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# taz.de -- Regierungskrise in Spanien: Konservative, Konfetti und Korruption
> Die spanische Gesundheitsministerin Mato muss wegen Ermittlungen
> zurücktreten. Die Affäre belastet die Regierungspartei schwer.
Bild: Mariano Rajoy. Wann wird ihm Angela Merkel das Vertrauen aussprechen?
MADRID taz | Richter Pablo Ruz an der Audiencia Nacional, dem obersten
Gerichtshof in Madrid, versteht etwas von Timing. Knapp 24 Stunden bevor
Ministerpräsident Mariano Rajoy am Donnerstag vor dem spanischen Parlament
mit einer Reihe von Maßnahmen gegen die Korruption, die „politische
Erneuerung“ einleiten wollte, legte er eine erste Anklageschrift im Fall
„Gürtel“ (Spanisch: correa) vor.
Unter den 43 der Korruption Beschuldigten befinden sich 20 Exfunktionäre
von Rajoys Volkspartei (PP). Gesundheitsministerin Ana Mato wird als
„Nutznießerin von Verbrechen“ genannt. Sie trat noch am Mittwochabend von
ihrem Amt zurück.
Der Unternehmer Francisco Correa, dessen Name dem Fall seinen Namen gab,
soll mit Hilfe zahlreicher PP-Politiker Bauaufträge und Gemeindebauland
erhalten haben. Correa und sein Netzwerk zeigten sich mit Geschenken und
Geldbeträgen bei Politikern, Unternehmern und Angehörigen erkenntlich. Über
200.000 Euro flossen so in die Kassen der PP.
Gesundheitsministerin Mato soll Zuwendungen in Höhe von 55.000 Euro bezogen
haben. Ihr Exehemann war Bürgermeister in einem Vorort Madrids. Für
Bauaufträge und Baulandvergabe soll er rund 700.000 Euro eingestrichen
haben. Mato bezog als Ehefrau teure Geschenke und wurde mit Reisen bedacht.
Das Netzwerk zahlte außerdem Kindergeburtstage sowie die Kommunion einer
der Zöglinge Matos. Auf einer dieser Partys fielen für Konfetti 4.700 Euro
an.
Mato leugnet dies bis heute. Sie habe – trotz erdrückender Beweislage –
alle Reisen und Feste selbst bezahlt. Auch vom Jaguar ihres Manns in der
Familiengarage will sie nichts gewusst haben.
## Parteiengesetz wird geändert
Die Anklageschrift vom Mittwoch ist der Anfang. Sie bezieht sich auf die
Jahre 1999 bis 2005. Der Fall „Gürtel“ ist so komplex, dass er in mehrere
Verfahren aufgeteilt wurde. Ermittelt wird gegen rund 200 Politiker,
Unternehmer und Angehörige aus dem PP-Umfeld. 24 der 43 veröffentlichten
Namen werden in weiteren Fällen vor Gericht stehen, darunter drei
Schatzmeister.
In den Akten gibt es Hinweise, die nahelegen, das selbst Ministerpräsident
Rajoy mit Umschlägen voller Schwarzgeld bedacht wurde. Die Madrider
Parteizentrale soll damit renoviert, Wahlkampagnen sollen damit finanziert
worden sein.
Die PP hat immer wieder versucht, das Verfahren zu stoppen. Richter
Baltasar Garzón, der die Ermittlungen 2009 aufnahm, wurde aus dem
Gerichtsdienst entlassen, weil er Anwälte und Beschuldigte im Gefängnis
abhören ließ, als diese Absprachen trafen, um Schwarzgeldkonten
leerzuräumen. An 21 Länder wurden 183 Amtshilfeanträge gestellt, darunter
an die Schweiz. Die PP versuchte, in den Verfahren als Geschädigte und
Nebenkläger aufzutreten. Dies wurde letztendlich nicht genehmigt. Das
Verhältnis zwischen PP und Correa sei „symbiotisch“ und nicht „parasitä…
heißt es in einem der Schriftsätze der Polizeieinheit für
Wirtschaftsverbrechen und Steuervergehen.
Rajoy kündigte vor dem Parlament jetzt die gleichen Maßnahmen wie 2013 an,
nachdem PP-Schatzmeister Luis Bárcenas inhaftiert worden war. Seine
Regierung werde das Parteispendengesetz verschärfen und das Parteiengesetz
ändern, so dass Politiker genauer überwacht werden. Rajoy sei „weder in der
Lage noch legitimiert, die Erneuerung, die Spanien braucht, anzuführen“, so
der sozialistische Oppositionsführer Pedro Sánchez. Und Pablo Iglesias,
Chef von Podemos, verlangte vorgezogene Neuwahlen, nachdem „die Korruption
ein für die Demokratie inakzeptables Maß erreicht hat“.
27 Nov 2014
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Mariano Rajoy
Konservative
Spanien
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Podemos
Schwerpunkt Korruption
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