# taz.de -- Diskussion um Betreuungsgeld: Gerangel um die Kinder | |
> Das Betreuungsgeld ist heftig umstritten: Die Grünen halten es für | |
> „Unsinn“ und auch Teile der SPD fordern die sofortige Abschaffung. | |
Bild: Das Betreuungsgeld wird durch die Mangel gedreht. | |
BERLIN dpa | Um das von Anfang an umstrittene Betreuungsgeld ist ein Jahr | |
nach seiner Einführung ein neuer heftiger Streit entbrannt. Die Grünen | |
fordern die möglichst schnelle Abschaffung dieser Leistung für Eltern, die | |
ihr Kleinkind nicht in eine Kita geben oder von einer Tagesmutter betreuen | |
lassen. | |
Aus den Reihen der SPD, die das noch von der alten schwarz-gelben Koalition | |
eingeführte Betreuungsgeld immer abgelehnt hat, wird dafür Sympathie | |
gezeigt. Die CSU weist die Kritik strikt zurück. | |
Auslöser sind die am Sonntag veröffentlichten Ergebnisse einer | |
Untersuchung, nach denen das Betreuungsgeld viele Migrantenfamilien und | |
Eltern mit geringer Bildung offensichtlich davon abhält, ihre Kleinkinder | |
in eine Kita zu schicken. | |
Für die Studie hatten das Deutsche Jugendinstitut und die Universität | |
Dortmund mehr als 100 000 Eltern mit Kindern unter drei Jahren befragt. In | |
ihr heißt es, das Betreuungsgeld stelle besonders für sozial benachteiligte | |
Familien einen Anreiz dar, kein staatliches Angebot frühkindlicher Bildung, | |
Betreuung und Erziehung zu nutzen. | |
## Falsche Anreize | |
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, sagte | |
dazu dem Kölner Stadt-Anzeiger: „Das Betreuungsgeld ist absoluter Unsinn.“ | |
Es setze falsche Anreize und verhindere die frühkindliche Förderung. | |
Es zeige sich nun erneut, dass die Union „Familienpolitik ohne Sinn, ohne | |
Verstand, nur mit Blick auf das eigene Klientel“ mache. „Die | |
Bundesregierung muss das Betreuungsgeld unverzüglich abschaffen und das | |
Geld stattdessen sinnvoll in ausreichend gute Kita-Plätze investieren.“ | |
Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter appellierte an Familienministerin | |
Manuela Schwesig (SPD): „Frau Schwesig sollte eine Initiative zur | |
Abschaffung des Betreuungsgeldes starten.“ Der Passauer Neuen Presse sagte | |
Peter außerdem: „Die Mittel müssen anders eingesetzt werden, und zwar für | |
mehr Qualität in den Kitas.“ | |
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Carola Reimann zeigte sich in | |
der Passauer Neuen Presse offen für die Grünen-Forderung: „Wir sind sofort | |
bereit, das Betreuungsgeld wieder abzuschaffen.“ Die Studie bestätige voll | |
die Befürchtungen bei der Einführung der Leistung: „Das Betreuungsgeld | |
führt dazu, dass Kindern Entwicklungschancen vorenthalten werden.“ | |
## Nachfrage zeigt Erfolg | |
Auch der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel ging in | |
den Zeitungen der Funke-Mediengruppe auf Distanz: „Die SPD steht für eine | |
andere, modernere Familienpolitik.“ | |
Die bayerische CSU, auf deren Druck das Betreuungsgeld im vergangenen Jahr | |
eingeführt worden war, wies die Kritik vehement zurück: „Das Betreuungsgeld | |
ist das Gegenstück zum Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für unter | |
Dreijährige“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt der Passauer | |
Neuen Presse. | |
„Der Staat darf nicht ein Erziehungsmodell bevorzugen.“ Die CSU gehe von | |
einem eigenverantwortlichen Elternbild aus. „Die Eltern wissen am besten, | |
was gut für ihr Kind ist: Privat vor Staat und nicht andersherum.“ Die | |
große Nachfrage zeige, dass das Betreuungsgeld „der richtige Weg“ sei. | |
Das vom 15. Lebensmonat bis zum dritten Lebensjahr gezahlte Betreuungsgeld | |
beträgt derzeit monatlich 100 Euro. Am 1. August dieses Jahres wird es auf | |
150 Euro erhöht. Im ersten Quartal 2014 bezogen nach Angaben des | |
Statistischen Bundesamtes 145 769 Eltern Betreuungsgeld. Am häufigsten | |
wurde es in Bayern nachgefragt. Allein dort gab es zu diesem Zeitpunkt 33 | |
500 Bezieher. | |
28 Jul 2014 | |
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