# taz.de -- Joachim Gauck zu Hilfe für Flüchtlinge: „Wir neigen zur Selbstg… | |
> Bundespräsident Gauck fordert, dass Deutschland und Europa mehr für | |
> Flüchtlinge tun. Er kritisiert indirekt die Regierung, doch die Botschaft | |
> kommt nicht an. | |
Bild: Rechte für Asylsuchende garantieren: Gauck mit Lebensgefährtin und Flü… | |
BERLIN dpa | Bundespräsident Joachim Gauck hat wegen der steigenden | |
Flüchtlingszahlen nach Europa dazu aufgerufen, alle Hilfesuchenden | |
menschenwürdig zu behandeln und ihre Rechte zu achten. Eindringlich | |
forderte er am Montag in Berlin mehr Solidarität mit den Flüchtlingen, aber | |
auch bei der Teilung der Lasten zwischen den europäischen Ländern. | |
„Die Flüchtlinge, die an Italiens oder Maltas Küsten landen, sind nicht | |
allein die Angelegenheit Maltas oder Italiens“, [1][sagte Gauck] bei einer | |
Tagung der Evangelischen Akademie zum Flüchtlingsschutz. Es sei die | |
gemeinsame Verantwortung der Europäer, wie mit diesen Menschen umgegangen | |
werde. Flüchtlinge hätten Rechte, die zu achten sich Europa verpflichtet | |
habe. | |
„Die Bilder der Särge im Hangar des Flughafens von Lampedusa, die Bilder | |
der kletternden Menschen am Stacheldrahtzaun der Exklaven Ceuta oder | |
Melilla – sie passen nicht zu dem Bild, das wir Europäer von uns selber | |
haben“, sagte Gauck laut Redemanuskript. Als zentrale Forderung formulierte | |
er: „Eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik hat sicherzustellen, | |
dass jeder Flüchtling von seinen Rechten auch Gebrauch machen kann – nicht | |
zurückgewiesen zu werden ohne Anhörung der Fluchtgründe, gegebenenfalls | |
auch Schutz vor Verfolgung zu erhalten.“ | |
Gauck appellierte an die europäischen Partner, die Verantwortung nicht | |
zwischen den einzelnen Ländern hin- und herzuschieben. „Eines sollten wir | |
nicht tun: einander vorrechnen, was erst der andere tun muss, bevor wir | |
selbst uns bewegen.“ | |
## Die Regierung sieht keinen Unterschied | |
Deutschland lehnt bisher jede Debatte über eine neue Lastenteilung ab, weil | |
die Bundesrepublik in absoluten Zahlen die meisten Menschen aufnimmt. | |
Regierungssprecher Steffen Seibert wollte aber keine | |
Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundesregierung und Staatsoberhaupt | |
einräumen. Er sagte zu der Gauck-Rede, es gebe in der Flüchtlingspolitik | |
„mit Sicherheit keine Unterschiede zwischen dem Bundespräsidenten und der | |
Bundeskanzlerin“. | |
Gauck warnte davor, den deutschen Beitrag zur Aufnahme von Asylsuchenden | |
etwa aus Syrien zu überschätzen. Im Libanon lebten derzeit mehr als eine | |
Million Syrien-Flüchtlinge. „Das ist, gerechnet auf die Bevölkerung, als | |
wären in Deutschland 20 Millionen Menschen gestrandet.“ | |
In absoluten Zahlen kämen in kein anderes Land Europas mehr Asylsuchende. | |
Doch „gemessen an der Bevölkerungszahl aber liegt Deutschland in Europa | |
längst nicht an der Spitze, sondern auf Platz 9, deutlich hinter Schweden, | |
auch hinter Österreich, Ungarn und Belgien. Blicken wir nur auf uns selbst, | |
neigen wir nicht selten zur Selbstgerechtigkeit.“ | |
Der Bundespräsident begrüßte zwar, dass Bund und Länder beschlossen hätten, | |
weitere 10.000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Das sei „wichtig und | |
wertvoll“. 5.400 Syrer hätten dank der ersten beiden Kontingente Schutz in | |
Deutschland gefunden. Der überwiegende Teil der rund 32.000 Syrer, die seit | |
Beginn des Bürgerkriegs nach Deutschland kamen, habe sich aber auf anderen | |
Wegen durchschlagen müssen, auch auf dem illegalen und lebensgefährlichen | |
Weg übers Mittelmeer. | |
30 Jun 2014 | |
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[1] http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-Gauck/Reden/2014… | |
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