| # taz.de -- Die Wahrheit: Der kleine Maulwurf | |
| > Die Ausweisung des US-Oberspions ist kontraproduktiv bei jeder Art von | |
| > Aufklärung. | |
| Seit Oberstufenzeiten wissen wir: Aufklärung ist der Notausgang des | |
| Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit – gut zu wissen, wo | |
| der rettende Fluchtweg liegt, wenn da oben mal ein Feuerchen ausbricht. | |
| Aufklärung kann andererseits aber auch ein knallhartes und gefährliches | |
| Geschäft sein, wenn der Mensch sie im Ausland betreibt. Dort wird nämlich | |
| all das, was bei uns daheim Auslandsaufklärung heißt, plötzlich als | |
| Spionage diffamiert, was natürlich Quatsch mit Soße ist, denn bei Spionage | |
| handelt es sich ja um die finsteren Machenschaften ausländischer Mächte. | |
| Interessanterweise überlässt man solche Schurkereien jedoch nicht | |
| ausgebildeten Superschurken mit Nahkampfausbildung und Röntgenblick, | |
| sondern Maulwürfen. Also kleinen, putzigen und nahezu blinden Tieren, die | |
| sich in ihrer Freizeit mit Gartenarbeit beschäftigen und dabei | |
| hauptsächlich unsere Rasenflächen „unterwandern“. Ein solcher Maulwurf so… | |
| nun vor Kurzem dabei ertappt worden sein, wie er sein Schnüffelnäschen aus | |
| dem Hügel steckte und Ware aus dem Fundus des Bundesnachrichtendienstes | |
| verkaufen wollte, einem heißen Infokanal aus Berlin, den man sich | |
| wahrscheinlich wie Tagesschau24 vorstellen muss, bloß in geheim. | |
| Das ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen bedeutet es, dass es | |
| – anders als in den Journalismuslehrbüchern steht – sehr wohl einen Markt | |
| für Nachrichten von gestern gibt. Auf diesem kauften Kunden von einer | |
| US-„Intelligenz“-Agentur offenbar über Jahre hinweg für teuer Geld | |
| irgendwelche Untersuchungs- und Ausschussware ein, als hätten sie zu Hause | |
| nicht genügend eigene Nachrichten, frische von heute zudem. Wahre | |
| Intelligenz sieht eventuell anders aus, meine Herren! | |
| Zum anderen aber wirft der Vorfall ein erschreckendes Licht auf die Usancen | |
| des Bundesnachrichtendienstes. Der kleine Maulwurf flog nämlich auf, als er | |
| dieselben Nachrichten von gestern per E-Mail erneut verkaufen wollte, nur | |
| diesmal an die Russen, vermutlich weil die teilweise noch von vorgestern | |
| sind. In letzter Konsequenz bedeutet das also, dass der Dienst keine | |
| Skrupel hat, seine eigenen Mitarbeiter auszuspionieren und sogar ihre | |
| privaten E-Mails mitzulesen! | |
| Statt diesen und weitere Skandale um immer neue Spione gehörig anzuprangern | |
| und die Missstände in Windeseile von einem Untersuchungsausschuss beheben | |
| zu lassen, hat sich unsere Regierung dazu entschlossen, irgendeinen | |
| amerikanischen Oberspion aus unserem Land auszuweisen. Das ist natürlich | |
| alles andere als klug. | |
| Wenn man besagten Herrn in Geheimdienstkreisen doch bereits als Oberspion | |
| enttarnt hat, dann muss man ihn eben jeden Tag auf seinem Nachhauseweg | |
| verfolgen, bis man weiß, wo er wohnt. Anderntags, wenn er auf der Arbeit | |
| ist, verwanzt man gründlich sein Heim. Und anschließend kann man ihn mit | |
| irgendeinem pikanten Detail aus seinem Privatleben so lange erpressen, bis | |
| er als Doppelspion für unsere Seite arbeitet. | |
| Müssen wir einfachen Leute von der Straße den Diensten denn erst erklären, | |
| wie Aufklärung geht? MARK-STEFAN TIETZE | |
| 15 Jul 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Mark-Stefan Tietze | |
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