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# taz.de -- Teurer Lärmschutz: Hamburg soll seinen Deckel selber zahlen
> Deutschlands längster Autobahndeckel nördlich des Hamburger Elbtunnels
> ist wieder fraglich. Der Bund will nur das Nötigste zahlen.
> Anwohner-Initiative enttäuscht
Bild: 150.000 Fahrzeuge brausen pro Tag über die A 7, ein Deckel soll deren Kr…
HAMBURG taz | Nun wird es wohl doch nichts mit Deutschlands längstem
Autobahndeckel. Das geht aus einem Schreiben des Bundesverkehrsministeriums
hervor, in dem die vollständige Finanzierung des geplanten Deckels über der
Autobahn A 7 nördlich des Hamburger Elbtunnels abgelehnt wird. Es werde
lediglich dafür gesorgt, dass die betroffenen Anwohner in Hamburg „nicht
schlechter gestellt werden als die Anwohner anderer Bundesautobahnen“,
teilt der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, der
Cuxhavener CDU-Bundestagsabgeordnete Enak Ferlemann, kurz angebunden mit.
In seinem Antwortschreiben an die zehn Hamburger Bundestagsabgeordneten von
SPD und CDU, das der taz.nord vorliegt, lehnt Ferlemann jedwede Mehrkosten
für den Bund rundweg ab. Dazu bestehe „keine Veranlassung“, lässt er seine
eigenen Abgeordneten der großen Koalition abblitzen. „Schade“, zuckt
Altonas Bundestagsabgeordneter und Hamburger CDU-Landeschef Marcus Weinberg
die Schultern und gibt den Schwarzen Peter sogleich weiter: „Jetzt ist der
Hamburger SPD-Senat umso mehr in der Pflicht.“
Vor drei Monaten begann die erste Etappe des Ausbaus der A 7 zwischen dem
Elbtunnel und dem Autobahndreieck Bordesholm 85 Kilometer nördlich (siehe
Kasten). Auf sechs Spuren soll die Autobahn in Schleswig-Holstein erweitert
werden, in Hamburg auf zehn Spuren. Neue Lärmschutzwände sollen dort in
drei oder vier Abschnitten von mindestens 2,5 Kilometern Länge mit einem
1,4 Meter dicken Betondach abgedeckt werden. Darauf würden 1,2 Meter
Erdreich aufgeschüttet, auf die etwa 500 nahe gelegene Kleingärten
umgesiedelt würden. Auf deren bisherigen von der Stadt gepachteten
Gartenflächen sollen auf festem Grund fast 2.000 Häuser und Wohnungen
gebaut werden.
Das Ziel ist, Hamburg durch die Überdeckelung der Asphaltschneise, die den
Westen der Stadt auf 15 Kilometer Länge zerschneidet, wieder zu vereinigen.
Neben den Kleingärten sind auch Parks, Spielplätze, Marktplätze und Radwege
vorgesehen – was der Deckel eben tragen kann. Darunter brausen weiterhin
rund 150.000 Fahrzeuge, jedes siebte ein Lkw, über die meistbefahrene
Stadtautobahn in Europa. Für 2025 sagen die Prognosen sogar 165.000
Fahrzeuge am Tag voraus. Das wäre etwa das Dreifache im Vergleich zu den
Prognosen beim Bau Anfang der 1970er-Jahre.
Mit den Erlösen aus den Gartenverkäufen will Hamburg seinen Anteil an den
Baukosten von rund 167 Millionen Euro finanzieren. Den Löwenanteil trägt
mit gut 600 Millionen Euro der Bund – es handelt sich ja um eine
Bundesautobahn. Aber mehr als unbedingt nötig will er nicht zahlen,
enttäuscht Ferlemann nun alle Hoffnungen auf einen höheren Zuschuss.
„Die aus der Errichtung von zusätzlichen Tunnelbauwerken gegenüber dem
konventionellen Lärmschutz mit Lärmschutzwänden resultierenden Mehrkosten
sind daher von Hamburg zu tragen“, stellt er klar. Denn direkt vor der
nördlichen Einfahrt in die vier Elbtunnelröhren bleibt die A 7 achtspurig,
und deshalb reichen laut Bundesimmissionsschutzgesetz Lärmschutzwände. Ein
Dach obendrauf müsse Hamburg aus eigener Tasche zahlen.
„Das ist wirklich unschön“, sagt der Hamburger Verkehrs-Staatsrat Andreas
Rieckhoff (SPD). Der Senat werde nun „Ergänzungsvarianten prüfen“ und
Anfang nächsten Jahres der Bürgerschaft vorlegen. Es würde alles gebaut,
versichert Rickhoff, „was technisch machbar und bezahlbar ist“.
Ein herber Rückschlag ist Ferlemanns Brief für die Anwohner-Initiative
„Ohne Dach ist Krach“, die seit 20 Jahren für ausreichenden Lärmschutz
kämpft. „Ich hatte die ganze Zeit schon ein ungutes Gefühl“, gesteht nun
Ini-Sprecherin Angelika Gardiner. 2022 sollte Deutschlands längste
begehbare Autobahn fertig sein. „Jetzt“, fürchtet Gardiner, „müssen wir
wohl noch länger auf ruhige Nächte warten.“
14 Aug 2014
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Autobahn
Lärmschutz
Autobahn
A20
Göttingen
Direkte Demokratie
Hamburg
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sein
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