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# taz.de -- Betrug, Bestechung und Inklusion: Wendes Flucht nach vorn
> Mitten im Wirbel um Betrugsverdacht präsentiert Schleswig-Holsteins
> Bildungsministerin Wende ihr Konzept für die Inklusion. Das Papier lässt
> Fragen offen.
Bild: Will sich nicht verstecken: Bildungsministerin Waltraud Wende (parteilos).
KIEL taz | Waltraud Wende tourt in diesen Tagen durch die Schulen
Schleswig-Holsteins, begrüßt ABC-Schützen und frisch verbeamtete Lehrkräfte
– alles wie gewohnt, trotz der Untersuchungen der Staatsanwaltschaft gegen
die parteilose Bildungsministerin, der Betrug und Bestechung vorgeworfen
wird.
Als Gegengewicht zum Skandal stellte Wende ein Konzept zur Inklusion, also
der gemeinsamen Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderung, vor. Das
Papier, das vom Kabinett beraten und verabschiedet wurde, war lange
erwartet worden. Über das Ergebnis sind Fachleute von
Behindertenorganisationen und Lehrergewerkschaft enttäuscht, die Opposition
kritisiert den „Schnellschuss“, und sogar Anke Erdmann vom grünen
Koalitionspartner sieht „offene Fragen“.
Wende, die das Konzept nur per Pressemitteilung veröffentlichte, sprach von
einem „Paradigmenwechsel“: Künftig solle die Schule jedes Kind „in seiner
Eigenheit wahrnehmen und angemessen unterstützen“. Das setzte voraus, dass
die Schulen „multiprofessionell“ ausgestattet seien. Dazu werden neue
Assistenz-Stellen in Grundschulen eingerichtet, auch die Schulsozialarbeit
wird weiter finanziert. Es fehlen aber Aussagen zur Begleitung von Kindern
mit Behinderung im Unterricht – hier hatte es im Frühjahr ein
Gerichtsurteil gegeben, das den Schulen und damit dem Land die Aufgabe und
die Kosten dafür auferlegt.
Schleswig-Holstein steht im Bundesvergleich neben Bremen ganz weit oben bei
der Inklusion. Im Schnitt besuchen gut zwei Drittel, in einigen Regionen
sogar fast alle Kinder mit Behinderungen oder Lernstörungen die
Regelschulen – was gerade in kleinen Schulen Probleme bereitet, weil oft
eine zweite Lehrkraft für den Unterricht fehlt. So wurde im Frühjahr
darüber beraten, „Modellschulen“ zu schaffen, die besonders gut
ausgestattet sein sollten, um Kinder mit Förderbedarf aufzunehmen. Davon
ist im jetzigen Konzept nicht mehr die Rede. Allerdings will das
Ministerium die noch bestehenden Förder- und Landeszentren für körperliche
Behinderungen erhalten. Zusätzlich sollen „Zentren der inklusiven Bildung“
entstehen, die beratend und steuernd tätig sind – Details bleibt das
Konzept schuldig.
„Zu unkonkret, die Schulassistenz ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein
– Chance vertan“, urteilt Bärbel Brüning von der Lebenshilfe
Schleswig-Holstein. Sie kritisiert, dass es im Vorfeld zwar Anhörungen,
aber „keinen echten Dialog“ mit Verbänden und Eltern gegeben habe – dabei
wollte die Regierung aus SPD, Grünen und SSW eben den Dialog besonders
stärken.
Unklarheiten bemängelt auch Matthias Heidn, Landesvorsitzender der
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Ihm fehlen zusätzliche
Lehrerstellen. Behindertenverbände und der Kinderschutzbund begrüßen, dass
es künftig Förderzentren geben soll. Massive Kritik kommt von der
Opposition: „Keine Inhalte, keine Konzepte, keine Finanzierung, keine
Zuständigkeiten, keine Schulbegleiter – aber tausend offene Fragen“, so der
Chef der CDU-Kommunalpolitiker Ingbert Liebing.
28 Aug 2014
## AUTOREN
Esther Geisslinger
## TAGS
Waltraud Wende
Betrugsverdacht
Inklusion
Bildung
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