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# taz.de -- Russischer Milliardär festgesetzt: Oligarch unter Hausarrest
> Der Milliardär Jewtuschenkow soll beim Erwerb einer Ölfirma Geld
> gewaschen haben. Der Verkauf käme der staatlichen Ölfirma Rosneft zugute.
Bild: Wladimir Jewtuschenkows Vermögen wird auf rund neun Milliarden Dollar ge…
Wladimir Jewtuschenkow, einer der reichsten Männer Russlands, steht seit
Dienstagabend unter Hausarrest. Seither trägt der milliardenschwere
Oligarch Fußfesseln, darf das Haus nicht verlassen und auch der Zugang ins
Internet wurde ihm verwehrt. Ein Strafmaßnahmenpaket, das sonst Vertretern
der politischen Opposition vorbehalten ist.
Dem Mehrheitseigner des Mischkonzerns AFK Sistema wird im Zusammenhang mit
dem Erwerb der privaten Ölfirma Baschneft Geldwäsche vorgeworfen. Es gäbe
„begründeten Verdacht“, dass Jewtuschenkow an der Legalisierung von
Eigentum beteiligt gewesen sei, das auf kriminellem Wege erworben wurde,
hieß es aus der Ermittlungsbehörde. Der Konzern wies die Anschuldigungen
als „völlig unbegründet“ zurück.
Zum Mischkonzern gehören neben MTS, einem der größten russischen
Mobilfunkbetreiber, auch Unternehmen der IT-, Tourismus- und
Gesundheitsbranche. Mit einem Vermögen von rund neun Milliarden Dollar
führt das US Magazin Forbes den Oligarchen in seiner Liste der reichsten
Russen auf Rang 15.
Dass die Verhaftung politische Hintergründe haben könnte, wiesen russische
Beobachter und Geschäftsleute als unwahrscheinlich zurück. Der Vorsitzende
des russischen Industriellenverbandes, Alexander Schochin, beschrieb
Jewtuschenkow als einen Geschäftsmann, der dem herrschenden System loyal
ergeben sei. Der Verband sammelte gestern Unterschriften für die
Freilassung Jewtuschenkows.
## Ein zweiter Fall Yukos?
Schochin fühlte sich jedoch an den Fall Yukos erinnert. 2003 war der
Ölmilliardär Michail Chodorkowski wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung
und Betrugs verhaftet und zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Es „sieht
nach einem 2. Fall Yukos aus“, sagte Schochin.
Die Filetstücke des Yukoskonzerns riss sich der staatliche Ölgigant Rosneft
unter den Nagel. Chef des größten Ölproduzenten ist Igor Setschin –
Vertrauter Wladimir Putins und ein Geheimdienstmann. Durch die
Einverleibung Yukos’ stieg Rosneft erst zum führenden Energieunternehmen
Russlands auf.
Ähnliche Motive könnten hinter dem jetzigen Vorgehen stehen. Im Juni
versuchte Rosneft, die Ölgesellschaft Baschneft aufzukaufen. Der Deal kam
jedoch nicht zustande, da Jewtuschenkow mit dem Kaufpreis nicht
einverstanden gewesen sein soll. Im Juli wurden Baschneft-Aktien wegen des
Verdachts auf Geldwäsche eingefroren.
Laut der Zeitung Wedomosti soll der Milliardär noch versucht haben,
Kremlchef Putin mit einzubeziehen. Ein Treffen kam aber nicht zustande. Das
könnte daraufhin deuten, dass es sich erneut um einen konstruierten Fall
handelt. Der Tenor der Moskauer Experten ist eindeutig: entweder verkauft
Jewtuschenkow oder ihm wird es wie Chodorkowski ergehen. Beim Kauf von
Baschneft soll Jewtuschenkow durch Beziehungen zum Sohn des Präsidenten in
Baschkirien, dem Standort Baschnefts, Aktiva des Unternehmens unter Wert
erstanden haben. Das zumindest legen ihm die Ermittler zur Last.
## Kein Einfluss auf die Erträge
Rosneft wies unterdessen jegliche Verwicklung in den Fall Jewtuschenkow
zurück. Die Ölproduktion des Unternehmens ist rückläufig. Der Grund seien
technische Umstellungen zur Effektivitätssteigerung, hieß es. Eine Fusion
mit Baschneft würde keinen Einfluss auf die Erträge haben.
Rosneft braucht jedoch viel Geld für den Ausbau der Infrastruktur. Die
westlichen Sanktionen im Finanz- und Energiesektor werden in Kürze die
Erträge drosseln. Der Kreml versprach dem Unternehmen mit Mitteln aus der
Pensionskasse unter die Arme zu greifen. Eine zusätzliche Ölquelle kann da
nicht schaden.
17 Sep 2014
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
## TAGS
Hausarrest
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