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# taz.de -- Grundversorgung in Berlin: Wasserlassen wird billiger
> Die landeseigenen Berliner Wasserbetriebe senken ihren Abwassertarif um
> rund 6 Prozent. Grüne kritisieren, dass eine noch höhere Reduzierung
> möglich wäre.
Bild: Wird ein bisschen billiger: Abwasser in Berlin.
Wenn’s irgendwo um Geld und Fäkalien geht, drängt sich Lateinschülern und
Asterix-Lesern ein Sinnspruch auf: Pecunia non olet. „Geld stinkt nicht“,
bedeutet das und meint, dass ein schlauer Herrscher auch übelriechende
Abwässer zu seinen Gunsten besteuern kann. Im Fall der Berliner
Wasserbetriebe (BWB) kehrt sich dieses Verhältnis nun erfreulicherweise
einmal um: Ungefähr 32 Euro spart eine vierköpfige Familie in diesem und
den kommenden drei Jahren bei der Entsorgung dessen, was hinten rauskommt –
um noch ein geflügeltes Wort zu bemühen.
Die Senkung der Abwassergebühren um durchschnittlich 6,1 Prozent verkündete
am Donnerstag der Aufsichtsrat der Wasserbetriebe, der dies bereits im Mai
angekündigt hatte und nun wahr macht. Wie BWB-Vorstandschef Jörg Simon
vorrechnete, verzichtet das seit einem Jahr wieder landeseigene Unternehmen
damit auf rund 35 Millionen Euro pro Jahr. Bis 2018 werde der neue Tarif
jährlich nur um „maximal 1,1 Prozent“ erhöht.
Laut dem Aufsichtsratschef, Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos),
handelt es sich bei der verbilligten Entsorgung um ein Entgegenkommen, das
nichts zu tun hat mit der 2012 erfolgten Anweisung des Bundeskartellamts,
die überhöhten Berliner Trinkwasserpreise herunterzukorrigieren: „Das ist
sozusagen oberfreiwillig.“ Gegen die Verfügung des Kartellamts hatte der
Senat Beschwerde eingelegt, nach einer ersten Niederlage vor Gericht aber
auf weitere Rechtsmittel verzichtet – und Geld lockergemacht. Nach einer
Rückerstattung für 2012 wurde der Trinkwasserpreis bis 2018 um 15 Prozent
gesenkt.
Nimmt man beides zusammen, muss die bereits erwähnte vierköpfige Familie
2015 rund 89 Euro weniger an die BWB entrichten – bzw. per
Betriebskostenabrechnung an die Hauseigentümer. Was im Portemonnaie recht
schnell versickert, summiert sich für die Wasserbetriebe auf ein jährliches
Minus von stattlichen 102 Millionen Euro. Verschiedene Quellen füllen das
wieder auf: der Abbau von mehreren hundert Stellen im Rahmen des
Effizienzprogramms NEO, aber auch ein recht komplexer Finanzdeal.
## Ein Finanzdeal bringt Geld
Dabei geht es um den Rückkauf des bei Schönefeld gelegenen Klärwerks
Waßmannsdorf, das den BWB aufgrund eines Sale-and-lease-back-Vertrags hohe
Kosten bescherte. Finanziert wurde er zu mehr als der Hälfte – 100
Millionen Euro – aus einem Darlehen der BSR, für die es sich offenbar
lohnt, ihre gesetzlichen Rückstellungen für die Deponiesanierung mit
bescheidenen zwei Prozent zu verzinsen.
An dieser Stelle heben die Grünen den Zeigefinger: Mit dem
Waßmannsdorf-Deal sparten die BWB rund 52 Millionen Euro im Jahr, so die
Abgeordnete Heidi Kosche. Damit „könnte der Abwasserpreis um gute 12
Prozent gesenkt werden“ – das Doppelte der jetzt verkündeten Senkung. Das
gehe aus einer kürzlich vom Senat beantworteten schriftlichen Anfrage
hervor.
Der Finanzsenator schoss gleich zurück: Das könne man ja fordern, wenn man
Opposition sei und „so zahlenunbeschwert wie Frau Kosche“. Die
Wasserbetriebe müssten aber „die Qualität halten“, alles sei
durchgerechnet. Nußbaum, der smarte Unternehmer im Senatorensessel, drehte
den Grünen gleich noch einen sozialdemokratischen Strick aus ihrer Kritik:
„Die MitarbeiterInnen der Wasserbetriebe leisten über NEO bereits ihren
Effizienzbeitrag.“ Noch niedrigere Tarife zu fordern sei damit letztlich
„ein Angriff auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“.
12 Sep 2014
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Ulrich Nußbaum
Bremen
Berlin
Wasser
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