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# taz.de -- IS bedroht Libanon: Ein Staat in der Defensive
> Die Militärkoalition fliegt Angriffe in Syrien und Irak. Nun droht IS, im
> benachbarten Libanon einen konfessionellen und ethnischen Konflikt zu
> schüren.
Bild: Beerdingung eines bei Arsal durch einen Sprengsatz getöteten libanesisch…
BEIRUT taz | Im Libanon sind die Reaktionen auf die Angriffe auf den
Islamischen Staat (IS) im benachbarten Syrien und im Irak tief gespalten.
Während Premierminister Tammam Salam die Luftangriffe befürwortet, übte
Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah in seiner letzten Fernsehansprache
erwartungsgemäß scharfe Kritik: „Die Hisbollah steht gegen jegliche
internationale Allianz, die von den USA angeführt wird und den Terrorismus
als Ausrede für eine militärische Intervention in Syrien und im Irak
benutzt.“ Nasrallah behauptete weiterhin, dass der Libanon durchaus in der
Lage sei, die Terroristen im Alleingang zurückzudrängen.
Das Parlament, in dem auch die Hisbollah-Partei vertreten ist, ist sich
über das Vorgehen gegen die Dschihadisten uneins. Dennoch wäre es
angesichts eines drohenden konfessionellen und ethnischen Konflikts an der
Zeit, dass Armee und Regierung eine klare Strategie ausarbeiten. Denn die
jüngsten Ereignisse zeigen, wie schwer es dem libanesischen Staat fällt,
den Provokationen der Terroristen effektiv entgegenzuwirken.
Der Kampf gegen die Dschihadisten im Libanon konzentriert sich derzeit auf
die Kleinstadt Arsal nahe der syrischen Grenze. Anfang August entführten
der IS und die Islamisten der syrischen Nusra-Front mehrere Soldaten und
Polizisten.
Mindestens 21 Angehörige der Sicherheitskräfte sind immer noch in der
Gewalt der beiden Gruppen, die einen Gefangenenaustausch mit im Libanon
inhaftierten Islamisten fordern. IS-Kämpfer haben bereits zwei Soldaten
enthauptet und drohen mit weiteren Hinrichtungen, sollten sich die
Verhandlungen weiter in die Länge ziehen.
## Übergriffe auf syrische Flüchtlinge
Auch die Nusra-Front hat vor Kurzem eine ihrer Geiseln erschossen. Damit
stammen die letzten beiden Opfer der radikal-sunnitischen Gruppen aus
schiitischen Familien im Libanon. „Die Dschihadisten wollen eine Reaktion
der Schiiten gegen unschuldige Sunniten im Libanon provozieren. Sie wissen,
dass sie so einen konfessionellen Konflikt auslösen können,“ sagt der
libanesische Nahostexperte Talal Atrissi.
Tatsächlich scheint das Konzept der Terroristen teilweise aufzugehen.
Infolge der drei Hinrichtungen kam es zu Übergriffen insbesondere auf
syrische Flüchtlinge in Arsal und in den schiitischen Regionen im Libanon.
Die Angreifer beschuldigten die Syrer, mit den Dschihadisten in Kontakt zu
stehen und deren Operationen zu unterstützen.
Auch die Armee verschärfte ihre Razzien in Arsals Flüchtlingslagern und
verhörte in den vergangenen Tagen Hunderte Personen. Unter ihnen war ein
syrischer Mitarbeiter der Union of Relief and Development Associations,
einer libanesischen Flüchtlingsorganisation. „Die Situation in Arsal ist
unerträglich. Wir Syrer haben große Angst vor den Soldaten“, sagt der junge
Mann, der lieber anonym bleiben will.
Doch die Angst kehrt sich zunehmend in Aggression gegen das Militär und den
gesamten Libanon. Im Internet kursieren Videos, in denen syrische
Flüchtlinge in Arsal dafür demonstrieren, dass der IS und die Nusra-Front
die Hauptstadt Beirut angreifen.
## Erfolglose Verhandlungen
Zugleich wächst der Unmut unter den Familien der Geiseln. Sie verurteilen
die bisher erfolglosen Verhandlungen der Regierung mit den Dschihadisten
und die grobe Vorgehensweise der Armee in Arsal, die ihrer Meinung nach das
Leben der verschleppten Männer gefährde. Seit Tagen blockieren sie immer
wieder Teilstrecken der Schnellstraße zwischen Beirut und Arsal und drohen
mit weiteren Straßensperren, sollte nicht bald eine Lösung gefunden werden.
Die Ereignisse um das Geiseldrama in Arsal verstärken die Spannungen im
Libanon nur noch weiter. Der libanesische Premierminister Tammam Salam bat
in seiner Rede zur 69. Generalversammlung der UNO in New York darum, dass
die internationale Gemeinschaft das Land vor den regionalen Konflikten
schützt. „Libanon beteiligt sich am Kampf gegen IS, aber unsere Rolle ist
defensiv. Wir müssen unsere Grenzen verteidigen“, sagte er dem
Nachrichtensender al-Arabiya. Saudi-Arabien hat dem libanesischen Militär
erneut 1 Milliarde Dollar zur Verfügung gestellt, um gegen die
Dschihadisten aufzurüsten, während die USA Waffen liefern.
29 Sep 2014
## AUTOREN
Juliane Metzker
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
„Islamischer Staat“ (IS)
Hisbollah
Kämpfe
IS-Miliz
Irak
Flüchtlinge
Libanon
Schwerpunkt Syrien
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