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# taz.de -- Volksaufstand in Burkina Faso: Kraftprobe in Ouagadougou
> Demonstranten verwüsten die Hauptstadt Ouagadougou. Präsident Compaoré
> zieht Plan zur Verfassungsänderung zurück, will aber im Amt bleiben.
Bild: Soldaten gegen Demonstranten, Donnerstag, Ouagadougou.
BERLIN taz | Nach schweren Unruhen in Burkina Faso hat Präsident Blaise
Compaoré am Donnerstag abend die Machtfrage gestellt. Er verhängte den
Ausnahmezustand, entließ die Regierung, zog das Projekt einer
Verfassungsänderung zurück und kündigte einen "Dialog" mit der Opposition
an.
Zuvor war stundenlang spekuliert worden, wo sich Compaoré eigentlich
befände und ob er überhaupt noch an der Macht sei. Die Ankündigung des
Präsidenten löste umgehend neue Proteste aus, deren Ausmaß am Abend noch
nicht abzusehen war.
Es hatte als Protest gegen eine Verfassungsänderung durch das Parlament
begonnen und es war zum Volksaufstand ausgeartet, an dessen Ende der Sturz
eines seit 27 Jahren amtierenden Staatschefs durch die eigenen Freunde im
Raum stand. Der Aufenthaltsort von Blaise Compaoré, Präsident von Burkina
Faso seit 1987, war am Donnerstagnachmittag sunbekannt. Zuvor hatten
Demonstranten zahlreiche offizielle Gebäude verwüstet, die Armee hatte sich
mit ihnen solidarisiert.
Berichten zufolge wurde Compaorés Bruder und mächtigster Berater, François
Compaoré, beim Versuch, das Land zu verlassen, am Flughafen festgenommen.
Am Nachmittag wurde stündlich eine Ansprache des Generalstabs der Armee an
das Volk erwartet.
## Parlament gestürmt
Bereits am frühen Morgen hatten sich Zehntausende Demonstranten auf den Weg
zum Parlament gemacht. Dort sollten die 127 Abgeordneten über einen
Gesetzentwurf abstimmen, der dem Präsidenten die Kandidatur zu einer
dritten Amtszeit bei den nächsten Wahlen 2015 ermöglicht hätte. Dieses
Ansinnen treibt seit Monaten Oppositionelle auf die Straße. Am Dienstag
hatte es Großdemonstrationen gegeben. Die waren mehrheitlich friedlich
geblieben. Am Donnerstag kam es anders.
Die Polizei versuchte, die Protestler mit Tränengas vom Parlament
fernzuhalten. Sie schaffte es nicht. Bis zu 1.500 Menschen drangen ins
Parlament ein, verwüsteten das Gebäude und legten Feuer. Die Regierung
sagte umgehend die Parlamentsabstimmung ab – aber nicht ihren Plan zur
Verfassungsänderung.
Das reichte nicht. Während dichte Rauchwolken über der Stadt standen und
Augenzeugen von verbreitetem Gewehrfeuer berichteten, zogen die
Protestierenden weiter: der Sitz des Staatsfernsehens wurde besetzt, die
Zentrale der Regierungspartei CDP (Kongress für Demokratie und Fortschritt)
verwüstet, die Residenzen zahlreicher wichtiger Politiker und Angehöriger
des Präsidenten gingen in Flammen auf.
Berichten zufolge gab es mindestens drei Tote. Der Flughafen wurde
geschlossen. In der zweitgrößten Stadt des Landes, Bobo-Dioulasso, brannten
öffentliche Gebäude. Lokale Offiziere erklärten, sie hätten die Macht
übernommen.
## Scharfschützen gegen Demonstranten
In Ouagadougou blieb den Menschenmengen nur der Zugang zum abgeschotteten
Präsidentenpalast mit Scharfschützen auf dem Dach verwehrt. Tausende
Demonstranten sammelten sich auf dem zentralen Platz der Revolution. Zu
ihnen stieß Armeegeneral Kwame Lougué, eine Stütze Compaorés seit 1987. Er
verkündete, die Armee stehe auf der Seite des Volkes.
Seitdem hängt der Umsturz in der Luft. Aber vorerst wagte sich niemand aus
der Deckung. Es wurde verhandelt: zwischen der Opposition, den hohen
Generälen und dem traditionellen König der Mossi, der größten Volksgruppe
des Landes. Offenbar ging es darum, im Konsens eine Lösung zu finden und
Blutvergießen zu vermeiden.
Die Verhandlungen zogen sich in die Länge. Strittig war am Abend, welcher
General neuer Interimspräsident werden könnte. Präsident Compaoré war
anscheinend nicht an den Gesprächen beteiligt. Gerüchte, er sei bereits von
Frankreich außer Landes gebracht worden, ließen sich nicht bestätigen. Es
wurde auch berichtet, er habe verlangt, sein bis 2015 laufendes Mandat zu
Ende bringen zu können.
Die abendliche Erklärung des Präsidenten war nicht mit den oppositionellen
Kräften abgesprochen. Weithin wurde darüber spekuliert, ob sie mit
Frankreich abgesprochen war, das in Burkina Faso Spezialkräfte für den
Einsatz gegen Islamisten in Mali stationiert hat und diplomatisch eng mit
Compaoré zusammenarbeitet.
Frankreich hatte im Laufe des Tages alle Seiten in Burkina Faso zur
"Zurückhaltung" aufgerufen,. es aber vermieden, sich explizit auf die Seite
der Regierung zu stellen. In einem am Abend im Internet veröffentlichten
Schreiben von Frankreichs Präsident Francois Hollande vom 7. Oktober an
seinen Amtskollegen Compaoré heißt es, Burkina Faso könne ein Vorbild für
die Region darstellen, "wenn es im Laufe der kommenden Monaten die Risiken
vermeidet, die mit einer nicht konsensuellen Verfassungsänderung
einhergehen".
30 Oct 2014
## AUTOREN
Dominic Johnson
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Burkina Faso
Ouagadougou
Blaise Compaoré
Massenproteste
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