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# taz.de -- G8/G9-Volksbegehren in Bayern: Die CSU muss nachsitzen
> Die bayerischen Wähler können bis zum 16. Juli für die Wahlfreiheit am
> Gymnasium unterschreiben. SPD, Grüne und viele Verbände sind dagegen.
Bild: Das Volksbegehren in Zeiten der Cholera: Auch die Freien Wähler sind sic…
MÜNCHEN taz | Seit zehn Jahren gibt es das achtjährige Gymnasium (G8) in
Bayern, doch die Jubiläumsfeiern bleiben aus. Fast 80 Prozent der Eltern,
die Kinder im Gymnasium haben, lehnen das G8 ab. Zu dem Schluss kommt eine
repräsentative Umfrage mit 1.002 Befragten, die der Bayerische
Philologenverband in Auftrag gegeben hat.
„Zeit, um Kind zu sein, gibt es kaum mehr“, sagt Martin Löwe vom
Bayerischen Elternverband. Jetzt haben es die Bayern selbst in der Hand. Am
Donnerstag startete das Volksbegehren der Freien Wähler (FW) zum G8. Bis
zum 16. Juli liegen die Eintragungslisten in den Rathäusern aus.
Ziel der FW ist eine völlige Wahlfreiheit zwischen G8 und G9. Nach der
vierten Klasse müssten sich die Eltern zwar zunächst entscheiden. Ist ein
G9-Kind aber doch schneller als gedacht, könnte es auch wechseln.
Allerdings müsste es dann vielleicht auf eine andere Schule gehen, da die
Gymnasien nicht verpflichtet wären, beide Varianten anzubieten. Ein Modell,
das in Baden-Württemberg und Hessen wunderbar funktioniere, sagt Michael
Piazolo, Generalsekretär der FW.
Eine breite Front in Bayern sieht das anders. Laut der Umfrage des
Philologenverbands befürworten nur 17,8 Prozent der Befragten das Konzept
der FW, 38 Prozent wollen zum G9 zurück – aber mit der Möglichkeit für
besonders gute Schüler, ein Jahr einzusparen. Eine solche Reform hat der
Philologenverband vorgeschlagen.
## Die SPD hält das Konzept für „nicht umsetzbar“
Auch SPD und Grüne sind generell offen für Mischformen, lehnen den
Vorschlag der FW aber ab. Die Grünen wollen lieber eine flexible Oberstufe.
Von der SPD heißt es, das Konzept sei „nicht umsetzbar“. Gymnasien auf dem
Land seien organisatorisch gar nicht in der Lage, G8 und G9 anzubieten. Um
die 20 Prozent der Schüler würde die Wahlfreiheit vorenthalten, heißt es
aus dem Kultusministerium.
Es ist aber noch ein langer Weg, bis der Vorschlag wirklich zum Gesetz
werden könnte. Insgesamt müssen sich fast eine Million Bayern eintragen,
damit das Volksbegehren erfolgreich ist. Das sei „eine hohe Hürde“, sagt
Piazolo, gibt sich aber zuversichtlich. Doch selbst wenn sich genügend
eintragen, kommt es erst mal zu einem Volksentscheid, bei dem auch andere
Gesetzentwürfe als Alternativen vorgelegt werden können. Auch damit kann
Piazolo gut leben. „Es geht uns darum, die Debatte über eine Reform am
Laufen zu halten“, sagt er
Für diesen Satz bekommt er auch von den Kritikern des Volksbegehrens
Beifall. Zwar sprechen sich SPD und der Philologenverband dafür aus, zuerst
das G9 als Grundlage festzulegen, trotzdem sind auch sie der Meinung:
wichtig sei, wie und was im Gymnasium gelehrt wird, ob nun in acht oder in
neun Jahren.
## Der Lehrerinnenverband ist für das Volksbegehren
Das ist auch der Grund, warum der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband
(BLLV) das Volksbegehren als fast Einziger unterstützt. „Nur wenn das
Volksbegehren erfolgreich ist, kann eine breite Diskussion über die Zukunft
des Gymnasiums entstehen“, sagt BLLV-Präsident Klaus Wenzel.
Gerade laufen Gespräche mit allen Beteiligten im Kultusministerium. In den
nächsten Jahren werden die Lehrpläne für das Gymnasium neu verhandelt. Als
BLLV-Präsident Wenzel Ministerpräsident Horst Seehofer seine Konzepte
vorstellte, denen auch Grüne und SPD weitestgehend zustimmen, sei der ganz
angetan gewesen. Der BLLV will die Lehrpläne von fachspezifischem Wissen
befreien, Themen sollen nicht mehrmals in verschiedenen Fächern auftauchen,
sondern als Projekte ganzheitlich behandelt werden.
Mehrmals hatte Seehofer in letzter Zeit angekündigt, die Debatte
voranzutreiben. Allerdings hat Kultusminister Ludwig Spaenle als Einziger
noch kein Konzept vorgelegt. Erst Ende Juli will er erste Eckpunkte
vorstellen. Ob die Vorschläge der Opposition und des BLLV darin auftauchen
werden, ist allerdings fraglich. „Es bräuchte Tausende neue Lehrerstellen“,
sagt Wenzel. Aus dem Ministerium heißt es ausweichend, diese Diskussion sei
„verfrüht“.
3 Jul 2014
## AUTOREN
Lisa Schnell
## TAGS
Gymnasium
Volksbegehren
Bayern
Freie Wähler
Freistaat Bayern
Turbo-Abi
Schule
Abitur
G9
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