# taz.de -- Solidarität mit Flüchtlingen in Italien: Auf eigene Faust | |
> Ohne eine Hilfsorganisation im Rücken fahren AktivistInnen aus Bremen | |
> nach Sizilien, um Hilfsgüter für die libyschen Flüchtlinge in der | |
> Kleinstadt Pozzallo zu liefern. | |
Bild: Das Bremer Projekt "Seehilfe" bringt Hilfsgüter nach Sizilien, um Flüch… | |
Bremen taz | Weil sie Flüchtlingen in Sizilien helfen wollen, werden vier | |
junge AktivistInnen Ende August mit einem Transporter voller Hilfsgüter aus | |
Bremen ans Mittelmeer fahren – auf eigene Faust. „Natürlich wissen wir, | |
dass das naiv und nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist“, sagt die | |
25-jährige Studentin Johanne Bischoff, die das Projekt „Seehilfe“ mit | |
FreundInnen initiiert hat. „Aber das kann doch kein Grund sein, einfach gar | |
nichts zu machen.“ | |
Zu Tun gibt es in Pozzallo am Südzipfel Siziliens reichlich: Tausende | |
Flüchtlinge versuchten in den letzten Monaten, aus Libyen das Mittelmeer zu | |
überqueren. Die 19.000 Einwohner zählende Stadt am Südzipfel der Insel ist | |
damit überfordert – und die Zahl der Flüchtlinge steigt weiter. | |
Einige schaffen es in maroden Booten oder werden von den Sicherheitskräften | |
aus dem Wasser gezogen. Andere treiben nur tot an Land. Schreckensmeldungen | |
häufen sich, seit Pozzallos Bürgermeister bekannt gab, es gebe in der Stadt | |
zu wenig Kühlzellen für die Leichen – es ist die Rede von „einem neuen | |
Lampedusa“. | |
Für die Aktivisten von Seehilfe kamen diese Bilder allerdings nicht | |
überraschend. Sie sind schon seit Jahren in der Flüchtlingshilfe aktiv und | |
verstehen sich nicht nur als zivile Helfer, sondern als politisches | |
Projekt. Im doppelten Sinn setzen sie auf die Außenwirkung ihrer Aktion: | |
Die Öffentlichkeit soll auf die Notlage aufmerksam gemacht werden, aber | |
auch den Flüchtlingen wollen sie zeigen, dass es in Europa Menschen gibt, | |
die das Leid bewegt und die sie willkommen heißen. | |
In Bremen und Jena, wo die andere Hälfte des Teams lebt, wird gesammelt: | |
Kleidung, Rucksäcke und Geld, aber auch Benzingutscheine für die Fahrt. Der | |
Bremer Flüchtlingsrat und die Initiative Fluchtraum e.V. unterstützen das | |
Projekt finanziell und die Stiftung Skate Aid hat Rucksäcke gespendet, als | |
sie auf die [1][Internetseite] aufmerksam wurde. | |
Bei den großen internationalen Hilfsorganisationen sieht man solche | |
Projekte allerdings eher skeptisch. Claudia Kepp, Sprecherin der Initiative | |
„Save the Children“, sagt, man müsse die komplexen Strukturen vor Ort | |
kennen und die lokale Wirtschaft unterstützen. Sonst bestünde die Gefahr, | |
soziale Spannungen zu provozieren. Aber: „Wenn die Sachen nicht da sind, | |
muss man sie natürlich irgendwie hin bekommen.“ | |
Und eben das scheint in Pozzallo der Fall zu sein. Die AktivistInnen von | |
Seehilfe stehen in Kontakt mit Streetworkern vor Ort und wissen, was | |
gebraucht wird. „Wir wollen da nicht irgendwelchen Quatsch anschleppen“, | |
sagt Bischoff. | |
Gemeinsam mit den Streetworkern wollen sie nicht nur die offiziellen Lager | |
besuchen, sondern für eine Woche durch die Region reisen. Sie wollen auch | |
die illegal Untergekommenen besuchen und das Augenmerk auf Menschen | |
richten, die dort unter Brücken leben – „auch dafür steht der Projektname | |
Seehilfe“, so Bischoff. | |
Das grundsätzliche Problem werde sich so nicht lösen lassen, sagt Kepp von | |
„Save the Children“: „Der logistische und finanzielle Aufwand steht in | |
keinem Verhältnis zur Hilfsleistung.“ Ein Aufwand allerdings, den die | |
AktivistInnen gern auf sich nehmen, weil sie darauf hoffen, mit der Aktion | |
nachhaltig etwas zu bewegen. Damit geht es dann weiter, wenn die Gruppe | |
zurück ist. Auf Vorträgen wollen sie über die Lage in Sizilien und ihre | |
Erfahrungen berichten. | |
19 Aug 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://seehilfe.com/ | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
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