# taz.de -- Kommentar Nachfolge für Wowereit: Bestmöglich qualifiziert | |
> Der Rückzug von Wowereit ist für den Fraktionschef der Berliner SPD, Raed | |
> Saleh, eine große Chance. Für die Partei gilt das auch. | |
Bild: Hat die Fürsprache Wowereits im Gepäck: Raed Saleh (r.). | |
Ein Berliner Bürgermeister, der im Westjordanland geboren ist. Ein Muslim, | |
der die deutsche Hauptstadt regiert. Geht das? Und muss man diese Frage im | |
Jahr 2014 überhaupt noch stellen? Offenbar schon. Kaum hatte der | |
SPD-Politiker Raed Saleh seine Kandidatur für die parteiinterne | |
Mitgliederabstimmung über die Nachfolge von Klaus Wowereit erklärt, begann | |
auch schon der Spott über seine nicht ganz korrekte Aussprache („Isch | |
möchte …“) im Netz und an Kneipentischen. | |
Rechte Internetseiten schießen sich verbal auf den Kandidaten ein und | |
warnen davor, dass ein „muslimischer Israelhasser“ die Macht erringen | |
könnte. Quatsch, könnte und sollte man dazu sagen: Wir messen den Mann an | |
seinen politischen Aussagen und Qualitäten. Aber hat die SPD die Kraft | |
dazu? Das lässt sich bezweifeln. | |
Schon seit Saleh Fraktionschef im Berliner Parlament wurde und Ambitionen | |
auf Höheres erkennen ließ, wird über mehr oder weniger deutliche Vorbehalte | |
unter den Genossen berichtet. Saleh klingt eben nicht nach geschliffenem | |
deutschem Akademikertum (obwohl er ein paar Semester Medizin studierte), | |
auch nicht nach Berliner Eckkneipe wie Wowereit und CDU-Chef Henkel, | |
sondern eher nach einem ganz normalen Spandauer Schulhof – also danach, wo | |
er aufgewachsen ist. | |
Und genau das ist der Punkt. Damit könnte, ja damit sollte die SPD offensiv | |
umgehen: Wie schön, dass Saleh antritt! Das ist Berlin. So ist Berlin | |
heute. Es gibt keinen typischeren, berlinerischeren, biografisch irgendwie | |
besser qualifizierten Kandidaten, der die Hauptstadt angemessener | |
repräsentieren könnte. Höchstens den Charlottenburger Weltmeister Jérôme | |
Boateng. Aber der hat vorerst noch in Bayern zu tun. Saleh repräsentiert | |
jedenfalls die vielen zugezogenen Berliner, die nicht perfekt Hochdeutsch | |
sprechen, wie der Autor dieser Zeilen. | |
Wie einst mit dem ersten offen schwulen Bürgermeister Wowereit könnte die | |
Berliner SPD erneut zur gesellschaftspolitischen Avantgarde werden. Den | |
ersten muslimischen Regierungschef in Deutschland zu nominieren wäre mutig. | |
Gerade in diesen Krisenzeiten, in denen sich die halbe Welt vor dem | |
„Islamischen Staat“ fürchtet, wäre Salehs Wahl ein Zeichen, dass man in | |
Berlin zwischen Muslimen, die dazugehören, und gefährlichen Islamisten | |
unterscheiden kann. Vorausgesetzt natürlich, Saleh überzeugt inhaltlich. | |
Denn am Ende sollten bei der Mitgliederabstimmung die Argumente der | |
Kandidaten zählen – egal mit welchem Zungenschlag sie vorgetragen werden. | |
27 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Lukas Wallraff | |
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