| # taz.de -- Grüne und Frankfurter Flughafen: Macht statt Widerstand | |
| > Die Gegner des Flughafenausbaus in Frankfurt am Main sind empört, dass | |
| > die Grünen den Ausbau mittragen. Aber diese sehen wenig | |
| > Einflussmöglichkeiten. | |
| Bild: Noch ist es nur eine Computergrafik: erster Bauabschnitt des Terminals 3 … | |
| FRANKFURT/M. taz | Wieder einmal scheinen die Frankfurter Grünen ihren | |
| Kollegen aus dem Landtag einen Schritt voraus zu sein. Während Hessens | |
| Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir noch von einer erneuten „Überprüfung“ | |
| spricht, haben seine Parteigenossen aus der Mainmetropole am Dienstag den | |
| Bau des umstrittenen dritten Terminals am Frankfurter Flughafen genehmigt. | |
| Dort starten und landen derzeit jährlich 58 Millionen Passagiere. Weil | |
| Flughafenbetreiber Fraport mit einem „nachhaltigen Wachstum“ an | |
| Deutschlands größtem Airport rechnet, stoße der Airport in wenigen Jahren | |
| an seine Kapazitätsgrenze. Mit dem nun genehmigten ersten Abschnitt des | |
| neuen Terminals können 14 Millionen Passagiere mehr abgefertigt werden. | |
| Kosten: 2,5 Milliarden Euro. | |
| Das vom grünen Bürgermeister Olaf Cunitz geführte Frankfurter Baudezernat | |
| erteilte dafür nach erfolgreicher Prüfung nun die Baugenehmigung. Fraport | |
| könne „theoretisch morgen“ damit beginnen, den Terminal zu errichten, sagte | |
| Cunitz’ Büroleiter Wulfila Walter am Dienstag. Einen Tag später waren zwar | |
| noch keine Bagger in Sicht, dafür aber gab es jede Menge Ärger. | |
| „Von diesem Ausbau profitiert nur die Flugwirtschaft – auf Kosten von | |
| Mensch und Natur“, kritisiert Dietrich Elsner, Sprecher des Bündnisses der | |
| Bürgerinitiativen (BBI), das seit drei Jahren Montagsdemos gegen Fluglärm | |
| organisiert. Vor allem die Grünen stehen im Fadenkreuz der | |
| Flughafenkritiker: „Die Partei bricht jetzt ihr letztes Versprechen“, sagt | |
| Elsner. „Für ihre Machtbeteiligung haben die Grünen den Widerstand gegen | |
| den Flughafenausbau geopfert.“ | |
| ## Intimfeind der Flughafenkritiker | |
| Diese Enttäuschung erklärt sich aus der Rolle der Grünen im langen Kampf | |
| gegen ebendiesen Flughafenausbau. Einst gehörten die Proteste gegen den Bau | |
| der Startbahn West aus den 1980er Jahren zum Selbstverständnis der Partei. | |
| Seit die neue Landebahn Nordwest im Herbst 2011 fertiggestellt wurde, wird | |
| wieder demonstriert. Allerdings ohne die Grünen, die seit Anfang dieses | |
| Jahres in der neuen Landesregierung sitzen – gemeinsam mit der CDU, die den | |
| Flughafenausbau befürwortet. | |
| Die Frankfurter Grünen waren der Landes-Partei auch in diesem Punkt voraus: | |
| Seit 2006 regieren sie dort gemeinsam mit der Union. Der Preis dafür: | |
| stillhalten beim Thema Flughafen. Bei maßgeblichen Abstimmungen enthielten | |
| sich die Grünen. | |
| So ist die einstige Protestpartei inzwischen zum Intimfeind der | |
| Flughafenkritiker geworden. Also versucht sie zu beschwichtigen. Die | |
| stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Frankfurter Grünen, Ursula auf | |
| der Heide, bezeichnet den neuen Terminal als „Fehlplanung“. Und Wulfila | |
| Walter sagt, dass die Genehmigung „ein reiner Verwaltungsakt im Bereich des | |
| Baurechts“ sei. „Wir mussten so entscheiden.“ | |
| ## „Fundierte Prognosen“ | |
| Das sieht BBI-Sprecher Elsner anders. Er verweist auf ein Gutachten der | |
| Initiative „Zukunft Rhein-Main“, wonach die Genehmigung hätte versagt | |
| werden können, weil „der Transportbedarf für Personen und Material“ nicht | |
| sichergestellt sei. | |
| Und was sagen die hessischen Grünen, allen voran ihr neuer Wirtschafts- und | |
| Verkehrsminister Tarek Al-Wazir? Vor der Landtagswahl forderte er, auf den | |
| neuen Terminal zu verzichten. Nun lässt er lediglich mitteilen: „Baurecht | |
| heißt nicht Baupflicht“ – und verweist auf den schwarz-grünen | |
| Koalitionsvertrag. Dort heißt es zum Bau des Terminals, es sei aufgrund des | |
| hohen Investitionsvolumens eine erneute „Bedarfsprüfung“ erforderlich. Auf | |
| Nachfrage, wer über diesen Bedarf entscheide, sagte ein Sprecher Al-Wazirs: | |
| „Das ist letztlich eine Unternehmensentscheidung.“ | |
| An diesem Unternehmen, der Fraport AG, halten die Stadt und das Land zwar | |
| gemeinsam eine Mehrheit von 51 Prozent der Aktien. Trotzdem ist man sich | |
| dort längst sicher: „Der Ausbau ist wirtschaftlich notwendig“, sagt | |
| Sprecher Dieter Hulick. Zwar werde dies durch „fundierte Prognosen“ erneut | |
| geprüft, aber „bis spätestens 2021“ solle der neue Terminal in Betrieb | |
| genommen werden. „Für den Bau gibt es bereits einen | |
| Aufsichtsratsbeschluss.“ | |
| Hessens Grüne haben also doch von ihren Parteigenossen aus Frankfurt | |
| gelernt. Al-Wazirs „Prüfung“ wird den Bau des neuen Terminals nicht | |
| verhindern. Sie kommt letztlich einem Freifahrtschein gleich. | |
| 13 Aug 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Timo Reuter | |
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