# taz.de -- Datenschützer warnen vor Überwachung: Aufstand gegen IT-Sicherhei… | |
> Das IT-Sicherheitsgesetz soll vor Cyberattacken schützen. Doch | |
> Netzaktivisten und Datenschützer befürchten eine ausufernde Überwachung. | |
Bild: Surfen nach Protokoll: Online-Dienste sollen erfassen dürfen, wie sich i… | |
BERLIN dpa | Netzaktivisten und Datenschützer protestieren vehement gegen | |
[1][das geplante IT-Sicherheitsgesetz] und befürchten dadurch eine neue | |
Form der Vorratsdatenspeicherung. Bundesinnenminister Thomas de Maizière | |
(CDU) wolle Online-Diensten erlauben, das Surfverhalten ihrer Nutzer | |
aufzuzeichnen und auf Vorrat zu speichern, sagte der Datenschutzexperte der | |
Piratenpartei, Patrick Breyer. | |
Der Minister wolle außerdem die Internetanbieter praktisch verpflichten, | |
auf Vorrat Internet-Adressen (IP-Adressen) der Rechner ihrer Kunden zu | |
erfassen. „Das ist ein perfides Projekt", sagte Breyer. Kritik und große | |
Skepsis kam auch von Datenschützern. Das Innenministerium wies die Einwände | |
zurück. | |
De Maizière hatte den Entwurf für das IT-Sicherheitsgesetz am Dienstag | |
vorgelegt. Hauptziel ist, kritische Infrastrukturen wie Energie- oder | |
Telekommunikationsnetze besser vor Cyberattacken zu schützen. Vorgesehen | |
sind aber auch Änderungen des Telemedien- und des | |
Telekommunikationsgesetzes, die bislang kaum Beachtung fanden. | |
Online-Dienste sollen demnach künftig erfassen dürfen, wie sich ihre Nutzer | |
im Internet bewegen – was sie anklicken, lesen oder im Netz schreiben. Die | |
Anbieter dürfen das allerdings nur tun, um Angriffe auf ihre Systeme zu | |
erkennen oder Störungen zu beseitigen. | |
## „Noch schlimmer als die Vorratsdatenspeicherung“ | |
Solche Surfprotokolle zu erstellen, findet Breyer hochproblematisch. „Das | |
ist noch schlimmer als die Vorratsdatenspeicherung, weil es auch die | |
Inhalte der Internetnutzung betrifft“, sagte er. Außerdem könnten die Daten | |
an Sicherheitsbehörden und andere Stellen weitergegeben werden. „Dass das | |
in diesem Gesetz versteckt wird, ist unmöglich. Denn mit IT-Sicherheit hat | |
das nichts zu tun.“ | |
Auch der [2][Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung] – ein Zusammenschluss | |
von Bürgerrechtlern und Datenschützern – äußerte sich empört. Das sei der | |
Versuch, die Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür doch noch | |
einzuführen. Der Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands | |
erklärte ebenfalls, das entspreche dem Gedanken der Vorratsdatenspeicherung | |
und sei verfassungsrechtlich kritisch. | |
Bei der Vorratsdatenspeicherung handelt es sich um eine anlasslose | |
Erfassung von Daten, wer wann mit wem telefoniert oder mailt. Die EU hatte | |
vor einigen Jahren alle Telekommunikationsfirmen verpflichtet, solche Daten | |
zu sammeln und über Monate zu speichern - als Mittel zum Kampf gegen Terror | |
und Verbrechen. In Deutschland wurde die Regelung bereits 2010 vom | |
Bundesverfassungsgericht gekippt. Im April wurde sie schließlich auch | |
EU-weit von Europas höchsten Richtern verworfen. | |
## Anbieter legen Fallen aus | |
Im Entwurf für das neue IT-Sicherheitsgesetz ist auch vorgesehen, dass | |
Internetprovider ihren Nutzern einen Hinweis geben müssen, wenn sie auf | |
deren Rechnern Schadsoftware entdecken. Einige Anbieter forschen bereits | |
heute nach solchen Störungen, zum Beispiel indem sie Lockmittel für | |
sogenannte Botnetze einsetzen. Dies sind Netzwerke von Rechnern, die | |
Kriminelle mit einem Schadprogramm infiziert haben, fernsteuern und etwa | |
für Cyberangriffe missbrauchen. | |
Internetanbieter legen beispielsweise Fallen aus, um die Betreiber solcher | |
Botnetze anzulocken und dann herauszufinden, welche Rechner mit dem Netz | |
verbunden sind. Dann geben sie betroffenen Kunden Bescheid. Um diese | |
identifizieren und benachrichtigen zu können, ist aber die Speicherung der | |
IP-Adressen der Kunden nötig. | |
Nach geltendem Recht dürfen Anbieter diese IP-Adressen nur für maximal | |
sieben Tage speichern. Nicht jeder mache davon Gebrauch, sagte Breyer. Mit | |
dem IT-Sicherheitsgesetz wolle de Maizière nun aber alle Anbieter dazu | |
bringen, diese Daten zu sammeln, und zwar auf Vorrat. Er befürchtet, dass | |
die Daten am Ende bei Sicherheitsbehörden und anderswo landen. Auch der | |
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat diese Sorge und nannte die Pläne | |
ungeheuerlich. | |
Das Innenministerium wies die Kritik zurück. Es dürften nur Daten erhoben | |
und verwendet werden, die ein Anbieter tatsächlich brauche, um | |
Hackerangriffe zu erkennen und abzuwehren. Ohne Anlass oder für einen | |
anderen Zweck sei das nicht möglich, ebensowenig eine unbegrenzte | |
Speicherung, sagte ein Sprecher in Berlin. Staatliche Eingriffsbefugnisse | |
würden nicht geschaffen. | |
22 Aug 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzestexte/Entwuerfe/Entw… | |
[2] http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/748/1/lang,de/ | |
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