| # taz.de -- Wasser-Urteil: Wasserbetriebe nass gemacht | |
| > Seit 2012 zahlen die Berliner weniger für Wasser – weil das Kartellamt es | |
| > verlangte. Jetzt bestätigt ein Gericht: Die Preissenkung war rechtens. | |
| Bild: Nicht mehr bloß nass, jetzt auch noch billig! | |
| Die Wasserbetriebe haben ihre Monopolstellung missbraucht, um Trinkwasser | |
| zu überhöhten Preisen zu verkaufen. Zu diesem Ergebnis kommt das | |
| Oberlandesgericht Düsseldorf in einem am Montag ergangenen Urteil. Es | |
| bestätigt darin die Senkung der Wasserpreise durch das Bundeskartellamt um | |
| 18 Prozent im Jahr 2012. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die | |
| Wasserbetriebe wollen in den nächsten Wochen entscheiden, ob sie vor den | |
| Bundesgerichtshof gehen. | |
| „Wir freuen uns sehr, dass das Oberlandesgericht unseren Beschluss nach | |
| einem sehr aufwendigen Missbrauchs- und Gerichtsverfahren bestätigt hat“, | |
| sagte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt. „Für die | |
| Verbraucher in Berlin bedeutet das, dass sie für den Zeitraum von 2012 bis | |
| 2015 um insgesamt etwa 250 Millionen Euro entlastet werden.“ Das Geld, das | |
| die Berliner in den Jahren seit der teilweisen Privatisierung der | |
| Wasserbetriebe im Jahr 1999 zu viel bezahlt haben, wird allerdings nicht | |
| zurückerstattet – die Profiteure Veolia, RWE und das Land Berlin dürfen es | |
| behalten. | |
| Das Gericht berief sich bei seinem Urteil auf das Kartellgesetz des Bundes. | |
| Das verbietet „die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden | |
| Stellung“. Die Wasserbetriebe sind der einzige Anbieter von Leitungswasser | |
| und von Abwasserentsorgung in Berlin. Jeder Haushalt ist per Gesetz | |
| gezwungen, das Leitungssystem der Wasserbetriebe zu benutzen. | |
| Laut dem Bundeskartellgesetz nutzt ein Unternehmen seine marktbeherrschende | |
| Stellung aus, wenn es für seine Ware oder Leistung mehr Geld verlangt als | |
| andere Unternehmen an anderen Orten. Das Bundeskartellamt hatte daher die | |
| Wasserpreise in Berlin mit denen in Hamburg, München und Köln verglichen – | |
| und war zu dem Ergebnis gekommen, dass Wasser dort billiger ist. | |
| Die Wasserbetriebe argumentierten vor Gericht, dass sie sich an das | |
| Bundeskartellgesetz nicht zu halten bräuchten. Sie verwiesen darauf, über | |
| die Höhe der eigenen Preise nicht frei entscheiden zu können, weil es sehr | |
| enge Vorgaben durch das Berliner Landesrecht gibt. | |
| Diese Argumentation stimmt auch: 1999 hatte die damalige Koalition aus CDU | |
| und SPD unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen das Berliner | |
| Betriebegesetz und andere Rechtsvorschriften geändert. Dort wurde | |
| festgelegt, dass die Wasserbetriebe ihre Preise erhöhen müssen, um jährlich | |
| einen hohen garantierten Gewinn zu erwirtschaften. Dadurch sollten die | |
| Wasserbetriebe zur Teilprivatisierung attraktiv für die Käufer gemacht | |
| werden. | |
| Das Oberlandesgericht kam aber zu dem Urteil, dass das irrelevant ist. Denn | |
| Bundesrecht bricht Landesrecht. Und im Bundesrecht kommt es eben nur darauf | |
| an, ob ein Monopolist einen vergleichsweise überhöhten Preis verlangt oder | |
| nicht – die Gründe dafür sind egal. | |
| Der Linken-Abgeordnete Klaus Lederer erinnert an die Vorgeschichte des | |
| Verfahrens: „Es war richtig, dass der damalige Linken-Wirtschaftssenator | |
| Harald Wolf das Bundeskartellamt eingeschaltet hatte.“ Das Urteil sei eine | |
| „Klatsche“ für die Wasserbetriebe und den Senat. | |
| Die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche fordert, dass das Kartellamt nach den | |
| Trinkwasserpreisen nun auch die Abwasserpreise prüft: „Dann könnte die | |
| Tarifersparnis noch höher sein.“ | |
| Für das Gerichtsverfahren haben die Wasserbetriebe 50.000 Euro für | |
| Gutachter bezahlt, 640.000 Euro für Wirtschaftsprüfer, 50.000 Euro für das | |
| Kartellamtsverfahren, 640.000 Euro für die Arbeitszeit der eigenen | |
| Mitarbeiter und 1,3 Millionen Euro für Anwälte. Die Kosten werden auf die | |
| Wasserpreise umgelegt. | |
| 24 Feb 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Sebastian Heiser | |
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