# taz.de -- Kooperation zwischen IBM und Twitter: Fangen und verkaufen | |
> Datensammlung und -analyse ist ein großes Geschäft. Apple, Twitter, IBM – | |
> alle wollen daran verdienen und kaufen deshalb das Know-how ein. | |
Bild: Apple-Mitarbeiter bringen wertvolle Daten in Sicherheit (Symbolbild). | |
LONDON taz | Big data ist big business – unter diesem Motto scheint die | |
jüngste Partnerschaft der Internetplattform Twitter mit dem IT-Konzern IBM | |
zu stehen. Im Rahmen dieser Kooperation soll der IBM-Supercomputer Watson | |
die riesigen Datenmengen der 500 Millionen täglich weltweit verschickten | |
Tweets für Firmenkunden auswerten. | |
So sollen Trends im Markt vorausgesagt und Nutzerstimmungen in Bezug auf | |
bestimmte Marken oder Themen ermitteln werden können. 10.000 Mitarbeiter | |
will IBM zu Consultants ausbilden, die Unternehmen bei der effektiven | |
Nutzung der Twitter-Daten beraten sollen. | |
Soziale Webseiten beinhalten wertvolle Informationen über | |
Kaufentscheidungen und Interesse an bestimmten Produkten – mit anderen | |
Worten: Wer redet wann und wo über welche Produkte und welche Stimmung | |
führt schließlich zur Kaufentscheidung. Und weil sich Menschen auf Facebook | |
und Twitter gerne im besten Licht zeigen wird dort auch mit den neuesten | |
Autos, Gadgets, Handys etc. geprahlt. Firmenkunden können sich durch die | |
Auswertung solcher Daten einen Überblick über aktuelle Debatten und | |
Meinungen verschaffen. | |
Für die Hersteller dieser Produkte sind diese virtuellen Tummelplätze eine | |
Goldgrube, denn heute kämpfen Unternehmen mehr denn je mit der Frage: Wie | |
kommen wir im Zeitalter der Informations-Tsunamis an potentielle Kunden | |
heran und wie erregen wir deren Aufmerksamkeit lange und oft genug, bis sie | |
schließlich die Kreditkarte zücken? | |
## Alles in der Cloud | |
IBM beschäftigt sich deshalb schon länger mit der Frage, welche neuen Wege | |
der Traditionskonzern im „Big-Data-Business“ gehen kann. Geschäftsführer | |
Ginni Rometty will den Fokus vom IT-Unternehmen weg zum Anbieter von | |
hochwertigeren Cloud-Produkten und Datenanalysen legen. | |
„Wir erleben hier eine Angleichung von alten und neuen | |
Technologieunternehmen“, resümierte Scott Kessler, Analytiker beim | |
Finanzinformationsdienstleister S&P Capital in New York. „Das ist der | |
zweite Deal dieser Art, den IBM in den letzten Monaten angekündigt hat. Dem | |
Unternehmen ist klar geworden, dass es nicht alle Antworten hat und viele | |
andere Firmen über passende Angebote verfügen.“ | |
Bereits im Juli war IBM eine Zusammenarbeit mit Apple eingegangen. Ziel | |
dieser Kooperation ist es, gemeinsam iPads und iPhones mit speziell auf | |
Firmenkunden zugeschnittenen Anwendungen auf den Markt zu bringen. | |
## Der dritte Deal | |
Aber auch der Kurznachrichtendienst Twitter schlägt mit der Kooperation | |
eine neue Marschrichtung ein: „Unternehmen haben bislang nur an der | |
Oberfläche dessen gekratzt was möglich ist“, erklärte Twitter-Chef Dick | |
Costolo bei der offiziellen Ankündigung der IBM-Partnerschaft. Für Twitter | |
ist die Kooperation mit IBM bereits der dritte große Deal, den das | |
Unternehmen seit dem letzten Jahr abgeschlossen hat. | |
Die Firma verleibte sich im April für 134 Millionen Dollar den | |
US-Datenlieferanten Gnip ein und 2013 für 350 Millionen Dollar das mobile | |
Anzeigennetzwerk MoPub. Die auf Datenanalyse spezialisierte Firma Gnip | |
liefert Daten aus den Archiven sozialer Netzwerke wie tumblr oder | |
Instagram, die Unternehmen dann basierend auf Örtlichkeiten, öffentliche | |
biografische Informationen und die getwitterten Stimmungen filtern können. | |
Dazu passt auch die Einführung der Twitter Custom Timelines im vergangenen | |
Jahr, mit deren Hilfe Gruppen von Tweets zu bestimmten Themen oder | |
Stichworten zusammengestellt werden können. Derartige | |
Tweet-Echtzeitsammlungen lassen sich dann einfacher von Dritten | |
weiterverwerten und anderen Unternehmen zur Verfügung stellen. | |
Twitter und IBM sind mit ihren Geschäftsaktivitäten im Bereich Datenanalyse | |
nicht alleine: Auch Computerhersteller Apple will aus seinen Daten Kapital | |
schlagen und erwarb zu diesem Zweck für 200 Millionen Dollar den | |
Gnip-Konkurrenten Topsy. Bis dahin hatte Apple kaum Interesse daran | |
gezeigt, was seine Kunden in den sozialen Medien so treiben, solange sie es | |
nur mit Apple-Produkten taten. Der Technologiekonzern findet das Konzept, | |
die eigenen Produkte, Anwendungen und Dienstleistungen mithilfe sozialer | |
Daten besser auf die Endkunden zuzuschneiden inzwischen ebenso interessant | |
wie IBM. | |
7 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Frank-Heinz Diebel | |
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