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# taz.de -- Kassen setzen Patienten unter Druck: Hopp, hopp, an die Arbeit!
> Etliche Patienten fühlen sich von ihrer Krankenkasse beim Thema
> Krankengeld unter Druck gesetzt – durch regelmäßige Anrufe oder sehr
> intime Fragen.
Bild: Zu Hause bleiben und auskurieren? Die Krankenkasse möchte das nicht.
BERLIN afp | Patienten suchen besonders häufig wegen Problemen beim
Krankengeld, Zahnarztkosten oder möglichen Behandlungsfehlern Rat. Das
zeigt der Jahresbericht der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland
(UPD), der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Zu
Krankengeldansprüchen ließen sich Kassenpatienten mit Abstand am häufigsten
beraten – zwischen April 2013 und März 2014 fast 7.000 Mal. Auch die Zahl
der Beschwerden in diesem Bereich stieg auf mehr als 1.000, zum Beispiel
weil Kassen das Krankengeld verweigerten.
Laut UPD fühlen sich etliche Patienten beim Krankengeld von ihrer Kasse
unter Druck gesetzt. Auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung,
Karl-Josef Laumann (CDU), berichtete von Versicherten, die von den Kassen
durch regelmäßige Telefonanrufe oder sehr intime Fragen unter Druck gesetzt
würden, sich „möglichst schnell wieder arbeitsfähig zu erklären“.
Der Sozialverband VdK sieht den Umgang der Kassen mit dem Krankengeld
ebenfalls kritisch. Patienten fühlten sich vor allem während längerer
Krankschreibungen von den Kassen unter Druck gesetzt, erklärte
Verbandspräsidentin Ulrike Mascher. Die meisten Probleme mit dem
Krankengeld gibt es den Beratungsstellen zufolge bei psychischen
Erkrankungen.
Für ihren „Monitor Patientenberatung“ wertete die UPD insgesamt rund 80.000
Beratungsgespräche und mehr als 13.000 Patientenbeschwerden aus, um
Hinweise auf Schwachpunkte im Gesundheitssystem zu erhalten. Bei den
zwischen April 2013 und März 2014 geführten Beratungsgesprächen waren
Leistungen der Kostenträger wie Krankengeld oder stationäre Reha-Maßnahmen
mit 28.000 Fällen häufigstes Thema.
## Wichtiges Thema: Patientenrechte
Deutlich zugenommen haben demnach Beratungen zu Patientenrechten, die mit
rund 15.000 Gesprächen das zweithäufigste Thema waren. Dabei ging es
beispielsweise um Einsicht in die Krankenakte oder die Möglichkeit, eine
Zweitmeinung von einem anderen Arzt einzuholen.
In mehr als 10.000 Beratungsgesprächen ging es den Angaben zufolge um
Zahnarzt-Abrechnungen, Beitragsschulden oder sogenannte individuelle
Gesundheitsleistungen (Igel), die Patienten aus eigener Tasche zahlen
müssen. Mehr als 7.000 Mal suchten Versicherte wegen eines vermuteten
Behandlungsfehlers Rat. Das finanzielle Risiko eines Rechtsstreits und die
psychische Belastung hält Patienten den Beratern zufolge aber oft davon ab,
ihre Rechte einzufordern.
Patienten hätten oft das „Gefühl, nicht zu bekommen, was ihnen zusteht“,
erklärte UPD-Geschäftsführer Sebastian Schmidt-Kaehler. „Sie fühlen sich
allein gelassen, betrogen und viele haben Angst.“ Der Verbraucherzentrale
Bundesverband (vzbv) brachte erneut einen Härtefallfonds für Opfer von
Behandlungsfehlern ins Gespräch.
## Einsicht in die Krankenakte verwehrt
Laumann forderte, „Missstände unverzüglich abzustellen“. Dies betreffe
nicht nur das Krankengeld. Die Kassen müssten die Patienten auch „besser,
umfassender und manchmal auch früher“ über Leistungsansprüche aufklären.
Sie dürften in keiner Weise „unzulässig Druck auf die Versicherten
ausüben“. Zudem werde immer noch zu vielen Patienten die Einsicht in ihre
Krankenakte verwehrt, obwohl dies im Patientenrechtegesetz klar geregelt
sei.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verwies
darauf, dass es in 80 Prozent der Beratungsgespräche zum Thema Krankengeld
keinen Hinweis auf eine Problemlage gebe. Die von der UPD dokumentierten
1355 problematischen Fälle seien aber „Anstoß, noch bestehende Schwächen zu
identifizieren und zu beheben“, erklärte GKV-Vorstand Gernot Kiefer.
Die UPD hilft Patienten in 21 Beratungsstellen sowie am Telefon weiter. Sie
wird aus Beiträgen der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert.
1 Jul 2014
## TAGS
Krankenkassen
Beratung
Krankenversicherung
Krankenkassen
Datenschutz
Patientenrechte
Kassenärztliche Bundesvereinigung
Hermann Gröhe
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