| # taz.de -- Forschung zum Ebola-Virus: Im Tierversuchsstadium | |
| > Die medizinische Forschung zur Ebola-Bekämpfung verlief bisher | |
| > schleppend. Einzig das US-Militär suchte früh nach geeigneten Mitteln. | |
| Bild: Für Arzneimittelforscher ein Dilemma: Wer Viren (hier: Ebola-Virus) töt… | |
| Das Tückische an Viren ist: Sie sind infektiös, zäh und verändern sich. | |
| Anders als Bakterien können sie sich selbst weder vermehren noch ihr Erbgut | |
| kopieren. Hierzu befallen die Viren fremde Wirtszellen, in die sie ihre | |
| eigenen Erbinformationen einschleusen. Diese programmieren das Erbgut der | |
| Wirtszelle so um, dass die Wirtszelle viele weitere Viren produziert. | |
| Für Arzneimittelforscher ein Dilemma: Wer das Virus töten will, schädigt im | |
| Zweifel auch die körpereigene Zelle. Medikamente können höchstens die | |
| Vermehrung des Virus stoppen. Gelungen ist das für eine Handvoll | |
| Viruserkrankungen: Herpes, HIV, Hepatitis C und B, Influenza. | |
| Auch wegen dieser Erfahrung konzentriert sich im Kampf gegen Ebola die | |
| Hoffnung der Wissenschaftler auf eine Hilfe, die für Infizierte zu spät | |
| kommt, aber hunderttausende Neuerkrankungen verhindern könnte: Impfungen. | |
| Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) existieren derzeit zwei | |
| aussichtsreiche Kandidaten. | |
| Sie wurden bereits an Affen getestet und sollen nun erstmalig an Menschen | |
| erprobt werden: Der eine Impfstoff gehört der Firma GlaxoSmithKline und | |
| basiert auf Adenoviren, abgewandelten Schimpansen-Erkältungsviren, und | |
| Ebola-Eiweiß. | |
| Er wird seit zwei Wochen in den USA, Großbritannien und Mali getestet. Der | |
| andere Impfstoff besteht aus dem Vesicular-Stomatitis-Virus, das etwa bei | |
| Kühen eine Bläschenkrankheit verursacht, und einem abgeschwächten | |
| Ebola-Virus. Er wurde von Virologen der Universität Marburg entdeckt, in | |
| Kanada weiterentwickelt und nun von der Firma NewLink Genetics zur | |
| Verfügung gestellt – für eine Studie, die Anfang November in Hamburg, Genf, | |
| Kenia und Gabun starten soll. | |
| Der Chefvirologe der Universität Marburg, Stephan Becker, versichert: „Der | |
| Impfstoff kann die Krankheit nicht verursachen, er regt nur die | |
| Immunantwort an.“ Den 200 bis 300 Probanden werde der Impfstoff in | |
| verschiedenen Dosierungen gespritzt, um zu beobachten, ob und welche | |
| Nebenwirkungen er hat. | |
| Sobald letzte Details der Finanzierung geklärt seien – allein in | |
| Deutschland werden die Kosten mit 710.000 Euro aus dem Budget des | |
| Bundesgesundheitsministeriums veranschlagt –, werde mit der Rekrutierung | |
| Freiwilliger begonnen. 30 Personen werden am Hamburger Universitätsklinikum | |
| Eppendorf behandelt. In Marburg untersucht Beckers Team die Blutproben | |
| aller Teilnehmer auf Antikörper. | |
| Die zweite und dritte Phase der Studie soll Anfang 2015 in Westafrika | |
| anlaufen. Erst dort wird sich herausstellen, ob der Impfstoff wirklich | |
| schützt. Und: Studienteilnehmer dürfen nicht mit Ebola infiziert sein – was | |
| angesichts der Inkubationszeit von bis zu 21 Tagen und der schlechten | |
| Diagnostik vor Ort oft nur schwer feststellbar ist. Hier könnte ein | |
| Ebola-Schnelltest helfen, den eine Jenaer Firma mit Unterstützung des | |
| Bundesforschungsministeriums zu entwickeln versucht. | |
| Welche Hoffnung aber bleibt den Infizierten? Die WHO sagt: Die Behandlung | |
| mit Blutserum von Ebola-Überlebenden scheint der einzige mögliche Weg, | |
| Ebola zu therapieren. Erprobt ist dies nirgends. „Zudem“, warnt der Verband | |
| forschender Arzneimittelhersteller, „dürfte geeignetes Spenderserum ein | |
| knappes Gut bleiben.“ Am Paul-Ehrlich-Institut, der deutschen | |
| Zulassungsbehörde, beginnt 2015 ein dreijähriges Forschungsprojekt, mit | |
| 819.000 Euro gefördert vom Gesundheitsministerium. | |
| Die späte Ebola-Forschung – das Virus wurde 1976 entdeckt – hat Gründe: | |
| Angesichts geringer Fallzahlen bisheriger Ausbrüche rechnete sich die | |
| Investition für Pharmafirmen nicht. Öffentliche Gesundheitssysteme hielten | |
| sich auch zurück: Zu teuer, zu unsicher, zu wenig glamourös, hieß es. „Ohne | |
| den jetzigen Ausbruch hätte niemand das Geld in die Hand genommen“, | |
| schimpft Stephan Becker, der den Impfstoff schon vor rund zehn Jahren | |
| testen wollte. Das Zögern hat dazu geführt, dass elf potenzielle weitere | |
| Impf- sowie neun Arzneiwirkstoffe sich erst im Tierversuchsstadium | |
| befinden. | |
| Einzig Militärforscher suchten früh nach Mitteln: Drei potenzielle | |
| Arzneien, die in den USA in der Anfangsphase sind, wurden mit Unterstützung | |
| des US-Verteidigungsministeriums entwickelt: TKM-Ebola von Tekmira, | |
| AVI-7537 von Sarepta, ZMapp von Mapp Biopharmaceutical. Auch die | |
| chinesische Firma Sihuan Pharmaceutical, die über ein unerprobtes | |
| Medikament verfügen will, hat enge Verbindungen zum Militär. | |
| 25 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Heike Haarhoff | |
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