohen der NPD bereits politische Rückschläge. Im Herbst wird in
Thüringen, Brandenburg und Sachsen gewählt – in allen Ländern steht die
Partei laut Umfragen vor Misserfolgen, in Sachsen davor, aus dem Landtag zu
fliegen – auch weil es mit der AfD neue Konkurrenz gibt. Sachsen, eine
AfD-Hochburg, werde „schwer“, räumt Pastörs ein. Die ganze Partei werde
dort wahlkämpfen. Die AfD schmäht Pastörs als „Feierabend-Patrioten“, de…
Partei „auseinanderbröseln wird, sobald’s wehtut“.
Die drohenden Schlappen könnten für die NPD auch Folgen für das
Verbotsverfahren haben. Denn dort ist ein Faktor auch die Stärke und
Gefährlichkeit der Partei. Am Donnerstag orakelt NPD-Mann Voigt bereits,
dass es für seine Partei statt eines „Freispruchs“ wohl eine Einstellung in
Karlsruhe geben werde: Es sehe aus, als stuften die Richter die NPD derzeit
als „bedeutungslos“ ein.
19 Jun 2014
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
NPD
NPD-Verbot
Udo Pastörs
Udo Voigt
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