Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Vom Nachteil des ewigen Jetsettens
> Im Sommer hat besonders der Kosmopolit und Weltenbummler für die
> fachgerechte Lagerung seiner heimischen Kaltgetränke zu sorgen.
Bild: Wahrheit-Autor Mark-Stefan Tietze (zwölfter Passagier von rechts außen)…
O Mann! Ich kam mir so clever vor, als ich die abends zuvor erst
angebrochene 1,25-Liter-Flasche Cola Zero, kurz bevor ich das Haus in
Richtung Wochenende verließ, aus der Kühlschranktür zog und in meinen
Rucksack gleiten ließ. Während ich mir vor lauter Bewunderung gedanklich
auf die Schultern klopfte, dachte ich wohl: Hey, Alter, da sparst du glatt
zwei oder drei Euro, wenn du dir gleich am Bahnhof, der ja nicht gerade ein
Paradies für preisbewusste Verbraucher ist, keine grotesk überteuerte
Flasche mit irgendeinem abscheulichen Kaltgetränk kaufen musst, hinterher
womöglich sogar Pepsi light oder Bizzl Apfelschorle, weil die das da
schlicht nicht draufhaben mit dem Getränkehandel.
Das ersparst du dir einfach alles, muss ich zu mir selbst gedacht haben,
weil du so klug und vorausschauend gewesen bist, dir von vorneherein ein
eiskaltes Getränk mit in den Zug zu nehmen, überdies auch noch in
Maxigröße, denn mindestens ein Liter Flüssigkeit ist das, was du Glückspilz
nun, bevor die Kohlensäurebläschen übers Wochenende ohnehin sinnlos in den
Kühlschrank diffundieren würden, jederzeit verzehrbereit in deinem Gepäck
mitführst. So dass es also nicht nur zwei oder drei Euro wären, die du in
den kommenden Tagen anderweitig viel besser investieren wirst können, in
große Gläser mit goldenem Bier zum Beispiel, sondern gleich vier bis sechs
Euro!
Als ich drei Tage später, am Montag nach dem rauschenden Wochenende, wieder
zu Hause aufschlug und die unterwegs getätigten Einkäufe ohne Verzug im
Kühlschrank verstauen wollte, erschien mir das schon merkwürdig, dass ich
so wenig Mühe hatte, das Gerät zu öffnen. Dass mir die Kühlschranktür trotz
ihrer fest schließenden Gummidichtung überhaupt keinen Widerstand
entgegensetzte. Und dann: Alles klar … das Mineralwasser, nach dem ich
griff, war gar nicht richtig kalt … die Butter, auf deren Folie ich mutlos
herumdrückte, viel zu weich … auf der Glasplatte über dem Gemüsefach hatten
sich Wasserlachen gesammelt … das Pappetikett der Tortellini löste sich
bereits auf …Und dann: O Mann … das Leberwurstdöschen war voller grüner
Schimmelpilze und -pelze, die Milchtüte bis obenhin mit sauren Brocken
gefüllt, der Serranoschinken in seinem Zellofan zu einer gräulichen Matsche
verwest und die innere Rückwand des gesamten Aggregats mit einer dicken
Firnschneeschicht bedeckt, auf der man noch wochenlang würde snowboarden
können. Und herrje, falls ich nun auf meine alten Tage doch keine Lust mehr
haben sollte, den Lord of the Boards zu spielen – was für eine verkackte
Arbeit kam jetzt auf mich zu! Es würde Tage dauern, den Kühlschrank
abzutauen.
Jedes einzelne Lebensmittel in jedem einzelnen Behältnis würde mühsam auf
seine Verzehrbarkeit zu testen sein, wollte ich nicht alles in einem
Schwung dem Mülleimer überantworten. Weshalb meine klare Botschaft an die
Welt wäre: Leute, achtet beim Verlassen des Hauses immer schön darauf, dass
eure Kühlschranktür richtig geschlossen ist. Besonders jetzt im Sommer,
okay?
12 Aug 2014
## AUTOREN
Mark-Stefan Tietze
## TAGS
Kühlschrank
Sommer
Deutsche Bahn
Marktwirtschaft
Kinder
Sigmar Gabriel
Rüstungsindustrie
Spionage
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Hass am Zug
Die Bahn kitzelt die Menschlichkeit in uns Fahrgästen heraus. Denn von
diesem schockgefrosteten Konzern sollten wir nichts erwarten.
Die Wahrheit: Matratzenhorchdienst nach Vorschrift
Es gibt sie noch, die Helden der freien Wirtschaft: Im Kampf gegen die
rabiate Matratzenmafia leistet das Bundeskartellamt Übermenschliches.
Die Wahrheit: Rettet diese Seelen
Falls weiter nur jedes vierte Gör ein Smartphone hat, werden die seelischen
Verwundungen zunehmen. Deshalb ein Appell: Schicker Mobilfunk für alle
Kleinen!
Die Wahrheit: Im Rotweintank
Bei den Sozialdemokraten ist der Aufruhr groß: Welchem Genossen gelingt der
nächste richtig geile Skandal?
Die Wahrheit: Verkrampfte, intolerante Nation
In unserem Verhältnis zur Rüstungsindustrie brauchen wir endlich neue
Maßstäbe.
Die Wahrheit: Der kleine Maulwurf
Die Ausweisung des US-Oberspions ist kontraproduktiv bei jeder Art von
Aufklärung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.