# taz.de -- Ebola in Westafrika: Von der Seuche zur sozialen Krise | |
> Die Zahl der Todesopfer steigt auf fast 900. Die wirtschaftlichen und | |
> sozialen Folgen sind dramatisch. In Sierra Leone rückt die Armee aus. | |
Bild: Willkommen in Lagos: Einreisekontrolle am Flughafen. | |
BERLIN taz | Die Zahl der Ebola-Opfer in Westafrika steigt immer schneller. | |
Wie die Weltgesundheitsorganisation WHO am Montagabend mitteilte, wurden | |
allein am 31. Juli und 1. August 61 weitere Tote in Guinea, Liberia und | |
Sierra Leone verzeichnet. Die Gesamtzahl der Todesopfer habe damit am | |
Freitagabend 887 erreicht, die Gesamtzahl der Erkrankungen 1.603. | |
Angesichts der Lage stellte die Weltbank am Montag den drei betroffenen | |
Ländern insgesamt 200 Millionen Dollar Nothilfe zur Verfügung. Das Geld | |
soll den Kauf medizinischer Güter, die Bezahlung medizinischen Personals | |
und andere Gesundheitsangaben finanzieren und auch dazu beitragen, | |
Wirtschaftsprobleme aufgrund der Epidemie zu lindern, hieß es. | |
Die Weltbank prognostiziert aufgrund von Ebola sinkende Wachstumsraten in | |
der Region. „Die Landwirtschaft ist auch in allen drei Ländern betroffen, | |
weil Landarbeiter in den betroffenen Gebieten geflohen sind“, so die | |
Weltbank in ihrer Erklärung. „Der grenzüberschreitende Handel hat sich | |
stark verlangsamt wegen der Schließung von Grenzübergängen und neuerdings | |
Flugstopps.“ Da viele Ausländer jetzt die drei Länder meiden, lägen | |
zahlreiche Wirtschaftsprojekte auf Eis, insbesondere im Bergbau. | |
„Der Mangel an Ressourcen und ausgebildetem Personal in den betroffenen | |
Ländern macht es fast unmöglich, die Seuche zu bewältigen“, berichtet | |
Tolbert Thomas Jallah, der liberianische Generalsekretär des | |
Westafrikanischen Kirchenrats (FEECIWA) in einer Stellungnahme, die der taz | |
vorliegt. „Schwangere Frauen oder Unfallopfer haben Probleme, weil | |
Gesundheitszentren schließen. Kleinbauern können keine Lebensmittel mehr | |
auf die Märkte in Monrovia, Freetown und Conakry bringen. Die | |
Supermarktregale werden leer. Der Regen ist sehr heftig in den drei | |
Städten.“ | |
In einer Antwort schreibt ein liberianischer Pfarrer, er habe sich während | |
der Bürgerkriege nie so verängstigt gefühlt wie heute. | |
## „Die Regierung soll die Leichen abholen“ | |
Am Sonntag kündigte Liberias Regierung an, mit der Masseneinäscherung von | |
Ebola-Toten zu beginnen – 255 gab es in dem Land bisher laut WHO. Zuvor | |
hatte es mehrfach Proteste in Monrovia gegen versuchte Erdbestattungen | |
gegeben, da Anwohner Ansteckung und Kontaminierung der Böden fürchteten. Am | |
Montag gab es weitere Demonstrationen und Straßenblockaden wütender | |
Hauptstadtbewohner, die den schnellen Abtransport von Ebola-Toten | |
forderten. | |
„Kein Auto kommt hier durch, bevor die Regierung nicht die Toten | |
eingesammelt hat, die seit Tagen in den Häusern liegen“, sagte ein | |
56-jähriger Demonstrant im Stadtteil Douala gegenüber AFP. „Vier Menschen | |
sind hier gestorben, aber niemand setzt sie bei, weil die Regierung gesagt | |
hat, man darf die Leichen nicht berühren.“ Die Notfallnummer des | |
Gesundheitsministeriums funktioniere nicht. | |
In Sierra Leone erklärte die Regierung den Montag zum Feiertag, um gegen | |
Ebola zu kämpfen. Alle Geschäfte und Märkte in der Hauptstadt Freetown | |
blieben geschlossen, auf den Straßen fuhren nur Autos des | |
Gesundheitsministeriums und der Sicherheitskräfte. Die sierra-leonische | |
Armee schickte in einer „Operation Octopus“ Hunderte Soldaten in den Osten | |
des Landes, wo Ebola am stärksten wütet. | |
Die ewa 750 Soldaten sollen ihr Hauptquartier in der Stadt Bo aufschlagen | |
und von da aus strikte Quarantänemaßnahmen durchsetzen, so die Regierung. | |
Nur Gesundheitspersonal sowie Lebensmittellieferungen werden in die | |
betroffenen Gebiete durchgelassen werden. Ähnliche Maßnahmen beginnen jetzt | |
auch im Distrikt Lofa im benachbarten Liberia. | |
5 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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