# taz.de -- Fluglärm in Frankfurt am Main: Ein „Herzmuskel“, der krank mac… | |
> Der Frankfurter Flughafen wird weiter ausgebaut. Immer mehr Anwohner | |
> fühlen sich durch den Lärm der vielen Starts und Landungen belästigt. | |
Bild: Irgendwie hübsch anzusehen, aber auch ganz schön laut. | |
FRANKFURT/MAIN taz | Es ist schon zum Ritual geworden: Jeden Montag kommen | |
Hunderte, manchmal Tausende Menschen zum Frankfurter Flughafen, um dort | |
lautstark zu protestieren. Sie trommeln, singen und pfeifen, manchmal haben | |
sie auch einen Lautsprecher dabei, aus dem das Geräusch dröhnender | |
Flugzeuge ertönt. | |
Die Demonstranten wollen so auf die Lärmbelastung an Deutschlands größtem | |
Airport aufmerksam machen. Der Krach macht die Menschen krank, sagt der | |
74-jährige Dietrich Elsner, Sprecher der Fluglärmgegner. Deshalb wollen er | |
und seine Mitstreiter „diesen Lärm symbolisch retour bringen“. In Frankfurt | |
starten täglich mehr als 1.300 Flugzeuge, das sind knapp 500.000 im Jahr. | |
Und weil es noch mehr werden sollen, ist nun ein dritter Terminal geplant. | |
Der Flughafenbetreiber Fraport peilt bis 2025 rund 570.000 Flugbewegungen | |
pro Jahr an. Das soll die Wirtschaft ankurbeln – und 100.000 neue | |
Arbeitsplätze schaffen, wie der ehemalige hessische CDU-Ministerpräsident | |
Roland Koch schon 2007 versprach. Auf Nachfrage der taz erklärt ein | |
Sprecher des hessischen Wirtschaftsministerium, man habe Zahlen zur | |
wirtschaftlichen Bedeutung des Flughafens für das Land nur im Zusammenhang | |
mit der Planfeststellung aus dem Jahre 2007, aktuelle Daten seien nicht | |
vorhanden. | |
Im Jahr 2013 verzeichnete Fraport in Frankfurt rund 2 Milliarden Euro | |
Umsatz und rund 590 Millionen Euro Gewinn. Mit dem Arbeitsplatz-Argument | |
hatte die schwarz-gelbe Landesregierung den Flughafenausbau durchgeboxt. | |
Seither sind die Gräben zwischen Gegnern und Befürwortern der | |
Airport-Erweiterung keineswegs kleiner geworden – im Gegenteil: Viele, die | |
hier jetzt demonstrieren, leiden erst durch die im Jahr 2011 erfolgte | |
Änderung der Flugrouten, als die Nordwest-Landebahn eingeweiht wurde, unter | |
dem Fluglärm. | |
## Versuchte Besänftigung | |
Ihren Unmut hatte die CDU zu spüren bekommen, als sie 2012 die schon | |
gewonnen geglaubte Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt verlor – obwohl | |
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier damals versuchte, die | |
Unzufriedenen mit einem „Anti-Lärm-Paket“ zu besänftigen. | |
Diese Versuche dauern bis heute an, nur: Sie konnten nichts bewirken. Laut | |
dem Frankfurter Fluglärmindex etwa ist die Zahl derjenigen, die sich extrem | |
belästigt fühlen, bereits 2012 um rund 15.000 auf 95.000 angestiegen. | |
Dennoch behauptet Fraport unter Verweis auf eigene Messungen, der | |
Flughafenausbau habe zu einer „Umverteilung von Lärmlasten“ aber „nicht | |
insgesamt zu einer Lärmzunahme“ geführt. | |
Es ist auch eine Schlacht um die Deutungshoheit, die hier tobt. | |
Gebetsmühlenartig wiederholt Ministerpräsident Bouffier die Formel vom | |
Flughafen als „Herzmuskel“ der hessischen Wirtschaft. Kritiker verweisen | |
darauf, dass viele der angeblich neu geschaffenen Jobs regional bloß | |
verlagert wurden. | |
## Entfremdung von den Grünen | |
Trotzdem wird weitergebaut: Im August bekam Fraport die Genehmigung zum Bau | |
des dritten Terminals – ausgerechnet aus dem Hause des grünen Frankfurter | |
Baudezernenten. Das markierte den vorläufigen Höhepunkt der Entfremdung | |
zwischen den Ausbaugegnern und der Grünen Partei, die einst wie keine | |
andere für den Widerstand gegen die Flughafenerweiterung stand – und die | |
nun gemeinsam mit der CDU eine Koalition bildet. | |
„Für ihre Machtbeteiligung haben die Grünen den Widerstand gegen den | |
Flughafenausbau geopfert“, sagt Fluglärm-Gegner Dietrich Elsner. | |
Den Landes-Grünen sind in dieser Situation weitgehend die Hände gebunden. | |
„Einen Verzicht auf den Bau von Terminal 3 konnten wir bei einem | |
Wahlergebnis von gut 11 Prozent nicht durchsetzen“, sagt der | |
Flughafenexperte der hessischen Grünen, Frank Kaufmann. | |
11 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Timo Reuter | |
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