# taz.de -- Reformen in Bosnien und Herzegowina: Ein Vorstoß aus Berlin | |
> Die Außenminister aus Großbritannien und Deutschland wollen Bosnien | |
> Reformen andienen, um sich der EU anzunähern. Dafür gebe es auch Geld. | |
Bild: Der Außenminister von Bosnien und Herzegowina, Zlatko Lagumdija. | |
SARAJEVO taz | „Endlich kümmert sich wieder jemand um Bosnien und | |
Herzegowina.“ So lautete die Reaktionen bosnischer Medien, nachdem die | |
Berliner Initiative bekannt geworden war. Die Außenminister des Vereinigten | |
Königreiches, Philip Hammond, und der Bundesrepublik Deutschland, | |
Frank-Walter Steinmeier, erklärten in einem am Donnerstag veröffentlichten | |
Brief, man wolle Bosnien und Herzegowina helfen, durch wirtschafltliche und | |
politische Reformen näher an die EU zu rücken. | |
Steinmeiner und Hammond fordern von der nach den Wahlen in Bosnien neu zu | |
bildenden Regierung Reformen, die Schaffung von Arbeitsplätzen, eine | |
Stärkung des Rechtsstaates sowie ein entschiedenes Vorgehen gegen | |
Korruption. „Der erste Schritt sollte deshalb sein, dass sich die | |
politischen Führer Bosniens und Herzegowinas schriftlich verpflichten, auf | |
allen Ebenen die Institutionen des Staates fit zu machen, um effektiv mit | |
der Europäischen Union zusammenarbeiten zu können.“ Ferner sollten sie sich | |
verpflichten, mit der EU eine breite Reformagenda auszuarbeiten, die das | |
Land einer EU-Mitgliedschaft näher bringt, erklärten die beiden | |
Außenminister. | |
Im Gegenzug könnte die EU finanzielle Ressourcen für die am Rande des | |
Staatsbankrotts dümpelnden Teilstaaten – die Republika Srpska und die | |
bosniakisch-kroatische Föderation – mobilisieren. Man sei sogar bereit, die | |
bisher zur Bedingung gemachte Forderung, das Sejdic-Finci Urteil des | |
Straßburger Menschenrechtsgerichtshofes von 2009 endlich umzusetzen, erst | |
einmal aufzuschieben. | |
In diesem Urteil wurden weitgehende Verfassungsänderungen gefordert, um die | |
Gleichberechtigung von Minderheiten in Bosnien und Herzegowina –wie der | |
Roma und Juden – zu gewährleisten. Vor allem kroatische und serbische | |
nationalistische Parteien blockierten bisher die nötigen | |
Verfassungsänderungen. | |
## Unterstützung aus Brüssel | |
In Brüssel stießen die Vorstellungen Steinmeiers und Hammonds auf | |
Zustimmung. Die neue außenpolitische Koorodinatorin der EU, Federica | |
Mogherinia, erklärte, sie unterstütze die Initiative aus Berlin. Was nach | |
Ansicht von Beobachtern in Sarajevo bedeutet, dass die EU auch die | |
finanzielle Seite des Vorschlags gutheißt. | |
Doch bezweifeln viele bosnische Kommentatoren, ob nur mit der finanziellen | |
„Karotte“ die bisher wenig kooperativen Politiker des Landes auf Reformkurs | |
zu bringen seien. Man brauche auch politische Druckmitttel. „Die Macht der | |
bosnischen Politiker beruht ja gerade darauf, das Land in kleine | |
Herrschaftsbereiche aufzuteilen und damit die Spaltung in ethnisch | |
definierte Kleinteile zu befördern“, erklärte der Menschenrechtler Srdjan | |
Dizdarevic kürzlich gegenüber der taz. | |
Doch andere sind da optimistischer. „Wie kann es sein, dass selbst der | |
bescheidene Markt des 3,4 Millionen Einwohner-Landes durch nationalistische | |
Politik blockiert wird“, sagt ein internationaler Banker in Sarajevo. In | |
Banja Luka könne man zum Beispiel bis heute kein Bier aus Sarajevo kaufen | |
und umgekehrt. Wer eine wirtschaftliche Besserung wolle, müsse für die | |
Abschaffung dieser Barrieren eintreten. In dieser Beziehung könne die EU | |
sehr wohl auf die Politiker des Landes Druck ausüben. | |
7 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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