# taz.de -- Waffenstillstand in Nahost: Höchste Zeit für Diplomatie | |
> Der Krieg zwischen Israel und der Hamas ist wieder einmal zu Ende. Alle | |
> sind beruhigt – und doch sind noch viele Fragen offen. | |
Bild: Freude über die Waffenruhe in Gaza | |
JERUSALEM taz | Über Stunden feierten die Palästinenser im Gazastreifen den | |
diesmal unbegrenzten Waffenstillstand. Zum ersten Mal seit Wochen tauchten | |
auch führende Köpfe der Hamas aus der Versenkung wieder auf. Israels | |
Garantie, von gezielten Exekutionen der palästinensischen Islamisten | |
vorerst abzusehen, war die letzte Klausel auf dem von Kairo vermittelten | |
Waffenstillstandskompromiss. | |
Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri versicherte den Israelis im Umland des | |
Gazastreifens, sie könnten jetzt in ihre Häuser zurückkehren. Tausenden | |
Bewohnern der Kibbuzim unweit der Grenze reichte das Versprechen aber | |
nicht. Auch am Mittwoch blieben Ämter und Kindergärten geschlossen. | |
„Die Einigung erkennt die starke Position des palästinensischen Volkes und | |
den Sieg des Widerstandes“, jubelte Mussa Abu Marsuk, die Nummer zwei im | |
Politbüro der Hamas. Tatsächlich weicht der Kompromiss nur wenig von den | |
vor zwei Jahren getroffenen Waffenstillstandsregelungen ab. Dazu gehören | |
Erleichterungen des Grenzverkehrs und die Ausweitung der Fanggebiete für | |
die Fischer. | |
Offen bleibt der Gefangenenaustausch, das Ende von Israels See- und | |
Luftblockade, wie die Hamas sie fordert, und umgekehrt Israels Bedingung, | |
den Gazastreifen zu entmilitarisieren. Innerhalb eines Monats sollen die | |
Verhandlungen über die schwierigen Punkte beginnen. Sollte es keine | |
Einigung geben, ist ein neuer Krieg nur eine Frage der Zeit. | |
Neu an der Waffenstillstandsregelung ist der erneute Einsatz der | |
Fatah-nahen „Force 17“-Sicherheitstruppen, die erneut an den | |
Grenzübergängen postiert werden sollen. Die Truppen waren im Sommer 2007 | |
von der Hamas vertrieben worden. Die Zusammenarbeit von Hamas und Fatah im | |
Sicherheitsbereich ist der erste Stolperstein auf dem Weg zur langfristigen | |
Befriedung des Gazastreifens. | |
Für ein Gelingen der palästinensischen Versöhnung spricht die intensivierte | |
Zusammenarbeit von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas mit dem Chef des | |
Hamas-Politbüros Chaled Meschal. Die beiden Politiker waren zu Absprachen | |
gezwungen, um bei den Verhandlungen eine klare palästinensische Position | |
präsentieren zu können. | |
Erschwerend für den Versöhnungsprozess ist das harte Vorgehen der Hamas | |
während des Krieges gegen Kritiker im Gazastreifen. Nach Informationen des | |
Schin Beth soll die Hamas zudem einen Putschversuch im Westjordanland | |
geplant haben. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu lehnte bislang die | |
Kooperation mit der im Juni gegründeten Einheitsregierung in Ramallah ab. | |
## Abbas populärer als zuvor | |
Abbas plant eine neue diplomatische Offensive. Dafür ist der Zeitpunkt | |
günstig. Israels Regierung steht international unter Druck. Zum ersten Mal | |
verzögerte das Weiße Haus jüngst kurzfristig die Lieferung von | |
Kampfhubschraubern. Die westlichen Regierungen signalisierten in den | |
vergangenen Wochen zwar Verständnis für Israels Sicherheitsbedürfnisse, | |
dennoch besteht Erklärungsbedarf für die hohe Zahl der getöteten und | |
verletzten Zivilisten im Gazastreifen. | |
Auch innerhalb Israels gewann Abbas in den vergangenen Wochen deutlich an | |
Popularität. Im Vergleich zur Hamas erscheint der Fatah-Chef nun doch | |
wieder als geeigneter Partner für den Frieden, ohne den es keine Sicherheit | |
geben wird. Die beiden Israelis, die noch am Dienstag Abend bei einem | |
Mörserangriff ums Leben kamen, signalisierten, dass die Gefahr nicht | |
gebannt ist. | |
Sogar Netanjahu sprach jüngst von einem neuen „politischen Horizont“. | |
Politische Kompromisse dürften mit seiner aktuellen Koalition indes | |
schwierig sein. Im Kabinett, über dessen Kopf hinweg er der Waffenruhe | |
zustimmte, herrscht Unmut über den Autokraten Netanjahu, der das | |
Schlachtfeld zu früh geräumt habe. | |
27 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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