# taz.de -- Reaktionen auf Eskalation in Nahost: Stellvertreterkrieg mit Worten | |
> Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern wird auch in Berlin | |
> ausgetragen: zum Glück meist friedlich, allerdings mit Parolen teilweise | |
> an der Grenze zur Straftat. | |
Bild: Palästinenser und Sympathisanten bei einer Demo in Berlin gegen die Angr… | |
Eine Mauer trennt Israel von Palästina. In Berlin ist es an diesem | |
Donnerstagabend ein Zaun, der eine proisraelische Kundgebung auf dem | |
Joachimstaler Platz vor Gegendemonstranten schützen soll. Anders als im | |
Nahen Osten sterben in Charlottenburg keine Menschen, und doch sind einmal | |
mehr Hunderte emotional Verletzte zu beklagen. Wüste Beschimpfungen, | |
Gebrüll, Drohgebärden – über den Zaun fliegen verbale Raketen. | |
Am Donnerstag haben etwa 350 Menschen bei der von mehreren jüdischen | |
Gruppen organisierten Kundgebung ihre Solidarität mit Israel gezeigt. Weil | |
gleichzeitig eine nicht angemeldete Demonstration mit rund 250 vorwiegend | |
jungen Palästina-Sympathisanten Richtung Platz marschierte, sicherte die | |
Polizei die Kreuzung mit einem Großaufgebot ab. | |
Berlins Straßen sind – wieder einmal – ein Brennspiegel des wieder | |
zugespitzten Nahostkonflikts: Am vergangenen Wochenende hatten | |
palästinensische Demonstranten versucht, die Fanmeile auf der Straße des | |
17. Juni zu stürmen, am Dienstag war eine propalästinensische Demonstration | |
durch Kreuzberg gezogen. Auch am Donnerstag versuchen sie, der | |
proisraelischen Kundgebung und deren Zetern gegen die Hamas ihre Wut über | |
das militärische Vorgehen Israels entgegenzusetzen. Ein Stellvertreterkrieg | |
mit Worten. | |
„Wenn in Nahost geschossen wird, schwappt das hier rüber“, sagt Eliott. Der | |
22-Jährige steht diesseits des Zauns, er trägt eine Israelflagge um den | |
Hals. Ihn ärgere es, dass seine Freunde auf Facebook so negativ über Israel | |
reden würden. Deswegen gehe er auf die Straße, um Flagge zu zeigen. Er | |
demonstriert gegen die Hamas und für einen wehrhaften israelischen Staat. | |
Etwa 50 Meter weiter, jenseits des Zauns, skandieren andere: „Tod Israel“ | |
und: „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein“. Levi | |
Salomon vom Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus fordert | |
deshalb ein strikteres Eingreifen von Staat und Zivilgesellschaft. Er | |
vermutet, dass es in Berlin bei den Unterstützern Palästinas viele radikale | |
Orientierungen gibt. | |
„Das sind Einzelgänger, die unsere Ansichten nicht vertreten“, sagt | |
hingegen Ali Maarouf, Generalsekretär der palästinensischen Gemeinde in | |
Berlin. Er verspricht, dass man darauf aufpassen werde, dass bei von der | |
Gemeinde mitorganisierten Protestaktionen – etwa am gestrigen Freitagabend | |
– keine Hetze stattfinde. Er weist aber darauf hin, dass viele Demos nicht | |
von palästinensische Gruppen, sondern durch andere lose organisierte | |
Initiativen über soziale Netzwerke organisiert werden. | |
Genau das scheint der Berliner Polizei Probleme zu bereiten. Beim | |
versuchten Sturm der Fanmeile sei man von Richtung und Größe des Aufzugs | |
überrascht gewesen, gesteht Polizeisprecher Stefan Redlich. Nicht äußern | |
wollte er sich zur Frage, ob die Polizei den Schutz jüdischer Einrichtungen | |
in Berlin angesichts der Offensive im Gazastreifen verstärke. Fest steht | |
nur: Der Konflikt in Nahost wird die hiesige Polizei weiterbeschäftigen. | |
Auch am Donnerstagabend dauert der Streit lange: Nach dem Ende der | |
proisraelischen Kundgebung stehen Gruppen auf beiden Seiten des Zauns und | |
führen die Wortgefechte fort. Erst auf Drängen der Polizei endet die | |
Auseinandersetzung. | |
Minuten später ist der Zaun abgebaut. Ein propalästinensischer Teenager | |
fragt ein Mädchen von der anderen Seite nach ihrer Handynummer. Er bekommt | |
aber nur ein verlegenes Lächeln. Immerhin: Es ist noch das versöhnlichste | |
Zeichen an diesem Abend. | |
## Der Tag SEITE 5 | |
18 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Matthias Bolsinger | |
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