# taz.de -- Krise der Warenhauskette: Karstadt-Trauerspiel geht weiter | |
> Jedes vierte Warenhaus steht auf der Kippe, sagt der Aufsichtsratschef. | |
> Verdi ist stinksauer auf Eigentümer Nicolas Berggruen. | |
Bild: Schöner kriseln bei Karstadt. | |
KÖLN taz | Die Krise bei Karstadt spitzt sich zu. Jeder vierten der derzeit | |
noch 83 Filialen der Warenhauskette droht das Aus. „Es wird schmerzhafte | |
Einschnitte geben müssen, um dem gesunden Kern eine Zukunft zu geben“, | |
kündigte Aufsichtsratschef Stephan Fanderl an. Die | |
Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di fordert Investitionen von Eigentümer | |
Nicolas Berggruen. Doch die dürfte es nicht geben. | |
Das Unternehmen mache „sich seit einiger Zeit berechtigte Sorgen um die | |
Profitabilität von mehr als 20 Häusern“, sagte Fanderl der FAZ. Es gebe | |
zwar noch keine konkreten Schließungspläne. Das Management arbeite jedoch | |
„mit Hochdruck“ an einem Sanierungskonzept. | |
Die rund 17.000 Beschäftigten sind durch die Ankündigungen Fanderls | |
verunsichert. „Die Beschäftigten haben Karstadt großgemacht, sie haben in | |
den letzten zehn Jahren enorme Opfer gebracht, um ihren Beitrag für die | |
Zukunft Karstadts und lebendige Innenstädte zu leisten“, sagt der | |
Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Karstadt, Hellmut Patzelt. Ziel bei den | |
anstehenden Verhandlungen werde es sein, die Arbeitsplätze zu sichern. | |
Der Leiter der Karstadt-Unternehmenskommunikation, Stefan Hartwig, wollte | |
bis Redaktionsschluss keine Stellung zu den Ankündigungen des | |
Aufsichtsratschefs beziehen. Möglicherweise ist auch sein Job in Gefahr. | |
Denn Fanderl sagt auch für die Essener Hauptverwaltung „harte Einschnitte“ | |
voraus. | |
## Chefin ging nach 133 Tagen | |
In der vergangenen Woche hatte Karstadt-Geschäftsführerin Eva-Lotta | |
Sjöstedt nach nur 133 Tagen im Amt frustriert hingeschmissen. Die von Ikea | |
gekommene Managerin erklärte, weil die von Berggruen zugesagte | |
Unterstützung ausgeblieben sei, müsse sie „feststellen, dass die | |
Voraussetzungen für den von mir angestrebten Weg nicht mehr gegeben sind“. | |
Ihr Abgang befeuerte Spekulationen, dass Karstadt verkauft werden soll. | |
Meldungen zufolge hat Eigentümer Berggruen bereits mit der österreichischen | |
Finanzgruppe Signa des Unternehmers René Benko verhandelt. Der hält bereits | |
eine 75,1-Prozent- Mehrheit an den Luxushäusern und den Sportgeschäften von | |
Karstadt. Doch Benko ist an dem Rest der Warenhauskette zumindest derzeit | |
offenbar nicht interessiert. | |
Ver.di fordert ein ordentliches Konzept, das die Zukunft Karstadts sichert. | |
Die Beschäftigten hätten in den letzten zehn Jahren auf rund 700 Millionen | |
Euro Löhne und Gehälter verzichtet, sagte das für Handel zuständige | |
Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. | |
2013 stieg der Konzern aus der Tarifbindung für den Einzelhandel aus. „Wir | |
sind bereits seit der Tarifflucht im Mai 2013 in zahlreichen Verhandlungen | |
mit der Geschäftsführung, ohne dass die Arbeitgeberseite je ein konkretes | |
Konzept für die Zukunft vorgelegt hat“, sagt Nutzenberger. „Auch jetzt | |
präsentiert die Arbeitgeberseite dazu keine Pläne, nur ein | |
Kosteneinsparungsprogramm.“ Erforderlich seien „dringend Investitionen in | |
die Häuser durch den Eigentümer“. Aber damit ist nicht zu rechnen. „Von | |
einem rationalen Finanzinvestor finanzielle Unterstützung zu erwarten, wenn | |
man ihm nicht zeigen kann, ob und wie sich diese rentiert, ist müßig und in | |
der Regel erfolglos“, sagte Aufsichtsratschef Fanderl. | |
Berggruen hatte Karstadt 2010 für den symbolischen Preis von einem Euro aus | |
der Insolvenz heraus übernommen. Eigenes Geld hat der deutsch-amerikanische | |
Milliardär seitdem so gut wie keins in die Handelskette gesteckt. Aber | |
dafür kräftig kassiert: Zwischen neun und zwölf Millionen muss Karstadt an | |
Nutzungsgebühren für die Markenrechte an ihn abführen. | |
15 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
Anja Krüger | |
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Thomas Middelhoff | |
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