# taz.de -- Kommentar Hilfe für Syrien: Der große Zynismus | |
> Die UN kürzen ihre Hilfe für Syrien. Auch Deutschland will sparen. Syrien | |
> steht für das große Versagen der zivilisierten Welt und ihrer Werte. | |
Bild: Syrische Familien auf der Flucht. | |
Die US-Luftangriffe dürften bereits jetzt nahezu eine Milliarde Dollar | |
gekostet haben.“ So titelte die Washington Post am 29. September. Die | |
Quelle: das unabhängige „Zentrum für Bewertung von Strategie- und | |
Budgetfragen“ in Washington. | |
Dieses schätzt, die Kosten werden weitersteigen – auf monatlich 350 bis 570 | |
Millionen US-Dollar. Bislang fallen die militärischen Erfolge gegen den IS | |
noch sehr dürftig aus. | |
Zwei Wochen später geben die UN bekannt, dass sie ihre Lebensmittelhilfe | |
für Syrien um 40 Prozent kürzen werden. Denn die auf den Geberkonferenzen | |
in Kuwait 2013 und 2014 zugesagten Gelder wurden nur in Teilen bezahlt. | |
Obwohl der Winter vor der Tür steht, will auch die deutsche Regierung die | |
Hilfe für Syrien minimieren – es sind ja neue Krisenherde hinzugekommen wie | |
der Nordirak oder die Ebola-Epidemie. | |
Gleichzeitig wird im Bundestag und am Küchentisch munter weiter über die | |
neue deutsche Weltverantwortung gestritten, die die meisten im Verbund mit | |
Waffen sehen. Keine Kosten werden gescheut. Waffen sind die Investionen | |
offenbar wert. | |
Syrien steht längst nicht mehr nur für ein von Russland und Iran gestütztes | |
faschistisches Regime, das der Westen zwar nicht mag, aber stur für das | |
kleinere Übel hält. Es steht für ein Versagen der zivilisierten Welt und | |
ihrer Institutionen und Werteordnung. Die von Anfang an barbarische Idee, | |
für Stabilität in der Region und ein verbessertes Verhältnis zum Iran | |
Syrien und damit 22 Millionen Menschen einem Diktator auszuliefern, sie | |
wird sich rächen. Ja, sie rächt sich bereits. | |
Denn die Überlebenden fliehen zu Millionen – und die teils | |
hochprofessionellen Gotteskrieger sind nicht faul und fassen in dem sich | |
leerenden und komplett chaotisierten Land dauerhaft Fuß. Von Stabilität | |
kann keine Rede sein. | |
Noch zahlen vor allem die Iraker und Syrer den Preis für die | |
Dehumanisierung, doch auch dabei wird es nicht bleiben. Da man an | |
Demokratien noch immer humanitäre Ansprüche stellt, werden diese durch die | |
in Kauf genommene Verrohung mehr verletzt als Russland oder der Iran. Der | |
Extremismus hier wird zunehmen. | |
Ach ja: Auch die Hilfe für die Geflüchteten wird zusammengestrichen. Der | |
Libanon will um 20 bis 30 Prozent reduzieren, die Türkei will sie ganz | |
einstellen. In München schlafen Flüchtlinge bereits zu Hunderten im Freien, | |
und der christliche Freistaat unternimmt – genau: nichts. | |
14 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Ines Kappert | |
## TAGS | |
Vereinte Nationen | |
Geberkonferenz | |
Luftangriffe | |
Schwerpunkt Syrien | |
Flüchtlinge | |
Schwerpunkt Syrien | |
Schwerpunkt Syrien | |
Schwerpunkt Syrien | |
Irak | |
Uno | |
Schwerpunkt Syrien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Konferenz zu syrischen Flüchtlingen: „Mit dem Winter kommt der Tod“ | |
Jeder zweite Syrer ist auf der Flucht. Die Nachbarländer stoßen an ihre | |
Grenzen. Nun muss die internationale Gemeinschaft handeln. | |
Syrischer Arzt über US-Angriffe: „Wann haben Bomben je geholfen?“ | |
Der Arzt Baschar al-Tammawi wurde von Assad bedroht und stand auf der | |
Todesliste des IS. Trotzdem verurteilt er die Luftangriffe gegen die | |
Terrormilizen. | |
Jürgen Trittin über den Kampf gegen IS: „Bodentruppen nur aus der Region“ | |
Der Außenpolitiker Jürgen Trittin widerspricht seiner Fraktionschefin und | |
warnt: Bundeswehrsoldaten gegen die Terrormiliz in Syrien anzubieten, sei | |
ein falsches Signal. | |
Mangelnde Finanzierung der UNO: Hilflose Weltorganisation | |
In den aktuellen Gewaltkonflikten und Krisen scheitern die UN an ihren | |
Mitgliedsstaaten. Diese weigern sich, ausreichend Geld zur Verfügung zu | |
stellen. | |
Auf der Flucht im Irak: IS greift irakische Stadt Hit an | |
Die Zahl der Flüchtlinge im Norden Iraks steigt sprunghaft an. Allein aus | |
Hit fliehen 180.000 Menschen. Auch viele syrische Kurden verlassen die | |
Türkei wieder. | |
Internationale Diplomatie: UN-Truppen gegen IS? | |
Westliche Regierungen erklären eine Einigung mit Russland und China über | |
ein UN-Mandat für aussichtslos. Das könnte eine Fehleinschätzung sein. | |
Kurs der Anti-IS-Allianz: 20 Staaten gegen die Terrormiliz | |
Die Extremisten rücken im West-Irak weiter vor – und wohl auch wieder in | |
Kobani. Der Streit über türkische Stützpunkte droht ein Strategietreffen zu | |
belasten. |